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EAWU will unabhängig von Saatgutimporten werden

Um die Versorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen, sollen Saatgut und Pflänzlinge bis 2025 komplett durch einheimische Produkte ersetzt werden.

Von Viktor Ebel | Bonn

Bei einer Tagung der Eurasischen Wirtschaftskommission wurde eine Liste von Kulturen bestätigt, bei denen eine kritische Abhängigkeit von der Einfuhr von Saatgut und Pflänzlingen besteht. Hierzu zählen Zuckerrüben, Ölsaaten, Getreide, Gemüse, Melonen, Obst, Beeren und mehrjährige Kräuter.

Vor dem Hintergrund der steigenden Weltmarktpreise will die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) mit ihrer Substitutionsinitiative die Versorgungslage und Preisentwicklung in den eigenen Reihen stabilisieren. Um das Ziel zu erreichen, wird die Eurasische Wirtschaftskommission Empfehlungen und Maßnahmen für die Saatgutproduktion und Pflanzenzüchtung erarbeiten.

Besonders gravierend ist die Abhängigkeit bei Zuckerrübensamen, die zu 90 Prozent aus dem Ausland bezogen werden. Auch Sonnenblumensamen (60 Prozent) sowie Raps und Mais (jeweils 30 Prozent) weisen einen hohen Importanteil auf. Insgesamt gaben die Länder der EAWU im Jahr 2020 über 200 Millionen US$ für die Einfuhr von Saatgut und Pflanzenmaterial aus.

Autarkie in der Nahrungsmittelversorgung im Einklang mit Integrationsstrategie

Preisschwankungen, gestörte Lieferketten und Umweltkatastrophen beschleunigen einen Prozess, der ohnehin schon beschlossene Sache ist: die Gewährleistung der Ernährungssicherheit durch einen erhöhten Grad der Selbstversorgung. Dies ist in den Leitlinien der Integration bis 2025 bereits verankert und wurde vom Minister für Industrie und Landwirtschaft, Artak Kamalyan, jüngst nochmals bestätigt. Ein von der Wirtschaftskommission im September 2021 angenommenes Dokument enthält folgende Maßnahmen:

  • Steigerung der Produktionseffizienz,
  • Staatliche Zusammenarbeit zur Unterstützung der Landwirtschaft, Saatgutproduktion und Viehzucht,
  • Gemeinsame Reaktion auf unvorhersehbare Ereignisse wie Dürren und gestörte Lieferketten,
  • Entwicklung moderner Technologien in der Lebensmittelindustrie,
  • Nutzung des integrierten Informationssystems der EAWU zur Überwachung der Versorgung in den Unionsstaaten.

Gestiegene Lebensmittel- und Energiepreise heizen Inflation an

Die EAWU hat seit Beginn der Coronakrise mit einer zunehmenden Inflation zu kämpfen. Im Juli 2021 kletterten die Preise verglichen mit dem Vorjahreszeitpunkt um 7,1 Prozent nach oben. Ausschlaggebend für die hohe Inflation sind gestiegene Weltmarktpreise für Güter wie Baumaterialien und Benzin. Aber auch die Lebensmittelpreise zogen überdurchschnittlich stark an.

Zu den Lebensmitteln mit der höchsten Preissteigerung in der Periode Dezember 2020 bis Juli 2021 zählen vor allem Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln (55,2 Prozent), Sonnenblumenöl (9,5 Prozent), Obst (6,4 Prozent), Getreide (6,0 Prozent), Teigwaren (5,1 Prozent) und Zucker (4,6 Prozent). Das löst Unmut in der Bevölkerung aus und zwingt die EAWU zum Handeln.

Krisen führen zu staatlicher Regulierung in der Nahrungsmittelversorgung

Dabei greift der Staatenverbund auf verschiedenste Werkzeuge zurück. Im Frühjahr und Sommer 2021 haben die Mitgliedsländer temporäre Ausfuhrverbote für Getreide- und Getreideprodukte (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Buchweizen, Hirse) eingeführt, um die Versorgung zu erschwinglichen Preisen zu gewährleisten.

In dem besonders von der Inflation geplagten Kirgisistan, welches maßgeblich von Lebensmittelimporten abhängig ist, wurden im Mai die Preise für Zucker und Pflanzenöl für den Zeitraum von 90 Tagen staatlich reguliert. Die Profite beim Verkauf der betroffenen Güter wurden auf 13 Prozent beschränkt. Außerdem wurde die Mehrwertsteuer temporär gesenkt.

Sogar das landwirtschaftlich geprägte Belarus war in diesem Jahr erstmalig dazu gezwungen, Kartoffeln aus dem Nachbarland Ukraine zu importieren, statt diese wie gewohnt auf den Märkten seiner Nachbarländer anzubieten. Der geringe Ertrag ist auf eine Dürre in dieser Saison zurückzuführen.

In Hinblick auf vermehrte Dürren und eine durch Preisschwankungen und gestörte Lieferketten ungewisse Situation auf dem Weltmarkt, trifft die EAWU mit dem gemeinsamen Agrarmarkt und einer stabilen Lebensmittelversorgung also genau den Zahn der Zeit.

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