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Wirtschaftsausblick | Hongkong

Hongkong profitiert von Diversifizierung

Nach starken Schwankungen in Krisenjahren wächst die Wirtschaft wieder. Die Diversifizierung der Lieferketten im Rahmen von China-Plus-1 stützt die Rolle als Handelsdrehscheibe.

Von Robert Herzner | Hongkong

Topthema: China stärkt Einfluss mit nationalem Sicherheitsgesetz 

Hongkong hat für 2024 ein eigenes "Nationales Sicherheitsgesetz" angekündigt. Im Jahr 2020 hatte die chinesische Zentralregierung unter Protesten bereits ein gleichnamiges Gesetz erlassen. Die Rechtsgrundlage ist Artikel 23 des Basic Law, der Quasi-Verfassung Hongkongs, dieser zufolge muss sich die Sonderverwaltungsregion (SVR) ein eigenes Sicherheitsgesetz geben. 

Sanktioniert werden sollen mit dem neuen Sicherheitsgesetz insbesondere Verrat an der Zentralregierung und Diebstahl von Staatsgeheimnissen. Ausländischen Organisationen oder Einrichtungen wird die Ausübung politischer Aktivitäten untersagt. Außerdem wird die Grundlage zur Implementierung von Gesetzen zur Bekämpfung vermeintlicher Spionagetätigkeiten gelegt. 

Zwar haben sich ausländische Unternehmen bis dato zurückhaltend zu den daraus resultierenden Einschränkungen geäußert. Dennoch zeigt beispielsweise der Rückgang ausländischer Rechtsanwaltskanzleien in Hongkong, dass kein erhöhtes Vertrauen in die uneingeschränkte Ausübung ihrer Tätigkeiten mehr besteht.

Wirtschaftsentwicklung: Wieder auf Wachstumskurs

Die Hongkonger Wirtschaft wächst wieder. Für 2023 liegt die Prognose zum Anstieg des Bruttoinlandsprodukts bei 3,8 Prozent und für 2024 bei 2,7 Prozent. Im Vergleich zu den Corona-Krisenjahren 2019 bis 2022 mit einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang um 1,3 Prozent ist die Wirtschaft nun dabei, sich zu stabilisieren. 

Auch im Arbeitsmarkt zeichnen sich für 2024 solide Lohnsteigerungen von 4 Prozent ab. Allerdings wird das reale Plus von der Inflation geschmälert - diese soll von 2 Prozent im Jahr 2023 auf 2,4 Prozent 2024 steigen. 

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Konsum und Außenhandel leiden unter Wirtschaftsschwäche Chinas

Der Konsum erholt sich langsam von den Pandemieeinschränkungen. So besuchten im Oktober 2023 circa 3,5 Millionen Touristen die Hafenmetropole, gegenüber 80.500 Besuchern im entsprechenden Vorjahresmonat. Dennoch dürfte im Gesamtjahr 2023 mit 30 Millionen erwarteten Reisenden nur etwa die Hälfte des Rekordjahres 2018 erreicht werden. Reisende vom chinesischen Festland waren bislang wichtiger Nachfragetreiber.

Auch der Hongkonger Außenhandel in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar im Jahr 2022 leidet unter der schwachen Entwicklung des chinesischen Gesamthandels. Er wird zu 98 Prozent über Reexporte abgewickelt, also zuvor importierte Waren. Davon entfallen 60 Prozent auf China. 

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Regierung stützt Wirtschaft 

Im Oktober 2023 stellte Regierungschef John Lee Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft vor, um Hongkong als Regionalzentrum zu stärken. So plant er, die Stempelsteuer auf Immobilien von 15 Prozent auf 7,5 Prozent und die Börsenumsatzsteuer von 0,13 Prozent auf 0,1 Prozent zu senken. Ferner sind "Patentbox"-Steueranreize geplant, indem der Gewinnsteuersatz für qualifizierte Gewinne aus Patenten und ähnlichen geistigen Eigentumsrechten von 16,5 Prozent auf 5 Prozent reduziert wird. 

Außerdem will die Regierung die Wirtschaft breiter aufstellen. Die Konzentration auf den Immobiliensektor sowie internationale Finanzwirtschaft und Außenhandel erhöht in Krisen die Abhängigkeit. Die Integration in einen größeren Wirtschaftsraum soll diese mindern. Entsprechend wird die Regierung die Rolle von Hongkong als Tor in die Greater Bay Area stärken.

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Deutsche Perspektive: China-Plus-1 

Für in Hongkong ansässige deutsche Unternehmen, die besonders in Logistik und Einkauf aktiv sind, bleibt die Drehscheibenfunktion wichtig. Dies verdeutlicht die Statistik der Deutschen Auslandshandelskammer in Hongkong (AHK) zur deutschen Präsenz vor Ort: Die Mitgliederzahl stieg 2023 um 5,8 Prozent auf 456 im Vergleich zum Vorjahr. Für 39,5 Prozent der Unternehmen bildet Hongkong die regionale Hauptgeschäftsstelle. 

Mit der zunehmenden Diversifizierung von Lieferketten in Asien wird die Bedeutung von Hongkong für die Umsetzung der Strategie China-Plus-1 (China-plus-One, China-Plus, C+1) gestärkt, also dem Aufbau neuer Standorte insbesondere in ASEAN (Association of Southeast Asian Nations). Dies zeigen verschiedene Neugründungen unter anderem in Vietnam, die als Tochterunternehmen der Hongkonger Niederlassung geführt werden. Aus Hongkong heraus setzen Firmen oft auch Compliance-Bestimmungen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) regional um. 

Wie der Gesamtaußenhandel geht auch Hongkongs Handel mit Deutschland 2023 zurück. Eine Besonderheit: Während Einfuhren nach Deutschland sinken, steigen die Hongkonger Ausfuhren in die Niederlande und nach Belgien. Dieses als Rotterdam-Effekt bekannte Phänomen wird von deutschen Logistikern vor Ort auf die unterschiedlichen logistischen Bedingungen zurückgeführt. Werden die über andere EU-Grenzen abgewickelten Importe berücksichtigt, zeigt sich eine stabile Entwicklung des bilateralen Handels.

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Hongkong steht vor besonderen Herausforderungen aufgrund der alternden Bevölkerung. Um Zugang zu Pharmazeutika zu vereinfachen, soll eine Arzneimittelzulassungsbehörde mit primären Bewertungssystem etabliert werden, die mit anderen Städten in der Greater Bay Area zusammenarbeiten wird. Ziel ist es, umfangreiche klinische Studien für Arzneimittel durchzuführen und Datenbanken einzurichten, vorausgesetzt, der Schutz personenbezogener Daten ist angemessen gewährleistet. Daraus ergeben sich über Hongkong hinaus Geschäftschancen für Pharmahersteller. 

Die Zulassung von Pharmazeutika wird leichter, bei Fintech bleiben die Regelungen einfach.

Hongkong positioniert sich zudem als Standort für Fintech-Unternehmen, deutsche Start-ups äußerten sich bei Besuchen sehr positiv zu den jüngsten regulatorischen Entwicklungen als Handelsplattform für digitale Vermögenswerte. Hongkong verzeichnet bereits einen Zustrom an Kryptowährungsunternehmen und digitalen Vermögenswerten im Markt.

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