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Rechtsbericht | Türkei | Arbeitsrecht

Türkei: Rechtliche Klarheit für grenzüberschreitende Dienstleister

Im August 2016 hat der türkische Gesetzgeber mit dem Gesetz Nr. 6735 über ausländische Arbeitskräfte (AuslAG) eine Regelungslücke geschlossen. 

Von Sherif Rohayem, Jakob Kemmer

Hinweis: Der Rechtsbericht wurde erstmals am 28. Dezember 2016 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im Februar 2022.


Damit ist der aufenthaltsrechtliche Status ausländischer Arbeitnehmer im Bereich des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs klar geregelt. Für diese praktisch wichtigen Fälle hielt das aufgehobene Vorgänger-Gesetz Nr. 4817 betreffend Arbeitserlaubnisse für Ausländer keine Regelung vor. Letzteres behandelte lediglich die Fälle, in denen Ausländer einer abhängigen Beschäftigung bei einem Arbeitgeber in der Türkei nachgehen oder dort selbständig tätig werden wollen. Ausgeklammert war aber der praktisch wichtige Fall des Dienstleistungsexports, dass beispielsweise ein Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens für einen befristeten Zeitraum in die Türkei reist, um dort vertragliche Arbeiten bei einem Kunden in der Türkei durchzuführen. 

Grenzüberschreitende Dienstleister benötigen keine Arbeitserlaubnis

Hierzu bestimmt Art. 13 Abs. 7 AuslAG dass ausländische Dienstleister, die sich innerhalb von 180 Tagen nicht länger als 90 Tage in der Türkei aufhalten, keine Arbeitserlaubnis benötigen. Überschreitet der Aufenthalt diesen Zeitraum von 90 Tagen, haben grenzüberschreitende Dienstleister noch die Möglichkeit eine Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 16 AuslAG zu beantragen. Eine Ausnahmegenehmigung erhalten unter anderem ausländische Dienstleister, die sich vorübergehend und projektbezogen zur Erfüllung eines Auftrags in der Türkei aufhalten wollen (Art. 16 Abs. 1 c) AuslAG).  

Ausländer, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union sind, erhalten ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung im Sinne des Art. 16 AuslAG. 

Worin allerdings der Unterschied zwischen einer normalen Arbeitsgenehmigung und einer Ausnahmegenehmigung besteht, ist unklar. Denkbar ist, dass es im Fall der Ausnahmegenehmigung eine vereinfachte Prüfung gibt, das heißt, dass im Gegensatz zur normalen Arbeitserlaubnis, arbeitsmarktpolitische Erwägungen nicht in die Entscheidung einfließen. Dafür mag sprechen, dass Staatsbürger aus Nordzypern ebenfalls Ausnahmegenehmigungen erhalten. Hier handelt es sich um einen Personenkreis, den der türkische Gesetzgeber offensichtlich privilegieren will. 

Befreit von der Pflicht zur Einholung einer Arbeitserlaubnis sind ebenso Vorstandsmitglieder einer türkischen Aktiengesellschaft, die keinen Wohnsitz in der Türkei halten, sowie nicht in der Türkei ansässige Gesellschafter von Gesellschaften nach dem türkischen Handelsgesetzbuch. Dieser Ausnahmetatbestand gilt nicht für Gesellschafter einer türkischen Aktiengesellschaft und was die anderen Gesellschaften betrifft, nicht, wenn es sich um einen geschäftsführenden Gesellschafter handelt (Art. 13 Abs. 7 AuslAG).  

Verfahren für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis

Im Übrigen benötigen Ausländer, vorbehaltlich einer Ausnahmeregelung, stets eine Arbeitserlaubnis, wollen sie einer Beschäftigung in der Türkei nachgehen (Art. 6 Abs. 2 AuslAG). Im Verfahren zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis sind die in Art. 4 AuslAG genannten arbeitsmarktpolitischen Erwägungen zu berücksichtigen (Art. 6 Abs. 1 AuslAG). Bei der Abwägung geht es darum, einen Ausgleich zwischen dem Schutz der einheimischen Arbeitskräfte und dem Bedürfnis nach qualifizierten ausländischen Arbeitskräften herzustellen. 

Der Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis ist bei dem Ministerium für Arbeit und Soziales oder einer türkischen Auslandsvertretung zu stellen (Art. 7 Abs. 1 AuslAG). Die Auslandsvertretungen leiten eingegangene Anträge an das türkische Ministerium für Arbeit und Soziales weiter. Bereits nach 30 Tagen soll der Antrag beschieden werden, vorausgesetzt alle Unterlagen wurden eingereicht (Art. 7 Abs. 8 AuslAG). 

Artikel 9 AuslAG listet Gründe auf, bei deren Vorliegen eine Arbeitserlaubnis verweigert wird. So legt Art. 9 Abs. 1 a) AuslAG generalklauselartig fest, dass Antragsteller keine Arbeitserlaubnis erhalten, wenn Gründe der internationalen Arbeitsmarktpolitik dies gebieten. Ebenso wenn es sich um einen Beruf handelt, dessen Ausübung ausschließlich türkischen Staatsangehörigen vorbehalten ist (Art. 9 Abs. 1 ç) AuslAG). 

Artikel 10 Absätze 6 bis 8 AuslAG regeln die Voraussetzungen zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis für Ausländer, die einer selbständigen Beschäftigung in der Türkei nachgehen wollen. 

Eine Arbeitserlaubnis und die bescheinigte Befreiung von einer Arbeitserlaubnis gelten zugleich als Aufenthaltstitel. 

Spezialregelungen für bestimmte Berufe

Ausländer, die in den Bereichen Gesundheit und Bildung arbeiten wollen, müssen vor Beantragung der eigentlichen Arbeitserlaubnis eine Gleichwertigkeitsbescheinigung einholen. Es sind jeweils das türkische Gesundheitsministerium oder das Nationale Bildungsministerium, die diese Gleichwertigkeitsbescheinigung einholen (Art. 8 AuslAG). 

Gemäß Art. 20 AuslAG erhalten ausländische Architekten und Ingenieure eine Arbeitserlaubnis für projektbezogene Aufenthalte in der Türkei. Hierzu bedarf es einer Anerkennung des Türkischen Hochschulrats.  

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