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Rechtsbericht | Japan | Arbeitsrecht
Japan hat mit der Work Style Reform und den damit verbundenen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen die Arbeitskultur im Land dynamisiert.
19.05.2022
Von Jürgen Maurer, Delia Leitner | Tokyo, Bonn
Vergütung | Tarifverträge in der Regel auf Unternehmensebene |
Mindestlohn | Nach Regionen und Branchen unterteilt |
Wochenarbeitszeit | 40 Stunden |
Zulässige Überstunden | 15 Stunden pro Woche, 45 Stunden pro Monat, 360 Stunden pro Jahr |
Gesetzliche Feiertage | 16 Tage |
Urlaubsanspruch | 10 bis 20 Werktage je nach Dienstjahren; weitere Ansprüche bei Heirat, Mutterschaft, Trauerfällen, Pflegebetreuung |
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen | Kein gesetzlicher Anspruch; Boni: jeweils zwei Monatsgehälter im Sommer und Winter sind üblich; andere: siehe Tabelle "Durchschnittliche monatliche Zusatzleistungen pro Mitarbeiter" |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall | Kein gesetzlicher Anspruch |
Probezeit | Meist zwischen einem Monat und drei Monaten; in Einzelfällen auch sechs Monate |
Den rechtlichen Rahmen für die Einstellung und Beschäftigung von Arbeitnehmern in Japan stellt das Arbeitsstandardgesetz von 1947 (ASG, Labor Standards Act) dar. Dieses trat zum 1. April 2019 in überarbeiteter Form in Kraft. Verschiedene Aspekte der Work Style Reform (Reform der Arbeitsweise) wurden integriert. Das Inkrafttreten der letzten Stufe der Reform ist für den 1. April 2023 vorgesehen. Daneben gilt insbesondere das Arbeitsvertragsgesetz (AVG, Labor Contracts Act). ASG und AVG stellen allerdings lediglich einen Mindeststandard dar.
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Um dem demografischen Wandel zu begegnen, will Japans Regierung ältere Mitarbeiter länger im Arbeitsprozess halten. Dazu hat sie den "Act on Stabilization of Employment of Elderly Persons" mehrmals ergänzt. Bislang sehen viele Unternehmen vor, dass Mitarbeiter mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen müssen, auch wenn der offizielle Rentenbeginn erst ab dem 65. Lebensjahr erfolgt. Seit April 2021 sollen die Unternehmen die Weiterbeschäftigung bis 65, wenn möglich bis zum Alter von 70 Jahren anstreben, entweder durch Verlängerung des bestehenden Vertrages oder durch die Neueinstellung mit einem anderen Vertrag.
Arbeitsverträge sind im rechtlichen Rahmen prinzipiell frei gestaltbar. Sie können unbefristet, für die Dauer zeitlich begrenzter Projekte oder auf bis zu drei Jahre, für bestimmte Tätigkeiten bis zu fünf Jahre, befristet abgeschlossen werden (§ 14 ASG). Die längere Frist gilt für Arbeitnehmer mit speziellem Wissen, besonderen Fertigkeiten oder Erfahrungen sowie für Arbeitnehmer ab 60 Jahren. Im Arbeitsvertrag sind die Arbeitsbedingungen, insbesondere Entgelt und Arbeitszeit, klar und zutreffend anzugeben (§ 15 ASG). Weichen die tatsächlichen Konditionen von den angegebenen ab, kann der Arbeitnehmer vom Arbeitsvertrag zurücktreten.
Wichtiger noch als der Arbeitsvertrag ist eine Arbeitsordnung (Standardarbeitsregeln, "shuugyou kisoku"), die für Betriebe mit zehn oder mehr Mitarbeitern nach § 89 ASG vorgeschrieben ist. Darin werden sämtliche Arbeitsbedingungen schriftlich formuliert. Sie muss detaillierte Angaben zu Arbeitszeit (Beginn, Ende, Pausen, Ruhetage und Urlaub, eventuelle Einzelheiten für Schichtarbeit), Entlohnung (Berechnungs- und Zahlungsmethoden; Zeitpunkt, bis wann spätestens gezahlt wird; Einzelheiten zu Gehaltserhöhungen) und dem Ausscheiden aus dem Unternehmen enthalten.
Falls darüber hinaus zu folgenden Punkten Regelungen bestehen, müssen diese ebenfalls in die Arbeitsordnung aufgenommen werden: Festlegungen zu Abfindungen bei der Pensionierung oder einem Ausscheiden aus dem Betrieb aus einem anderen Grund (Definition des Kreises der betroffenen Personen, Art der Festsetzung, Berechnung und Zahlung, Zeitpunkt der Auszahlung), zu Boni und Mindestlöhnen, zu vom Arbeitnehmer zu tragenden Kosten für Verpflegung, Arbeitsmittel und Ähnliches, zu Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz, zu beruflicher Bildung, Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Unterstützung bei nicht arbeitsbedingten Erkrankungen und Verletzungen, Art und Umfang von Auszeichnungen und Abmahnungen sowie sonstige für alle Arbeitnehmer eines Betriebes geltende Bestimmungen.
Die gesetzliche Wochenarbeitszeit beträgt, mit Ausnahmen, bis zu 40 Stunden. Die Arbeitszeit pro Tag beläuft sich auf bis zu acht Stunden. Regelungen zu Überstunden müssen dem zuständigen regionalen Labor Standards Inspection Office mitgeteilt werden, insbesondere wenn die vorgeschriebenen Überstundenzahlen überschritten werden sollen.
Ein Anspruch auf bezahlten Urlaub besteht, wenn ein Arbeitnehmer mindestens sechs Monate beschäftigt ist und mindestens an 80 Prozent der Arbeitstage zur Arbeit erschienen ist. Der Mindestanspruch beträgt zehn Tage und erhöht sich mit steigender Beschäftigungsdauer auf maximal 20 Tage (§ 39 ASG).
Ähnlich wie in Deutschland sind Probezeiten üblich. Diese liegen meist zwischen einem Monat und drei Monaten, in Einzelfällen auch bei sechs Monaten. Während der Probezeit können beide Seiten den Arbeitsvertrag kurzfristig beenden; nach Ablauf der ersten 14 Tage der Probezeit aber durch den Arbeitgeber nur noch mit einer dreißigtägigen Kündigungsfrist (§ 21 ASG). Der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer in der Probezeit unter geringeren Anforderungen entlassen als einen regulären Arbeitnehmer; allerdings sind auch während der Probezeit "vernünftige und sozial akzeptable" Gründe erforderlich, um einen Arbeitnehmer zu entlassen.
In Japan besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Viele Unternehmen zahlen dennoch das Gehalt für eine bestimmte Zeit weiter. Häufig nehmen Beschäftigte aber im Krankheitsfall ihren regulären bezahlten Urlaub. Ab dem vierten Krankheitstag haben Arbeitnehmer gegenüber der Krankenversicherung einen Krankengeldanspruch.
Um den Missbrauch des Kündigungsrechts einzuschränken, bedarf eine ordentliche Kündigung von Mitarbeitern durch den Arbeitgeber objektiver, sozial angemessener Gründe, ansonsten ist sie unwirksam (§ 16 AVG).
Grundsätzlich darf eine Kündigung nicht während krankheitsbedingter Abwesenheit (wegen Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) von Mitarbeitern sowie 30 Tage danach vorgenommen werden. Das Gleiche gilt für Frauen im Mutterschutz (§ 19 ASG). Die Kündigungsfrist beträgt für den Arbeitgeber 30 Tage (§ 20 ASG). Ausnahmen von dieser Frist gelten unter anderem für Tagesarbeiter, die bis zu einem Monat beschäftigt wurden (§ 21 ASG).
Eine außerordentliche Kündigung ist möglich, wenn ein Betrieb aufgrund einer Naturkatastrophe nicht fortgeführt werden kann oder wenn schwerwiegende Verfehlungen des Arbeitnehmers vorliegen (§ 20 ASG). Bei einer Disziplinarkündigung kann für den Arbeitnehmer der Anspruch auf die gesamte oder einen Teil der Abfindung verloren gehen. Die Möglichkeit einer Disziplinarkündigung wird in der Regel in der Arbeitsordnung festgelegt.
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