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Chinas Möbelindustrie im Abschwung

Die Branche investiert weniger in die notwendige Modernisierung ihrer Fertigung. Deutsche Maschinenbauer leiden unter sinkenden Umsätzen und steigenden Risiken.

Von Roland Rohde | Hongkong

Die chinesische Möbelindustrie steht angesichts der schwächeren Inlandsnachfrage, des kriselnden Immobiliensektors und der bevorstehenden Abkühlung des Auslandsgeschäfts vor enormen Herausforderungen. Zugleich bleibt der Kosten- und Konkurrenzdruck hoch. So wandert seit geraumer Zeit Fertigung in Niedriglohnländer ab. Insbesondere Vietnam erfreut sich eines regen Zustroms an neuen Investitionen. Infolgedessen haben sich die Möbelexporte des südostasiatischen Landes zwischen 2013 und 2021 mehr als vervierfacht.

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Die meisten Firmen kehren China aber nicht komplett den Rücken, sondern verlagern nur einzelne Fertigungsschritte. Bei der Sicherung ihrer Lieferketten verfolgen Unternehmen zunehmend die "China+1"-Doppelstrategie: Dabei findet die lohnintensive Produktion einfacher Möbel in Südostasien statt. Höherwertige Einrichtungsgegenstände, die sich automatisiert fertigen lassen, laufen hingegen im Reich der Mitte von den Bändern. Die dortigen Fabriken müssen dafür stetig modernisiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Verlagerungsprozess dürfte wieder an Fahrt aufnehmen

Die Coronapandemie sorgte für ein Anhalten des Verlagerungsprozesses. So gab es 2020 und 2021 weltweit große Transportengpässe, die Frachtraten stiegen in die Höhe. Zugleich kam es in vielen Ländern Südostasiens zu umfangreichen Produktionsstörungen. Große Einzelhandelskonzerne bestellten daraufhin wieder mehr Waren in China, das rasch zur Normalität zurückgekehrt war. Die Möbelausfuhren des Landes stiegen laut chinesischer Zollstatistik 2021 gegenüber dem Vorjahr um fast 30 Prozent auf einen Rekordwert von 77 Milliarden US-Dollar (US$).

Doch Anfang 2022 kehrten sich die Vorzeichen abermals um: Die Lage in Südostasien normalisierte sich, während im Reich der Mitte infolge der strikten Null-Covid-Politik die Lieferketten nicht mehr richtig funktionierten. Nach wie vor kann es ständig und überall zu Einschränkungen kommen. Tatsächlich befinden sich immer ein paar Dutzend chinesische Metropolen in einem Teil-Lockdown. Die Möbelausfuhren der Volksrepublik gingen in den ersten neun Monaten 2022 laut nationaler Zollbehörde um 4 Prozent zurück.

Hinzu kommt, dass sich die chinesische Möbelbranche mit der Abkühlung der weltweiten Konsumgüternachfrage konfrontiert sieht. Außerdem springt der Inlandsverbrauch nicht richtig an. Der Einzelhandelsumsatz stieg in den ersten drei Quartalen 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum laut Angaben des nationalen Statistikamtes nominal weniger als 1 Prozent. Zu Vorkrisenzeiten waren 8 Prozent die Norm. Der Umsatz der Möbelhäuser ging von Januar bis September 2022 sogar um mehr als 8 Prozent zurück.

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Immobilienkrise sorgt für Einbruch der Möbelnachfrage

Des Weiteren ist die gewerbliche Nachfrage vonseiten der großen Immobilienentwickler stark rückläufig. Diese statten ihre Apartmentblocks oft komplett mit Küchen oder Einbauschränken aus. Die Neubauprojekte im Hochbau sind in den ersten acht Monaten 2022 aber infolge der Immobilienkrise etwa um die Hälfte eingebrochen. Die Abwärtsspirale dürfte sich weiterdrehen. Beijing wird angesichts der weltweiten Straffung der Geldpolitik wohl oder übel ebenfalls die Zinsen anheben müssen, um Kapitalflucht, Währungsverfall und Inflation zu verhindern. Womöglich stehen dem Sektor noch viele Krisenjahre bevor.

So gering wie 2022 waren chinesische Einfuhren von Maschinen zur Holzbearbeitung seit langem nicht.

Die chinesische Zollstatistik liefert deutliche Hinweise für die sinkende Investitionslaune der Möbelindustrie. So waren die Einfuhren von Möbel- und Holzbearbeitungsmaschinen 2021 laut Angaben des International Trade Centre (ITC) noch leicht gestiegen. Doch für die ersten neun Monate 2022 vermeldete die chinesische Zollbehörde einen Rückgang der Einfuhren von mehr als einem Drittel gegenüber der Vorjahresperiode. Das bekommen insbesondere deutsche Anbieter zu spüren, die in dem Segment führend sind. Deutsche Lieferungen in die Volksrepublik sanken im vorliegenden Zeitraum ebenfalls etwa um ein Drittel.

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Die weiteren Aussichten sind durchwachsen. Es gibt kaum Hinweise darauf, dass Beijing auf absehbare Sicht von der bisherigen Null-Covid-Politik abrücken wird. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2022 real nur um rund 3 Prozent zulegen, was für chinesische Verhältnisse einer veritablen Krise gleichkommt. Immerhin soll sich die Konjunktur 2023 wiederbeleben. Doch sowohl 2022 als auch 2023 werden viele Länder in Süd- und Südostasien schneller wachsen als die Volksrepublik.

Chinas Einfuhren von Möbel- und Holzbearbeitungsmaschinen nach Lieferländern (in Millionen US-Dollar) 1)

Volkswirtschaft

2021

20222

Deutschland

176,0

117,0

Italien

49,2

31,0

Taiwan

38,0

30,0

Japan

37,3

20,0

Südkorea

17,5

12,0

Österreich

11,4

5,0

Dänemark

5,1

6,0

1) HS-Positionen 8465, 8466.92, 8479.30 (einschließlich Werkzeuge und Teile); 2) Hochrechnung von Germany Trade & Invest auf Basis der ersten drei Quartale, gerundete WerteQuelle: Chinesische Zollstatistik; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Für deutsche Maschinenbauer dürfte dies ein guter Anlass sein, um sich nach alternativen Absatzmärkten umzublicken, zumal die Risiken im Chinageschäft gestiegen sind. Durch die Unterstützung Russlands im Ukrainekrieg und die militärische Bedrohung Taiwans hat sich die Volksrepublik ein weiteres Stück von der westlichen Wertegemeinschaft entfernt. Bei einer Eskalation des Taiwan-Konfliktes könnte der Absatzmarkt quasi über Nacht wegbrechen. Zudem müssen sich deutsche Unternehmen häufiger öffentlich positionieren und ihr China-Engagement vor dem Hintergrund der kritischeren öffentlichen Stimmung rechtfertigen.

"Buy China" und "Zero Covid" bereiten Kopfzerbrechen

Prinzipiell besteht in Chinas Möbelindustrie weiterhin ein hoher Modernisierungs- und Automatisierungsdruck. Allerdings steigt im Rahmen der protektionistischen Buy-China-Politik der Druck auf die Firmen, lokal produzierte Technologie einzusetzen. Umfragen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) zeigen, dass der steigende inländische Wettbewerb durchaus Sorgen bereitet. Zugleich stoßen chinesische Unternehmen auf Auslandsmärkte vor, wo sie deutschen Firmen Konkurrenz machen.

Die größten Kopfschmerzen bereitet aber die Grenzschließung infolge der Zero-Covid-Politik. Seit fast drei Jahren können ausländische Ingenieure nicht mehr zur Installation oder Wartung von Maschinen einreisen. Darunter leiden vor allem Mittelständler, die kein Personal vor Ort haben. Experten rechnen nicht vor dem Frühjahr 2023 mit ersten, kleinen Öffnungsschritten.

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