Zollbericht Kanada Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA)
Wichtige Teile des CETA werden seit September 2017 vorläufig angewendet. Dazu zählen insbesondere die Vereinbarungen zum Zollabbau.
05.06.2023
Von Susanne Scholl | Bonn
Das umfassende Handelsabkommen CETA zwischen Kanada und der Europäischen Union wurde am 30. Oktober 2016 unterzeichnet und trat am 21. September 2017 vorläufig in Kraft. Die vorläufige Anwendung gilt nur für diejenigen Bereiche, die unstreitig in der alleinigen Zuständigkeit der EU liegen, zum Beispiel die Vereinbarungen zum Zollabbau und zur öffentlichen Auftragsvergabe. Die Bestimmungen zum Investitionsschutz und zur Beilegung von Investitonsstreitigkeiten sind nicht von der vorläufigen Anwendung erfasst. Damit das Abkommen vollständig in Kraft treten kann, muss es von den Parlamenten aller EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Erst dann können die nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU fallenden Bereiche des Abkommens in Kraft treten.
Der deutsche Bundestag hat das CETA-Abkommen am 1. Dezember 2022 ratifiziert. Im Vorfeld hatte sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für Nachbesserungen an dem Abkommen eingesetzt. Der Bundestag hatte gemeinsam mit der Europäischen Kommission eine klarstellende Auslegungserklärung zum Investitionsschutz erarbeitet, um die Investitionsschutzbestimmungen des Abkommens besser zu beschreiben. Diese muss von allen EU-Mitgliedstaaten unterstützt und in Absprache mit Kanada vom Gemischten CETA-Ausschuss angenommen werden.
Damit haben bisher 17 EU-Mitgliedstaaten und das Vereinigte Königreich das CETA-Abkommen ratifiziert.
Zollabbau
CETA sieht einen Wegfall der Zölle für rund 99 Prozent der Zölle vor. Der weitaus größte Teil war schon mit dem vorläufigen Inkrafttreten des Freihandelsabkommens weggefallen. Industriegüter sollen ausnahmslos zollfrei werden. Mehr als 99 Prozent dieser Güter sind bereits zollfrei. Für die restlichen Güter gelten Übergangsfristen auf beiden Seiten.
Im Agrarbereich wurden die Zölle für mehr als 90 Prozent der Produkte mit dem vorläufigen Inkrafttreten von CETA abgeschafft. Für die restlichen Produkte gelten zeitliche Übergangsregelungen bis zu sieben Jahren, Zollkontingente oder sie sind vollständig vom Zollabbau ausgenommen.
Ursprungsregeln und Ursprungsnachweis
Die Ursprungsregeln orientieren sich weitgehend an den Regeln neuerer EU-Freihandelsabkommen. Die produktspezifischen Listenregeln sind jedoch detaillierter abgefasst als in klassischen EU-Abkommen. Angeknüpft wird entweder an einen Positionswechsel der Ware im Harmonisierten System oder an eine Kombination aus Positionswechsel und Wertschöpfungskriterium. Dabei gibt es auch einzelne Neuerungen, zum Beispiel den Wechsel aus einem anderen Kapitel (bei Fisch - Kapitel 16).
Neu ist auch, dass als Alternative zu den erzeugnisspezifischen Ursprungsregeln des Anhang 5 die Erfüllung der in Anhang 5-A festgelegten Ursprungsregeln im Rahmen bestimmter Kontingente vorgesehen ist. Dies gilt für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Fischereierzeugnisse, Spinnstoffe, Kleidung und Fahrzeuge.
Gemäß Art. 1 des Ursprungsprotokolls ist bei der Berechnung des Wertschöpfungsanteils der Transaktionswert zugrunde zu legen. Der Transaktionspreis wird jedoch abweichend von der Definition des GATT-Zollwertkodex identisch zum Ab-Werk-Preis definiert.
Als Ursprungsnachweis gilt gemäß Art. 18 des Ursprungsprotokolls eine Ursprungserklärung gemäß dem in Anhang 2 zum Ursprungsprotokoll vorgeschriebenem Wortlaut auf der Handelsrechnung oder einem anderen Handelsdokument, welche das Produkt ausreichend detailliert beschreibt. Sie lautet: "Der Ausführer (ermächtigter Ausführer; Bewilligungs-Nr. ...(2)) der Waren, auf die sich dieses Handelspapier bezieht, erklärt, dass diese Waren, soweit nichts anderes angegeben, präferenzbegünstigte ...(3) Ursprungswaren sind."
Auch wurden verpflichtende Kriterien zur Ausstellung des Ursprungsnachweises für die Ausfuhr und für die Beantragung von Zollpräferenzen bei der Einfuhr aufgenommen.
Ursprungserklärungen können in der EU für Warensendungen ab einem Warenwert von 6.000 Euro nur von registrierten Ausführern (REX) ausgestellt werden. In Kanada entspricht dem registrierten Ausführer der bei der Zollbehörde Canada Border Services Agency mit einer "Business Number" registrierte Importeur.
Weitere Regelungen
CETA sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse vor. Die Anerkennung der Konformitätsbewertung zwischen den Vertragsparteien soll verbessert werden. Ziel ist eine gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen zwischen den Vertragsparteien entsprechend dem Protokoll über die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse von Konformitätsbewertungen. Doppelte Prüfkosten würden hierdurch wegfallen.
Um nichttarifäre Handelshemmnisse zu vermeiden, ist im Kapitel 21 (Regulierungszusammenarbeit) der Grundsatz verankert, dass beide Vertragsparteien regulatorische Kooperationen auf freiwilliger Basis ins Leben rufen können. Die Parteien beziehen sich dabei auf das bestehende jeweilige Verpflichtungsniveau gemäß den relevanten WTO-Abkommen. Eine Verpflichtung, regulatorische Kooperationen einzugehen, besteht nicht.
Das Abkommen schafft außerdem ein neues Investitionsschutzsystem mit einem ständigen, institutionalisierten Gericht zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Details dazu sind in Kapitel acht (Investitionen) geregelt. Da es sich hierbei um Regelungen handelt, die (auch) in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, treten sie erst nach Ratifizierung der Mitgliedstaaten in Kraft.
Überdies sieht CETA einen großen Schritt zur Marktöffnung bei den öffentlichen Auftragsmärkten vor - insbesondere weil in Kanada mit CETA auch die Provinzen und Kommunen ihre Beschaffungsmärkte für europäische Anbieter öffnen müssen. Bislang wurde der größte Teil öffentlicher Aufträge in Kanada auf regionaler oder kommunaler Ebene vergeben.
Das Abkommen beinhaltet ferner Bestimmungen zu Zoll- und Handelserleichterungen, zur Öffnung des Dienstleistungssektors, dem Handel mit Dienstleistungen, zum Schutz geistigen Eigentums und geographischer Angaben.
Weitere Informationen:
GTAI-Übersicht "Zollfrei durch die Welt" - Freihandelsabkommen im Überblick