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Branche kompakt | Polen | Automobilsektor

Die Branche will umweltfreundlicher werden

Während der Absatz von Verbrennern eher schrumpft, entwickelt sich die Elektromobilität zum Wachstumsmotor. Eine mit Spannung erwartete Investition im Batteriesektor liegt auf Eis.

Von Christopher Fuß | Warschau

  • Markttrends

    Coronapandemie und Ukraine-Krieg haben Polens Fahrzeugindustrie zugesetzt. Mittlerweile läuft das Geschäft wieder besser. Davon profitieren aber nicht alle Werke.

    Auf dem Weg der Besserung

    Die trübe Stimmung in Polens Fahrzeugindustrie klart im 1. Quartal 2023 etwas auf. Die Branche bewertet die wirtschaftliche Situation negativ, jedoch nicht mehr ganz so schlecht wie Ende 2022. Parallel steigt laut Statistikbehörde GUS die Zahl der Firmen, die ihre künftigen Geschäftschancen positiv einschätzen.

    Dieses gemischte Stimmungsbild spiegelt sich in den Produktionszahlen wider. Hersteller von PKW und von Bussen mussten 2022 erneut Produktionsrückgänge verkraften. Zum Jahresauftakt gab es einen kleinen Lichtblick. Im Januar 2023 rollten mehr Fahrzeuge vom Band als im Vorjahresmonat. Die Lage auf Exportmärkten verbessert sich.

    Für die Mitarbeiter des deutschen Herstellers MAN kommt diese potenzielle Kehrtwende wohl zu spät. Im Bus-Werk Starachowice will das Unternehmen 860 Stellen streichen. Seit 2019 sei die Zahl der verkauften Busse deutlich zurückgegangen. Immerhin: rund 500 Mitarbeiter sollen beim Kabelbaum-Hersteller PKC Group unterkommen. Der indisch-stämmige Partner von MAN fertigt in Starachowice.

    Auch der Opel-Mutterkonzern Stellantis baut Stellen ab. Wegen rückläufiger Produktionszahlen entlässt das Unternehmen im Verbrenner-Motorenwerk Bielsko-Biała über 300 Personen. Damit nicht genug. Wie die Tageszeitung Rzeczpospolita schreibt, könnte die Niederlassung bis 2025 ganz schließen.

    An anderer Stelle bauen die Firmen neue Kapazitäten auf. In Gliwice plant Stellantis ein Software-Zentrum. Volvo kündigt den Bau einer IT-Entwicklung in Krakau an. Wie die Firmen berichten, sei Software entscheidend für den Betrieb von Elektroautos. Das größte Investitionsvorhaben der vergangenen Monate kommt vom deutschen Hersteller Mercedes-Benz. Das Unternehmen will in Jawor ein neues Werk für Elektro-Kastenwagen bauen. Die Kosten beziffert der Konzern auf 1,3 Milliarden Euro.

    Zulieferer mit Umsatzplus

    Während sich die Fahrzeughersteller im Umbruch befinden, schauen Zulieferer optimistisch in die Zukunft. Laut Umfragen des Branchenverbandes SDCM rechnen 62 Prozent der Teile-Produzenten im Jahr 2023 mit steigenden Umsätzen. Für 2022 melden rund 40 Prozent der Verbandsmitglieder zweistellige Umsatz-Wachstumsraten.

    Einige Zulieferer müssen aber Federn lassen. Der italienische Felgenhersteller Cromodora Wheels wollte bei Kielce ein neues Werk bauen. Das Grundstück ist schon gekauft. Im Zuge von Russlands Überfall auf die Ukraine und der unsicheren Lage am Energiemarkt hat das Unternehmen die Pläne gestoppt.

    Insgesamt hilft der Zulieferer-Branche, dass die Fahrzeughersteller größere Vorräte anlegen und folglich mehr bestellen. Die Versorgungslage mit Teilen hat sich verbessert. Produktionsausfälle kommen aber immer noch vor. Stellantis musste laut Branchenportal AutomotiveSuppliers.pl Anfang 2023 die Fahrzeugproduktion in Polen drosseln. Grund waren fehlende Chips.

    Eine große Verlagerung der Kabelbaum-Produktion aus der Ukraine nach Polen scheint vorerst auszubleiben. Laut Branchenmagazinen erhalten die Volkswagen-Fabriken in Polen ihre Kabelbäume mittlerweile auch aus Tschechien. Es gibt Indizien, dass Hersteller nach zusätzlichen Lieferanten suchen. So berichtet die PKC Group, die unter anderem Kabelbäume fertigt, von einem „wachsenden Geschäftsbedarf“. Außerdem ist der polnische Landmaschinenhersteller Pronar Ende 2022 in die Produktion von Kabelbäumen eingestiegen.

    Beim Elektroantrieb ist noch Luft nach oben

    E-Mobility bleibt ein Nischenmarkt – mit beeindruckenden Wachstumszahlen. Rein elektrisch betriebene PKW und Plug-in Hybridfahrzeuge bauten ihren Anteil an allen Neuzulassungen 2022 um 1,4 Prozentpunkte aus auf insgesamt 5,6 Prozent. Die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladesäulen wächst langsamer als der Elektro-Fahrzeugmarkt. Laut Branchenverbänden gibt es vor allem abseits der Ballungsräume und entlang der Autobahnen Nachholbedarf. Das Branchenportal WysokieNapiecie.pl rechnet vor, dass Polens E-Mobility-Sektor rund sieben Jahre hinter dem deutschen Markt ist.

    Prämien des staatlichen Umweltfonds NFOŚiGW helfen bei der Aufholjagd. Privatkunden und Firmen können die Zuschüsse für Elektroautos in Anspruch nehmen. Auch Leasingverträge sind förderfähig. Gleichzeitig unterstützt der Umweltfonds den Bau von Ladesäulen. Im Februar 2023 endete die zweite Ausschreibungsrunde eines Förderprogramms.

    Neue Wachstumsimpulse für den E-Mobility-Markt könnten von den Städten ausgehen. Gemeindeverwaltungen sind verpflichtet, bis zum Jahr 2025 weitere Teile ihr Dienstfahrzeugflotte auf Elektromodelle umzustellen. Ähnliche Vorgaben gibt es auch für Busse.

    Großstädte wollen Umweltzonen einführen. Alte Diesel- und Benzinfahrzeuge dürfen ab Juli 2024 nicht mehr in Krakau fahren. Für bestimmte Fahrzeuge gibt es Ausnahmen. Warschau denkt ebenfalls über Umweltzonen nach. Bis zum Sommer 2023 läuft eine öffentliche Beratung. Die Altersgrenzen für zugelassene Fahrzeuge sollen Schritt für Schritt steigen. Ab 2032 wären laut Zeitungsberichten rund 27 Prozent des heutigen Fuhrparks von einem Fahrverbot betroffen. Wenig überraschend ist die Debatte um die Umweltzonen sehr aufgeladen.

    Fahrzeugbauer wollen mehr grüne Energie

    Hitzig verlaufen auch die Diskussionen rund um den Bau von Windkraftanlagen. Die Abstandsregelungen seien zu streng - sagen Automobilunternehmen, die mit grünem Strom produzieren wollen. Erneuerbare Energien haben bislang nur einen geringen Anteil am polnischen Strommix. Windkraft soll das ändern. Nachdem Polens Regierungskoalition eine Reform der Abstandsflächen wieder abgeschwächt hatte, meldete sich der deutsche Automobilbauer Mercedes-Benz zu Wort.

    Das Unternehmen warnt gemeinsam mit anderen Firmen und Branchenverbänden in einem offenen Brief: „Ohne grüne Energie läuft die polnische Wirtschaft Gefahr, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Marktattraktivität zu verlieren“. Die Leiterin der Unternehmenskommunikation von Mercedes-Benz Manufacturing Poland, Dr. Ewa Łabno-Falęcka, fügte auf einer Konferenz hinzu: "Ein ausländischer Investor fragt heute zuerst, ob grüne Energie verfügbar sein wird".

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • E-Mobility

    Die Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen steigen weiter – auch dank staatlicher Fördergelder. Die Ladesäuleninfrastruktur stößt an technische Grenzen.

    In Nischenmärkten läuft es besonders gut

    Die E-Mobilität hat in Polen 2022 einen deutlichen Satz nach vorne gemacht. Das geht aus Statistiken des Branchenverbandes PZPM hervor. Die Anzahl aller zugelassenen rein elektrisch betriebenen PKW (Battery electric vehicle; BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) schoss im Jahresvergleich um über 60 Prozent auf 61.570 Fahrzeuge in die Höhe. Im gesamten PKW-Segment spielen BEV und PHEV aber nur eine Nebenrolle. Ihr Anteil an allen in Polen angemeldeten Fahrzeugen liegt bei unter 1 Prozent. Der gesamte Fuhrpark der BEV und PHEV entspricht nicht mal einem Sechstel aller in Deutschland im Jahr 2022 neu zugelassenen BEV.

    Ähnlich ist die Situation bei Lieferfahrzeugen und LKW mit Hybridantrieb oder rein elektrischem Antrieb. Ihr Anteil am Gesamtmarkt fällt verschwindend gering aus. Gleichzeitig hat sich der Absatz 2022 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt.

    Schlechter lief es für die Hersteller von Elektrobussen. Die Zahl der jährlichen Neuanmeldungen ging um 22 Prozent zurück. Mitverantwortlich für die Absatzflaute sind fehlende EU-Gelder und ausbleibende Förderprogramme. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer. Im Januar 2023 legten die Anmeldungen deutlich zu.

    Baufahrzeuge mit reinem Elektroantrieb oder Hybridantrieb sieht man in Polen selten. Der Zementhersteller Lafarge Polska, die zu Heidelberg Materials gehörende Grupa Górażdże und das Bauunternehmen Budimex setzen erste Maschinen ein. Der Kupfer- und Silberkonzern KGHM arbeitet an einem eigenen elektrischen Transportfahrzeug unter dem Namen Zanper 2.0.

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    Unternehmen fragen häufiger nach Elektrofahrzeugen

    Die Aussichten für die E-Mobilität im Jahr 2023 bewertet der Branchenverband PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego) positiv. Geschäftsführer Jakub Farys prognostiziert: „Es ist zu erwarten, dass wir einen weiteren Anstieg der Zulassungen von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb erleben werden.“ Der Verband PSPA (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych) schätzt, dass 2023 der Anteil von BEV und PHEV an allen jährlichen Erstanmeldungen von 5,6 Prozent auf 7 Prozent steigen wird. Firmenkunden treiben laut Branchenexperten die Nachfrage. Unternehmen seien daran interessiert, umweltbewusst aufzutreten. 

    Der Staat unterstützt den Markt mit Prämien. Das Förderprogramm „Mein Elektrischer“ verspricht Unternehmen und Privatpersonen Zuschüsse zwischen 4.000 und 6.000 Euro für den Kauf eines BEV. Betriebe, die elektrische Kleintransporter anschaffen, können sogar bis zu 15.600 Euro beantragen. Der hohe Förderbetrag könnte ein Grund sein, warum der Absatz von elektrischen Transportfahrzeugen zunimmt.

    Der zuständige nationale Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej) hat laut Branchenportal WysokieNapiecie.pl zwischen Herbst 2021 und Herbst 2022 mehr als 8.000 Förderanträge erhalten. Das entspricht rund zwei Drittel aller im gleichen Zeitraum neu angemeldeten BEV in Polen. Besonders beliebt sind Zuschüsse zu Leasingverträgen. Experten sehen aber noch Luft nach oben

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    Verbesserungspotenzial trotz guter Perspektiven

    Der Branchenverband PSPA und die Bank PKO Leasing sagen, die Antragsformulare seien zu kompliziert. Beide setzen sich dafür ein, die Verfahren zu beschleunigen. PSPA sieht noch an einer anderen Stelle Handlungsbedarf. Fahrzeuge dürfen umgerechnet maximal 47.800 Euro kosten. Zu wenig, sagt der Verband: „Wegen der hohen Inflation fallen immer weniger BEV unter die festgelegte Grenze“, so Geschäftsführer Maciej Mazur gegenüber der Webseite Gramwzielone.pl. Der NFOŚiGW lehnt höhere Schwellenwerte bislang ab.

    Das Programm „Mein Elektrischer“ bietet keine Fördergelder für PHEV oder für Ladesäulen. Schwere Transportfahrzeuge oder LKW fallen ebenfalls aus dem Programm. Branchenverbände fordern Nachbesserung. Polens Klimaministerium teilte mit, man prüfe LKW-Fördermöglichkeiten. Eine Entscheidung stehe noch offen.

    Viele Anbieter, beschränkte Netzkapazitäten

    Gut für Halter von E-Fahrzeugen – die Ladeinfrastruktur wächst. Ende 2022 gab es rund ein Drittel mehr öffentlich zugängliche Ladesäulen als noch zu Jahresbeginn. Schlecht für alle, die es eilig haben: Schnellladesäulen mit Gleichstrom hängen den Ausbauzahlen der langsameren Wechselstrom-Ladesäulen deutlich hinterher.

    Polen baut die Ladeinfrastruktur mit Geldern aus dem Europäischen Modernisierungsfonds aus. Bis Ende Februar 2023 konnten Betreiber Fördermittel in Höhe von insgesamt 50 Millionen Euro beantragen. Die Unternehmen waren, wie schon bei den vorherigen Antragsrunden, besonders an Zuschüssen für Ladesäulen mit mehr als 150 Kilowatt Leistung interessiert. Wann die nächste Ausschreibungsrunde startet, ist nicht bekannt.

    Bereits heute gibt es eine Vielzahl von Ladesäulenbetreibern - und es kommen neue dazu. Polens größter privater Energiekonzern Polenergia besitzt mittlerweile Ladestationen in Katowice und Warschau. Bis Ende 2023 sollen weitere Standorte in Krakau, Wrocław und Poznań ans Netz gehen. Der Baukonzern Budimex will Ladesäulen gemeinsam mit dem Betreiber Elocity anschließen. Platzhirsche wie Ekoenergetyka, Orlen oder Greenway müssen sich auf mehr Konkurrenz einstellen.

    Deutsche Lieferanten sind beim Ausbau mit aktiv. Die Schnellladesäulen des polnischen Infrastrukturbetreibers NOXO stammen beispielsweise aus dem Hause Siemens. Der deutsche Technologiekonzern hat auch die Finanzierung des Kaufs übernommen.

    Ein Bremsfaktor beim Ausbau der Ladeinfrastruktur ist das Stromnetz. Es ist nicht auf die Mehrbelastung durch neue Ladesäulen ausgelegt. Stromversorger müssen die Leitungen erneuern. Als Folge warten Betreiber von Ladesäulen bis zu fünf Jahre auf einen Anschluss. Projekte entlang der Autobahnen können besonders viel Zeit in Anspruch nehmen, berichtet Polenergia. Außerdem gibt es eine starke regionale Konzentration. In der Hauptstadt Warschau gibt es beispielsweise mehr Ladesäulen als in manchen Woiwodschaften.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Marktchancen Kfz-Absatzmarkt

    Die Automobilindustrie darf sich Anfang 2023 über positive Marktsignale freuen. Einige Fahrzeugsparten stehen aber vor einem schwierigen Jahr.

    Erste Signale stimmen positiv

    Zum Jahresauftakt meldet der Branchenverband PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego) steigende Zahlen. Zwischen Januar und Februar 2023 lagen die Erstanmeldungen von PKW und Kleintransportern um 15,6 Prozent über dem Vorjahreswert. Die LKW-Zulassungen stiegen im selben Zeitraum um 13,5 Prozent. Analysten passen angesichts der Zahlen ihre Prognosen an. Ende 2022 rechnete das Marktforschungsinstitut SAMAR damit, dass der Fahrzeugabsatz in Polen im Jahr 2023 schrumpfen würde. Mittlerweile geht das Büro von einem Miniwachstum aus.

    Wie die Tageszeitung Gazeta Wyborcza berichtet, sinken die Wartezeiten bei Neubestellungen. Hersteller würden zwischen drei Monaten und sechs Monaten benötigen, um ein Modell zu liefern. Fristen von über einem Jahr kämen nur noch selten vor. Ausnahmen gelten für Elektro- und Hybridautos, vor allem wegen der großen Nachfrage in Westeuropa. Hersteller begründen die insgesamt bessere Versorgungslage damit, dass die Lieferketten stabiler seien als kurz nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022.

    Neuzulassungen von Kfz in Polen (Stückzahl in Tausend, Veränderung in Prozent)

    Kategorie

    2021

    2022

    Veränderung 2021/22

    Pkw

    446,6

    419,7

    -6

    Leichte Nutzfahrzeuge (bis 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht)

    73,9

    62,2

    -15,8

    Nutzfahrzeuge (über 3,5 t Gesamtgewicht)

    32,7

    34,9

    6,8

    Busse

    1,4

    1,2

    -14,7

    Motorräder

    21,6

    23,9

    10,8

    Mopeds

    12,7

    11,4

    -10,2

    Quelle: Branchenverband PZPM 2022

    Große Autos besonders beliebt

    Fehlende Teile und Produktionsausfälle sorgten neben einer schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage für ein durchwachsenes Jahr 2022 in Polens Automobilindustrie. Die Zahl der neu angemeldeten PKW ging um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Hersteller von Fahrzeugen für den Massenmarkt haben Abstriche machen müssen.

    Volkswagen verzeichnete ein Minus von 10 Prozent. Bei Skoda lagen die Neuanmeldungen um 7 Prozent unter dem Vorjahreswert. Besonders stark litt das Geschäft mit Kleinwagen. Schlechte Zahlen gab es nicht nur im PKW-Segment. Auch der Absatz von Kastenwagen, LKW und Bussen schrumpfte. Limousinen und SUV gehören hingegen zu den wenigen PKW-Modellen, die gut liefen.

    Überhaupt konnte sich das Premium-Segment 2022 behaupten. Die Hersteller verzeichneten ein ordentliches Plus. Neuanmeldungen stiegen um 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Wachstum geht auf die wachsende Nachfrage unter Privatkunden zurück. Zahlenmäßig bleiben gewerbliche und institutionelle Abnehmer aber die größte Käufergruppe. Die beliebtesten Premium Marken sind BMW, Mercedes und Audi. Der Geschäftsführer des Automobilverbandes PZPM Jakub Farys erklärt in einer Mitteilung: „Das Premium-Segment reagiert traditionell am wenigsten auf wirtschaftliche Abschwünge.“

    Pkw-Neuzulassungen nach Herstellern in Polen (Stückzahl in Tausend; Marktanteil und Veränderung in Prozent)

    Hersteller

    Neuzulassungen

    Veränderung 2022/21

    Marktanteil 2022

    Toyota

    73,9

    -1

    17,6

    Skoda

    42,1

    -7

    10

    KIA

    33,7

    4

    8

    Volkswagen

    30,8

    -10

    7,3

    Hyundai

    26,9

     0

    6,4

    BMW

    23,8

    -1

    5,6

    Dacia

    20,7

    4

    4,9

    Quelle: Branchenverband PZPM 2022


    Grüner Nahverkehr ist auf Förderung angewiesen

    Hersteller von Bussen sind hingegen deutlich konjunkturabhängiger. Die Perspektiven für 2023 fallen durchwachsen aus. Warschau will zwölf Elektrobusse kaufen. Städte wie Rybnik und Poznań haben Wasserstoffbusse bestellt. Die Kommunen sind an gesetzliche Vorschriften gebunden. Bis 2025 müssen Gemeinden ab 50.000 Einwohner mindestens 20 Prozent ihrer Busflotte auf emissionsfreie oder mit Biomethan betriebene Fahrzeuge umrüsten.

    Die Vorgaben stellen Regionen vor Herausforderungen. Laut polnischem Klimaministerium erfüllten 2022 nur 38 Prozent aller betroffenen Gemeinden die entsprechenden Zwischenziele. Das Problem: Elektrobusse und Wasserstoffbusse sind teuer. Hinzu kommen die gestiegenen Stromkosten. Vereinzelt berichten Gemeinden, der Betrieb von Dieselbussen sei derzeit günstiger als der Betrieb von Elektrobussen. Bürgermeister großer polnischer Städte betonen, dass der Umbau des öffentlichen Personennahverkehrs ohne finanzielle Unterstützung nicht gelingen wird.

    Abhilfe versprechen staatliche und europäische Förderprogramme. Polen kann 7,4 Milliarden Euro für Mobilitätsprojekte aus dem Wiederaufbaufonds der EU erhalten. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land, unter anderem 1.738 emissionsarme oder emissionsfreie Busse einzukaufen. Die Europäische Kommission hält die Gelder jedoch zurück und verlangt Reformen in Polens Justizwesen. Ein entsprechendes Gesetzesprojekt verwies Staatspräsident Andrzej Duda an das staatliche Verfassungsgericht.

    Transportbranche zögerlich bei Investitionen

    Gemischte Aussichten gibt es auch im LKW-Segment. Eigentlich boomt Polens Logistiksektor. Die Industrie- und Lagerfläche ist 2022 um über 15 Prozent gewachsen - auf 28 Millionen Quadratmeter. Weitere 3,4 Millionen Quadratmeter befinden sich im Bau. Neue Logistikzentren kurbeln normalerweise die Nachfrage nach Transportdienstleistungen an – und indirekt die Nachfrage nach LKW. Logistikverbände berichten allerdings, hohe Kraftstoffkosten und neue rechtliche Vorgaben würden der Branche zusetzen.

    Die Unternehmensberatung PSC Consulting weist auf den Fachkräftemangel hin. Schätzungen zufolge fehlen zwischen 100.000 und 200.000 LKW-Fahrer in Polen. Transportfirmen zahlen höhere Löhne, um Mitarbeiter zu halten. Firmen können die Mehrausgaben nicht immer an Kunden weitergeben. Das Geld fehlt dann für Investitionen. Befragungen des Leasingunternehmens EFL ergaben, dass nur 1 Prozent aller untersuchten Spediteure die Investitionen 2023 gegenüber dem Vorjahr erhöhen wollen.

    Fahrzeuge auf Polens Straßen werden immer älter

    Eine Herausforderung ist, dass die Reallöhne in Polen wegen der hohen Inflation sinken. Die Preissteigerungen machen auch vor der Fahrzeugindustrie nicht Halt. Laut Marktforschung SAMAR kosteten Neufahrzeuge 2022 knapp 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Polens Zentralbank hat den Leitzins erhöht, um die Inflation einzudämmen. Dadurch verteuern sich laufende Kredite. Privathaushalte sparen – und verschieben den Kauf eines neuen Fahrzeugs. In der Folge ist das Durchschnittsalter von PKW in Polen zwischen 2021 und 2022 von 13,4 Jahren auf 14,2 Jahren gestiegen.

    Alternativ weichen Kunden auf den Gebrauchtmarkt aus. Die höhere Nachfrage treibt den Preis. Käufer greifen zu älteren Fahrzeugen, um im Budget zu bleiben. Das zeigen die Importzahlen. Über 62 Prozent aller 2022 nach Polen eingeführten Gebrauchtfahrzeuge waren älter als zehn Jahre. Der Import-Gebrauchtmarkt hat ein bemerkenswertes Volumen. Auf jeden neu gekauften PKW kommen anderthalb importierte Gebrauchtwagen.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion

    Hersteller von Elektroautos und Komponenten investieren Milliardenbeträge. Wasserstoff gewinnt vor allem unter Busherstellern an Bedeutung.

    Fahrzeugproduktion unter Strom

    Die Dekarbonisierung der Automobilindustrie bringt Investitionen nach Polen. Mercedes-Benz will ein 1,3 Milliarden Euro teures Werk für Elektro-Kastenwagen in der Stadt Jawor bauen. Es wäre die weltweit erste Fabrik des Konzerns, die ausschließlich Elektrofahrzeuge herstellt. Noch fehlt eine Förderzusage der polnischen Regierung. Bereits heute produziert Mercedes-Benz in Polen Verbrennungsmotoren und Elektromotoren.

    Weitere Unternehmen stellen ihre Produktion auf Elektromobilität um. Stellantis, der Eigentümer von unter anderem Opel, Fiat und Jeep, investiert im Werk in Tychy. Seit Anfang 2023 laufen hier Elektro-SUV vom Band. Laut Konzernangaben handelt es sich um das erste serienmäßig gefertigte Elektroauto in Polen. Der Umbau der Produktionslinien soll nach Angaben von Branchenportalen bis zu 2 Milliarden Euro gekostet haben.

    Fahrzeugplattform für Polens Elektroauto steht fest

    Ein heimischer Mitbewerber könnte den ausländischen Herstellern bald Gesellschaft leisten. Polens Regierung träumt von einem eigenen Elektroauto unter dem Markennamen Izera. Die staatliche Firma ElectroMobility Poland übernimmt den Bau des Kompakt-SUV. Das Unternehmen erhielt bis Ende 2022 über 100 Millionen Euro. Die Standortentscheidung für die Fabrik fiel auf die Stadt Jaworzno. Vorbereitende Arbeiten auf dem Grundstück laufen. Die Konzeption des Werkes hat das deutsche Unternehmen Dürr Systems übernommen.

    Izera wird voraussichtlich auf der Technik des chinesischen Herstellers und Volvo-Eigentümers Geely basieren. Laut ElectroMobility Poland holen die Partner erste Angebote von Zulieferern ein. Das Ziel: Izera soll ab 2025 in die Serienproduktion gehen. Die wohl schwierigste Aufgabe liegt aber noch vor ElectroMobility Poland. Das Unternehmen muss Investoren finden. Beobachter schätzen allein die Fahrzeuglizenz von Geely auf bis zu 400 Millionen Euro. Das Werk könnte 1,3 Milliarden Euro kosten.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Polen (in Millionen Euro; Veränderung in Prozent)

    2020

    Veränderung 2020/19

    aus Deutschland

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    954

    24

    221,7

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    7.774

    18

    3.380

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    491,6

    17

    121,3

    SITC 713.2 Motoren

    992,8

    21

    715,2

    Summe

    10.143

    19

    4.438

    Quelle: Eurostat 2022


    Neue Bushersteller wirbeln den Markt auf

    Im Bus-Segment ist der Elektroantrieb mittlerweile etabliert. Ende 2022 waren in Polens Städten und Gemeinden 821 batteriebetriebene Busse unterwegs. Das sind, gemessen an der Einwohnerzahl, mehr Fahrzeuge als in Deutschland. Ende Februar 2023 orderte die Ostsee-Stadt Świnoujście vier Elektrobusse von der staatlichen ARP E-Vehicles. Chinesische Anbieter werben ebenfalls um Aufträge. Der Hersteller Yutong konnte Fahrzeuge an die Stadt Bielsk Podlaski verkaufen.

    Nicht ausgemacht ist, ob die Zukunft allein dem batterieelektrischen Antrieb gehört. Anbieter von Wasserstoffbussen präsentieren neue Modelle. Der polnische Energie-Konzerns ZEPAK bringt mit dem NesoBus eine neue Plattform auf den Markt. Eine geplante Fabrik des Unternehmens im ostpolnischen Świdnik soll ab 2024 bis zu 100 Wasserstoffbusse jährlich produzieren. Polens staatlicher Umweltfonds NOFŚiGW unterstützt das Projekt mit 8 Millionen Euro. Auch Konkurrent Autosan aus Sanok will sich stärker auf die Produktion von Wasserstoffbussen konzentrieren.

    Bestellungen sind schon da. Die Stadt Rybnik hat 20 Wasserstofffahrzeuge von NesoBus in Auftrag gegeben. Wasserstofftankstellen entstehen in mehreren Städten, beispielsweise im Großraum Katowice. Poznań setzt derweil auf Wasserstoffbusse vom Hersteller Solaris. Der Platzhirsch im polnischen Bus-Markt soll 25 Fahrzeuge für die westpolnische Großstadt produzieren.

    Dies ist ein wichtiger Auftrag für Solaris. Fehlende Teile und steigende Produktionskosten drückten den Hersteller 2022 ins Minus. Der spanische Eigentümer CAF zeigt sich aber zuversichtlich, dass im Jahr 2023 vieles besser laufen wird. Ein Grund: in den Auftragsbüchern von Solaris stehen Projekte im Wert von einer Milliarde Euro, viele davon aus dem Ausland.

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    Batterien aus Polen treiben Fahrzeuge in ganz Europa an

    Auch die Zulieferindustrie erwirtschaftet einen guten Teil ihrer Umsätze im Export. Bemerkenswert ist das Wachstum der Batterieausfuhren. Dank Investitionen aus Asien ist Polen in diesem Warensegment zu einem der europaweit größten Exporteure aufgestiegen. Der Wert der Batterieausfuhren legte zwischen 2017 und 2021 um das Siebenfache zu.

    Dank Investitionen im Batteriemarkt entstehen lokale Lieferketten. Das polnische Werk des südkoreanischen Herstellers SK Nexilis wird ab 2024 Kupferfolie im Wert von bis zu 1 Milliarde Euro an den schwedischen Batteriehersteller Northvolt liefern. Polen ist einer der größten Kupfer-Förderer Europas. Northvolt, an dem auch Volkswagen beteiligt ist, baut wiederum im Umfeld der Hafenstadt Gdańsk einen Batterie-Produktionsstandort auf.

    Der belgische Batterie-Zulieferer Umicore hat im polnischen Nysa ein Werk hochgezogen. Hier entstehen Komponenten für Lithium-Ionen-Zellen. Die Niederlassung könnte einer der Gründe dafür sein, warum Polen als Kandidat für eine neue Batteriefabrik der Firma PowerCo gehandelt wird. PowerCo ist ein Joint Venture von Volkswagen und Umicore. Die Partner wollten laut Zeitungsberichten 2023 einen Standort verkünden. Wie die Financial Times berichtet, ist die Milliardeninvestition aber vorerst gestoppt. Volkswagen warte ab, wie die EU auf den Inflation Reduction Act der USA reagiert. 

    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Polen

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. Euro)

    Projektstand

    Anmerkungen

    Bau einer Fabrik für Elektro-Kastenwagen

    1.300

    Planungsstadium

    Mercedes-Benz Manufacturing Poland

    Bau einer Fabrik für das polnische Elektroauto Izera

    1.300

    Frühstadium

    ElectroMobility Poland SA

    Bau einer Fabrik für Kupferfolien

    600

    Projektdurchführung

    SK Nexilis

    Fabrik für Energiespeichersysteme

    180

    Projektdurchführung

    Northvolt

    Ausbau der Lkw-Fabrik

    100

    Projektdurchführung 

    MAN Trucks 

    Bau eines Recyclingwerkes für Elektrobatterien

    80

    Projektdurchführung

    Elemental Strategic Metals

    Bau einer Fabrik für Lithiumsalz

    50

    Planungsstadium

    Enchem

    Bau einer Fabrik für Elektrolyt

    50

    Projektdurchführung

    Capchem

    Bau einer Fabrik für Leitmittel für Batterien

    32

    Planungsstadium

    ANP Enertech

    Bau einer Fabrik für Wasserstoff-Busse

    -

    Planungsstadium

    NesoBus

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Polens Zulieferer bauen Kapazitäten aus

    Beim polnischen Batteriehersteller Impact CPT ist die Investitionsentscheidung bereits gefallen. Das Unternehmen erweitert 2023 seine Produktionsanlagen. Der Ausstoß von Batterien soll sich verdoppeln. Zu den Kunden gehört der Bushersteller Solaris.

    Der Recycling-Betrieb Elemental Strategic Metals wiederum baut in Zawiercie eine Anlage. Hier will die Firma an Technologien forschen, um Rohstoffe aus Batterien wiederzugewinnen. Das Projekt erhält europäische Fördergelder.

    Nicht nur Hersteller von Batterietechnik investieren. Automobilzulieferer Boryszew errichtet im Werk in Toruń neue Produktionslinien. Hier will das Unternehmen Klimaschläuche für Elektroautos bauen. Der Hersteller von Sattel-Aufliegern Wielton kündigt Ausgaben für Automatisierung in Höhe von rund 40 Millionen Euro an.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Rahmenbedingungen

    Polens Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) vereinfacht den Warenaustausch deutlich.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der EU sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Christopher Fuß | Warschau

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