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Deutsche Wettbewerbsposition | Kfz-Industrie

Deutschland hält Titel des Exportweltmeisters bei Autos

Die Bundesrepublik exportiert so viele Autos wie kein anderes Land der Welt. Hauptabsatzmärkte sind China und die USA. Zugleich werden immer weniger Fahrzeuge im Land gefertigt.

Von Sofia Hempel, Fabian Möpert | Bonn, Berlin

Deutschland führt die Liste der Automobilexporteure seit Jahrzehnten an. Im Jahr 2020 lieferte die Bundesrepublik fertige Autos (Pkw) im Wert von beinahe 123 Milliarden US-Dollar (US$). Das entspricht rund einem Fünftel der weltweiten Autoexporte.

Zusammen mit anderen Fahrzeugen und Fahrzeugteilen kamen in Deutschland produzierende Unternehmen auf ein Exportvolumen von 205 Milliarden US$. Japan folgte auf Rang 2 mit 121 Milliarden US$, die USA und Mexiko belegten die Plätze 3 und 4. Während Deutschland in anderen Schlüsselbranchen wie dem Maschinenbau Weltmarktanteile verloren hat, ist der Anteil der Autoexporte aus Deutschland in den vergangenen zwei Dekaden konstant geblieben.

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USA und China Top-Märkte für deutsche Kfz-Exporteure 

Die meisten Fahrzeuge und Teile, die in Deutschland gefertigt werden, gehen nach China oder in die USA. Im Jahr 2020 lag das Exportvolumen nach China bei 28 Milliarden US$ beziehungsweise rund 22 Milliarden US$ an die USA. Der immense Anstieg der Exporte nach China erklärt auch die wachsende Bedeutung der Region Asien-Pazifik. Zwar sind auch die Ausfuhren in andere Länder immens gestiegen, zum Beispiel nach Südkorea und Indien. Doch kein Markt boomte so stark wie der chinesische. Gegenüber 2000 stiegen die deutschen Ausfuhren ins Reich der Mitte um über 6.000 Prozent, haben also auf mehr als das Sechzigfache zugelegt.

Die Region Mittel- und Osteuropa hat in den vergangenen Jahren ebenfalls deutliche Zuwächse verzeichnet. Ihr Anteil an den deutschen Gesamtexporten erhöhte sich in den vergangenen 20 Jahren um über 6 Prozentpunkte. Dagegen hat die traditionell wichtigste Exportregion für Deutschland, Westeuropa, an Bedeutung verloren. Der Anteil an den deutschen Gesamtausfuhren im Bereich Kfz und Teile ist von fast 60 Prozent im Jahr 2000 bis 2020 auf 44 Prozent geschrumpft.

Auch Nordamerika spielt als Exportregion mittlerweile eine geringere Rolle als noch vor 20 Jahren. Zudem fällt auf: In der Struktur deutscher Kfz-Ausfuhren nach Nordamerika gewinnen Fahrzeugteile und Zubehör an Gewicht. Ihr Anteil hat sich von etwa 13 Prozent 2000 auf 28 Prozent 2020 mehr als verdoppelt, der Anteil fertiger Fahrzeuge ist entsprechend kleiner geworden. 

Automobilproduktion hat sich in Schwellenländer verlagert

Die Automobilindustrie hängt wie kaum eine andere Branche am Export. Drei von vier in Deutschland gefertigten Autos gingen im Jahr 2020 laut Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) ins Ausland. Die hohe Exportquote zeugt von einer ausgeprägten internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

Gleichzeitig werden immer weniger Autos in Deutschland gefertigt. Im Jahr 2021 liefen gerade einmal 3,1 Millionen Pkw vom Band, deutlich weniger als im ersten Coronajahr 2020. Damit erreichten die deutschen Hersteller das niedrigste Produktionsvolumen seit 1975, analysiert der VDA. Der Chipmangel hat deutsche Autobauer besonders empfindlich getroffen. Doch nur der aktuelle Rückgang lässt sich mit den coronabedingten Verwerfungen in der Halbleiterindustrie erklären.

Viel mehr hat in den letzten Jahrzehnten die Internationalisierung der Produktion zu weitreichenden Verschiebungen der Standorte für die Kfz-Fertigung geführt, zulasten der traditionellen Autonationen. In China, Indien, Mexiko und Brasilien wurden im Jahr 2021 zusammen mehr Autos gefertigt als insgesamt in den USA, Japan, Deutschland und Spanien. Das zeigen die Zahlen der Internationalen Organisation der Kraftfahrzeughersteller OICA. Besonders bemerkenswert ist Chinas Aufstieg zur größten Automobilfabrik der Welt. Lag der Anteil der weltweiten Fertigung 2000 noch bei 3,5 Prozent, wurde 2020 fast jedes dritte Auto im Reich der Mitte produziert.

Auch deutsche Autobauer bedienen den chinesischen Markt größtenteils über die lokale Fertigung, obgleich China der größte Exportmarkt Deutschlands ist. Nur 5 Prozent aller in China verkauften deutschen Autos werden laut VDA dorthin exportiert. Der Rest wird vor Ort gefertigt. Allein der VW-Konzern betreibt landesweit 33 Werke.

Aufstieg Ostmitteleuropas zur europäischen Autoschmiede

Innerhalb Europas gab es ebenfalls Veränderungen: Länder in Ostmitteleuropa haben einen Aufstieg zur europäischen Autoschmiede vollzogen. Deutsche und internationale Autobauer und viele Zulieferer haben in der Region Produktionsstätten aufgebaut oder sich in bestehende Unternehmen eingekauft. Die Visegrád-Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn (V4) entwickelten sich in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten zum integralen Bestandteil des Produktionsnetzwerkes der europäischen und besonders auch der deutschen Automobilindustrie.

Dies spiegelt sich im steigenden Handelsvolumen bei Kfz und Teilen wider. Die V4 sind einerseits wichtiger Beschaffungsmarkt für deutsche Autobauer. Zugleich haben sich Deutschlands Ausfuhren in die V4 im Bereich Kfz zwischen 2000 und 2020 mehr als vervierfacht. Im Jahr 2020 handelte es sich dabei zu etwas mehr als einem Drittel (36,1 Prozent) um fertige Fahrzeuge (Pkw und Nfz) und zu nicht ganz zwei Dritteln um Kfz-Teile und Zubehör. Gegenüber 2000 ist die Bedeutung des Teileexports leicht gewachsen (+3,9 Prozentpunkte). Der beidseitig rege Handel mit Fahrzeugteilen ist Ausdruck der komplexen Wertschöpfungsketten im Automobilbau.

Transformation in der Automobilindustrie im Gange

Megatrends sorgen dafür, dass die Karten im Automobilbau in der aktuellen Dekade weltweit neu gemischt werden. Der Wandel zum Elektroantrieb oder die fortschreitende Automatisierung und digitale Vernetzung des Fahrens verändern nicht nur Wertschöpfungsketten, sondern auch Absatzchancen. 

Der Exporterfolg der deutschen Autoindustrie hängt zunehmend auch an Elektroautos. Zwar wachsen in diesem Segment die deutschen Exporte deutlich. So wurden 2021 laut Statistischem Bundesamt batterieelektrische Autos im Wert von 12,6 Milliarden Euro ins Ausland verkauft, mehr als dreimal so viele wie 2019. Dennoch sind deutsche Hersteller beim Thema Elektromobilität unter Druck. Das illustriert etwa ein Blick auf die kumulierten Neuzulassungen von Elektroautos weltweit: Bisher steht der US-Hersteller Tesla mit großem Abstand an der Spitze, an zweiter Stelle folgt das chinesische Unternehmen BYD. Knapp dahinter folgt mit VW der erste deutsche Hersteller.

Mit Blick auf die Innovationskraft, die sich auch im hohen Anteil an den weltweiten Patenten bei wichtigen Zukunftsthemen wie dem vernetzten und automatisierten Fahren ausdrückt, sieht der VDA die deutsche Automobilindustrie in einer guten Ausgangsposition, um das Rennen um die internationale Technologieführerschaft noch für sich zu entscheiden. Im Interview hob der VDA aber auch hervor, wie entscheidend die internationalen Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandortes Deutschland sind.

Methodische Hinweise
  • Die vorliegende Wettbewerbsanalyse bezieht sich auf die Entwicklung der globalen Handelsverschiebungen im Zeitraum 2000 und 2020 auf Basis des Internationalen Warenverzeichnisses für den Außenhandel.
  • Das Internationale Warenverzeichnis für den Außenhandel oder SITC (Standard International Trade Classification) ist ein Warenverzeichnis der Vereinten Nationen für die Außenhandelsstatistik, das Vergleiche hinsichtlich Rohstoffen und bearbeiteten Waren weltweit ermöglicht. Der Dienstleistungshandel ist nicht inbegriffen.
  • Die Abgrenzung des Kraftfahrzeugbaus erfolgt anhand der SITC-Position 78 und ihrer Unterpositionen (SITC Revision 4). Berechnungen für das Jahr 2000 wurden auf Basis der SITC Revision 3 vorgenommen.
  • Quelle für den Datenabruf ist die Datenbank UN Comtrade. Die Zahlen können von Angaben nationaler Statistikämter oder anderer internationaler Datenbanken abweichen.
  • Sämtliche Veränderungsraten wurden auf US-Dollar-Basis berechnet. Wechselkursentwicklungen können eine erhebliche Rolle im Warenexport spielen und dazu führen, dass Warenexporte entweder begünstigt und benachteiligt werden, relativ gesehen zu anderen Exportnationen.

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