Special Türkei
Türkei treibt Ausbau der Infrastruktur und Privatisierung voran
Die hohen geopolitischen Risiken, der radikale Umbau des türkischen Staates zu einem autoritären Präsidialsystem und die anhaltenden Spannungen mit der Europäischen Union und den USA beeinträchtigen das Investitionsklima im Land. Die Annäherung Ankaras an Länder, wie Russland und Iran, auf der Suche nach einer neuen politischen Orientierung mit gleichzeitiger Distanzierung von westlichen Partnern löst bei Investoren eine gewisse Skepsis aus.
Das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit ist nicht zuletzt wegen der Zwangsverstaatlichung von etwa 1.000 Unternehmen seit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 erschüttert. Da das Land für die Realisierung seiner ehrgeizigen Entwicklungsziele und Investitionen in hohem Maße auf internationale Finanzierungen angewiesen bleibt, könnte sich das inzwischen problematische Verhältnis zu mehreren westlichen Ländern ungünstig auf die zukünftige Projekttätigkeit auswirken.
Unbestritten bleibt das große wirtschaftliche Potenzial der Türkei. Das Land ist mit rund 80 Millionen Einwohnern ein bedeutender Markt, auch wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in US-Dollar (US$) wegen des Währungsverfalls in den letzten Jahren stagnierte. Die türkische Regierung erwartet bis 2020 ein reales BIP-Wachstum von jährlich 5,5 Prozent. Mehr Informationen zum Wirtschaftsklima finden Sie auf unserer "Länderseite Türkei".
Aufgrund ihrer geografischen Lage ist die Türkei auch als Produktionsbasis für die angrenzenden Regionen Zentralasien, Nahost und Südosteuropa interessant. Die Löhne sind im Vergleich zu westlichen Industrieländern deutlich niedriger.
Deutsche Unternehmen zeigten sich in einer internen Umfrage der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) im September 2017 eher zuversichtlich, was ihre Geschäftsentwicklung in der Türkei anbelangt. Knapp 57 der 88 befragten Unternehmen sagten, dass sie ihre Investitionen in den nächsten zwölf Monaten erhöhen oder auf gleichem Niveau halten wollten.
Informationen zu den Standortvor- und -nachteilen bietet die "SWOT-Analyse Türkei".
Entwicklung wichtiger Eckdaten in der Türkei (pro Monat)
Indikator | 2015 | 2016 | 2017 |
Bruttolohn für einen Geschäftsführer (in Euro) *) | 14.347 | 14.119 | k.A. |
Miete jeweils für Büroraum im Hauptgeschäftsviertel (Central Business District) der Wirtschaftsmetropole Istanbul (in US$ pro qm) |
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| 32,1 | 28,1 | 25,9 |
| 16,0 | 15,0 | 14,0 |
*) "Lohn- und Lohnnebenkosten in der Türkei"
Quellen: Immobilienberatungsgesellschaft Propin (Büromieten auf der Grundlage der Erhebungen jeweils im 2. Quartal eines Jahres); Personalberatungsfirma Poyraz Danismanlik (Lohnkostenerhebungen)
Umfangreiche Verbesserungen und Erweiterungen der Infrastruktur durch die öffentliche Hand schaffen gute Bedingungen für Projekte. Auch die fortgesetzte Privatisierung in Bereichen wie dem Fernstraßennetz und der Energieversorgung dürfte Investitionen in den kommenden Jahren pushen.
Die ausländischen Direktinvestitionen gingen in den ersten sieben Monaten 2017 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,7 Prozent auf 5,7 Milliarden US$ zurück. In diesem Betrag sind auch ausländische Immobilieninvestitionen von 2,8 Milliarden US$ enthalten, die um 31 Prozent zulegten. Nach dem Immobiliensektor flossen die meisten ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in Finanzdienstleistungen und in die Versorgungswirtschaft. Etwa 78 Prozent der gesamten FDI kamen aus der EU.
Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen in die Türkei
Indikator | 2014 | 2015 | 2016 |
Kumulierter Bestand (in Mio. US$) | 177.661 | 145.471 | 132.882 |
Nettotransfers (in Mio. US$) | 12.134 | 16.508 | 11.987 |
Quelle: Deutsche Bundesbank (Bestandserhebung über Direktinvestitionen)
Deutsche Direktinvestitionen in der Türkei
Indikator | 2014 | 2015 | 2016 |
Kumulierter Bestand (in Mio. Euro) | 9.545 | 9.238 | k.A. |
Nettotransfers (in Mio. Euro) | 575 | 978 | 640 |
Quelle: Deutsche Bundesbank (Bestandserhebung über Direktinvestitionen)
Größte deutsche Investoren nach Umsatzhöhe (Stand: 2016)
Unternehmen | Branche | Umsatz (in Mio. US$) |
Enerjisa *) | Energie | 3.920 |
Mercedes-Benz Türk | Kfz | 3.286 |
BSH Ev Aletleri | Elektrotechnik | 1.540 |
Bosch Sanayi ve Ticaret A.S. | Kfz-Teile | 1.302 |
BASF Türk Kimya | Chemie | 741 |
*) Joint Venture zwischen Energieunternehmen E.ON und türkischer Sabanci-Gruppe
Quelle: Wirtschaftsmagazin „Capital“, Nr. 8/2017
Text: Necip C. Bagoglu