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Rechtsbericht | Tunesien | Arbeitsrecht

Anerkennung ausländischer Universitätsabschlüsse in Tunesien

Vermehrt entsenden deutsche Unternehmen Fachkräfte nach Tunesien. Um dort geschützte Berufe auszuüben, benötigen sie eine Bescheinigung über die Gleichwertigkeit ihres Abschlusses.

Von Sherif Rohayem, Jakob Kemmer

Hinweis: Der Rechtsbericht wurde erstmals am 28. Dezember 2016 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im Februar 2022.


In den Verfahren zur Anerkennung ausländischer Universitätsabschlüsse spielen in Tunesien die jeweiligen Berufskörperschaften eine entscheidende Rolle. Stets eingebunden ist das tunesische Ministerium für Hochschulwesen, Wissenschaft und Technologie (Ministère de l'Enseignement Supérieur de la Recherche Scientifique et de la Technologie). In der Sache geht es bei dem Verfahren zur Anerkennung darum, festzustellen, ob ein ausländischer Abschluss als gleichwertig mit einem vergleichbaren tunesischen Abschluss gelten kann.  

Unter welchen Voraussetzungen ein ausländischer Hochschulabschluss mit einem entsprechenden tunesischen Abschluss als gleichwertig gelten kann, bestimmt im Allgemeinen die Ministerialverordnung über die Kriterien zur Feststellung der Gleichwertigkeit von ausländischen Universitätsabschlüssen und akademischen Titeln (MinisterialVO), im Besonderen das jeweilige Berufsrecht.

Deutsche Ingenieursabschlüsse an einer Fachhochschule werden nicht immer anerkannt

Das Standesrecht für Ingenieure gibt zunächst vor, dass nur tunesische Staatsbürger eine Ingenieurstätigkeit in Tunesien ausüben dürfen - Art. 1 Präsidialverordnung Nr. 82-12 über die Gründung der Berufskammer der Ingenieure (IngenieurVO). Abweichend davon normiert Art. 2 PräsidialVO, dass Ausländer doch einer Ingenieurstätigkeit in Tunesien nachgehen dürfen. Dabei unterscheidet die Vorschrift zwei Konstellationen:

Zunächst kann die öffentliche Verwaltung für ihre Zwecke ausländische Ingenieure rekrutieren (Art. 2 Nr. 1 IngenieurVO). Gemeint sind hier vor allem öffentliche Aufträge. Was der IngenieurVO nicht unmittelbar zu entnehmen ist, ist, dass auch Ingenieure, die aufgrund eines staatlichen Auftrags in Tunesien tätig werden wollen, zuvor ihren Abschluss anerkennen lassen müssen. Zuständige Behörde für die Anerkennung ist das tunesische Ministerium für Hochschulwesen, Wissenschaft und Technologie. 

Unter welchen Voraussetzungen ein ausländischer Ingenieursabschluss gleichwertig ist, bestimmt Art. 8 der MinisterialVO. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der ausländische Ingenieur über einen Schulabschluss verfügt, der ihn in seinem Land zu einem Hochschulstudium berechtigt (für Deutsche: die allgemeine Hochschulreife). Schließlich muss der ausländische Ingenieur erfolgreich ein fünfjähriges Studium der Ingenieurswissenschaft absolviert haben. Sofern es sich um einen Ingenieursstudiengang in einer deutschen Fachhochschule handelt, wird das Wissenschaftsministerium die Gleichwertigkeit verneinen, da hier das Ingenieursstudium regelmäßig nur auf vier Jahre angelegt ist.

Die zweite Konstellation betrifft die Fälle, dass ausländische Ingenieure innerhalb des Privatsektors tätig werden wollen. Hier stellt der ausländische Ingenieur, sein Auftrag- oder Arbeitgeber einen Antrag bei dem Nationalrat der Berufskammer der tunesischen Ingenieure (Conseil de l'Ordre des Ingénieurs Tunisiens). Der Nationalrat holt sodann die Meinung des Wissenschaftsministeriums ein. Letzteres prüft, ob der Abschluss des Antragstellers gleichwertig im Sinne des Art. 8 MinisterialVO.

Heimatstaat des Antragstellers muss auch tunesische Architekten anerkennen

Das Berufsrecht tunesischer Architekten regelt das Gesetz Nr. 74-46 (ArchitektenG). Das tunesische Ministerium für Infrastruktur und Wohnungsbau (Ministère de l'Equipement) kann Ausländern erlauben, in Tunesien eine Architektentätigkeit auszuüben. Diese Erlaubnis ist befristet, widerruflich und setzt Gegenseitigkeit voraus (Art. 1 Abs. 3 ArchitektenG). An dieser Gegenseitigkeit fehlt es, wenn der Heimatstaat des Ausländers tunesische Architektenabschlüsse grundsätzlich nicht anerkennt. Der Antrag ist bei der Architektenkammer zu stellen, die diesen an das Ministerium für Infrastruktur und Wohnungsbau weiterleitet. Abermals fällt die Entscheidung unter Einbeziehung des Wissenschaftsministeriums, das die Gleichwertigkeit des ausländischen Architekturabschlusses prüft. Gleichwertig ist der Abschluss, wenn der Antragsteller in seinem Heimatstaat ein mindestens sechsjähriges Architekturstudium erfolgreich absolviert hat (Art. 10 Abs. 2 MinisterialVO).

Mehr Bürokratie für Pharmazeuten und andere medizinische Berufe

Ausländische Pharmazeuten stellen zunächst einen Antrag bei der Direktion für Beaufsichtigung medizinischer Berufe (Direction de la réglementation et contrôle des professions de la santé). Es handelt sich dabei um eine Abteilung innerhalb des tunesischen Gesundheitsministeriums. Die Direktion zur Beaufsichtigung medizinischer Berufe leitet den Antrag an das Wissenschaftsministerium weiter. Es prüft, ob der im Ausland erworbene pharmazeutische Abschluss gleichwertig ist. Das Wissenschaftsministerium bejaht die Gleichwertigkeit, wenn der Abschluss durch einen mindestens fünfjährigen pharmazeutischen Studiengang erworben wurde (Art. 11 MinisterialVO).

Bescheidet das Gesundheitsministerium den Antrag auf Anerkennung der Gleichwertigkeit positiv, muss der Antragsteller oder dessen Arbeit- oder Auftraggeber einen weiteren Antrag bei dem Nationalrat der Berufskammer der Pharmazeuten (Conseil National de l'ordre de pharmaciens de tunisie) stellen. 

Nur promovierte Ärzte dürfen in Tunesien praktizieren

Wollen ausländische Mediziner in Tunesien praktizieren, müssen sie ebenfalls einen Antrag bei der Direktion für die Beaufsichtigung medizinischer Berufe stellen. Das Prozedere verläuft dann ähnlich wie in den oben genannten Fällen ausländischer Pharmazeuten. Gemäß Art. 12 MinisterialVO muss der Antragsteller ein promovierter Arzt sein. Nachdem die Gleichwertigkeit festgestellt wurde, muss bei der tunesischen Ärztekammer beantragt werden, dass der ausländische Mediziner in Tunesien praktizieren darf. 


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