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Nachhaltige Investitionen werden wichtiger
Zwei regionale Entwicklungsbanken beleuchten in Studien zukunftsträchtige Investitionsmöglichkeiten in eine nachhaltige und sichere Infrastruktur.
28.10.2020
Von Martin Walter
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Bonn
Regionale Entwicklungsbanken verfügen über viel lokales Wissen zu Entwicklungspotentialen und -hindernissen von Staaten und Regionen. Dieses Wissen übersetzen sie häufig in technische Studien und Politikempfehlungen. Unternehmen können daraus wichtige Information über zukünftige Geschäftsmöglichkeiten ziehen und ihre Güter und Dienstleistungen bei Investitionsprojekten zielgerichteter anbieten.
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB) haben jüngst zwei interessante Studien zu nachhaltiger Infrastruktur vorgelegt. Die Studie der ADB geht der Frage nach, welche Rolle die Transportinfrastruktur in der Coronakrise gespielt hat. Die IDB analysiert, wie ein gerechter und nachhaltiger Zugang zu öffentlichen Infrastrukturdienstleistungen für Menschen aus sozial benachteiligten Schichten aussehen kann.
Sichere Transportsysteme in Asien
Der Transportsektor ist in den meisten Volkswirtschaften Asiens ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Seine Wertschöpfung liegt in den ADB Mitgliedsländern bei 2,8 Billionen US-Dollar oder etwa 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hängen davon 157 Millionen Arbeitsplätze in der Region ab. Bei der Verbreitung von COVID-19 hat die nationale und internationale Mobilität dagegen eine unrühmliche Schlüsselrolle gespielt.
Die ADB beleuchtet in einer Guidance Note on COVID-19 and Transport in Asia and the Pacific diesen Zwiespalt zwischen der ökonomischen Bedeutung des Sektors und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Sie untersucht, wie die Pandemie das Sozial- und Reiseverhalten der Menschen beeinflusst hat und welche Rolle dem Transportsektor beim Wiederanfahren der Wirtschaft nach dem Lockdown zukommt.
Die Bank wagt auch einen Blick in die Zukunft und stellt sich die Frage, wie der Verkehrssektor nach Corona in Asien aussehen könnte. Welche Verkehrsmittel werden die Menschen in den nächsten Jahren vor allem in den Städten bevorzugen? In der Studie betont die Bank, dass automatisierte und digitale Lösungen bei der neuen Mobilität verstärkt zum Einsatz kommen werden und es Veränderungen im Verhalten der Verkehrsteilnehmer geben wird.
Bei der zukünftigen Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Asien wird die ADB eine wichtige Rolle spielen, weil sie über hohe Mittel verfügt und diese im Transportsektor in zukunftsfähige Lösungen investieren wird.
Zugang zu Infrastruktur in Lateinamerika und der Karibik
Anlass für die Studie De estructuras a servicios: el camino a una mejor infraestructura en América Latina y el Caribe waren die sozialen Unruhen in zahlreichen lateinamerikanischen Ländern im Jahr 2019. Ausgelöst wurden die Proteste beispielsweise in Chile durch die Erhöhung der U-Bahn-Tarife und in Ecuador durch gestiegene Benzinpreise. Die IDB betont die Notwendigkeit, bei der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Strom und öffentlichem Personennahverkehr nachhaltigere Lösungen bereitzustellen.
Da Lateinamerika besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen ist, wird auch die Entwicklung von sicheren Transportsystemen in der Region immer wichtiger. Von den zehn Ländern mit den höchsten Infektionszahlen liegen fünf in Lateinamerika (Stand Oktober 2020).
Die Bank sieht die Probleme beim Zugang und den hohen Kosten für die Dienstleistungen der öffentlichen Infrastruktur. Hohe Fahrpreise für arme Bevölkerungsgruppen und volle Busse und U-Bahnen in Zeiten der sozialen Distanzierung passen nicht ins Bild. Andere Beispiele sind überhöhte Wasser- und Stromtarife. Wenn dann auch noch die Qualität des Trinkwassers schlecht ist und es zu häufigen Stromausfällen kommt, gehen die Menschen auf die Straße und protestieren.
Bei zukünftigen Investitionsprojekten will die Bank deshalb einen Schwerpunkt auf mehr Effizienz und intelligente Regulierung von öffentlichen Dienstleistungen legen, damit diese insbesondere für die Bevölkerung in Ballungsräumen leicht zugänglich, qualitativ gut und erschwinglich werden.
Geschäftsanbahnung mit Entwicklungsbanken
Entwicklungsbanken sollen Armut und Ungleichheit bekämpfen und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung ihrer Mitgliedsstaaten fördern. Dabei orientieren sie sich heutzutage an den internationalen Klima- und Entwicklungszielen. Unternehmen, die sich an Ausschreibungen beteiligen, sollten deshalb erklären können, welchen Beitrag ihre Produkte und Dienstleistungen zu diesen Zielen leisten.
Neben ihren Studien stellen Entwicklungsbanken ebenfalls eine Vielzahl an Länder- und Projektinformationen bereit. Aus ihnen lässt sich filtern, ob und welche Geschäftsmöglichkeiten es überhaupt in einem Land gibt. Anbieter sollten sich möglichst frühzeitig über bevorstehende Projekte informieren. Wichtig sind auch Referenzen im betreffenden Land oder zumindest in der Region. Ohne sie sind die Erfolgschancen für Neueinsteiger eher gering. Als Einstieg empfiehlt sich in jedem Fall die Teilnahme als Unterauftragnehmer in einem Bieterkonsortium mit anderen erfahreneren Unternehmen und lokalen Partnern. Entsprechende Unternehmen sind in den Vergabestatistiken der Banken zu finden und können gezielt angesprochen werden.
Ebenfalls wichtig ist die Pflege und der Aufbau von Kontakten bei zuständigen Mitarbeitern der Entwicklungsbanken als auch bei den Entscheidungsträgern in den Durchführungsorganisationen der Kreditnehmerländer. In den allermeisten Fällen ist es nicht die Entwicklungsbank selbst, sondern eine Durchführungsorganisation im Projektland, die Aufträge an Unternehmen vergibt – das kann zum Beispiel das Verkehrsministerium oder ein lokaler Wasser- oder Energieversorger sein.
Consultingunternehmen und Einzelberater können sich bereits bei der Projektvorbereitung und Erstellung von Vorstudien auf entsprechende Ausschreibungen bewerben.
Die GTAI veröffentlicht tagesaktuelle Informationen zu den Projekt- und Ausschreibungsmeldungen der wichtigsten Geber in deutscher Sprache.