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Wirtschaftsausblick | Katar

Gasprojekte führen zu Investitionsboom

Katar investiert Milliarden in den Gassektor. Die zunehmende Ausrichtung auf Gasexporte lässt die Diversifizierung der Wirtschaft in den Hintergrund treten. 

Von Heena Nazir | Dubai

Top Thema: Katar plant Einführung der Mehrwertsteuer

Das Jahr 2024 könnte für Katar in steuerlicher Hinsicht einen Wendepunkt darstellen. Fachleute gehen davon aus, dass eine Mehrwertsteuer eingeführt wird. Die Umsetzung dieser Steuer wird sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher eine Herausforderung darstellen. Kurzfristig könnten vor allem kleine und mittlere Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Buchhaltungsprozesse anzupassen. Zudem dürfte die Mehrwertsteuer die Preise treiben und dadurch die Kaufkraft und das Konsumverhalten dämpfen. Langfristig könnte die Steuer jedoch die katarischen Staatseinnahmen stabilisieren. Sie verringert die Abhängigkeit von schwankenden Öl- und Gaspreisen und hält Unternehmen zu mehr Transparenz in ihrer Finanzberichterstattung an.

Wirtschaftsentwicklung: Der Nichtgassektor fällt zurück

Für das Jahr 2024 prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) eine Abkühlung des Wirtschaftswachstums auf real plus 2,2 Prozent. Im Jahr 2023 kalkuliert der IWF mit einem realen Wachstum von 2,4 Prozent. 

Seit der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2022 hat der Nichtgas- und Nichtölsektor an Schwung verloren. Ökonomen prognostizieren für das Jahr 2023 eine reale Zunahme von 3,6 Prozent, rund 21 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Trotz der Bemühungen um eine stärkere Diversifizierung bleibt der Öl- und Gassektor zentral für die katarische Wirtschaft. Er trägt mehr als 70 Prozent zu der gesamten Regierungseinnahmen bei, macht über 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus und steht für rund 85 Prozent der Exporterlöse. 

Im Jahr 2022 stiegen die Öl- und Gaseinnahmen um 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ermöglichte ein Wachstum der Staatseinnahmen um 54 Prozent auf knapp 82 Milliarden US-Dollar (US$). Seit 2017 erlebte die Branche einen Rückgang, doch aktuelle Investitionen deuten auf eine Kehrtwende. Im Jahr 2022 wuchs der Sektor bereits um 1,3 Prozent. Für 2023 wird eine ähnlich große Zunahme erwartet.

43 Milliarden US-Dollar für die Erschließung des weltweit größten Erdgasfeldes

In den ersten acht Monaten des Jahres 2023 hat die Regierung Projekte im Wert von 15,5 Milliarden US$ vergeben, was einem Anstieg von rund 138 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode entspricht. Mit 74 Prozent entfällt der Großteil der geplanten Vorhaben auf den Gassektor. Ein Mammutprojekt ist die groß angelegte Expansion des weltweit größten Gasfeldes North Field. Bis 2025 soll hier die Produktionskapazität von über 33 Millionen auf 110 Millionen Tonnen jährlich steigen. Eine weitere Ausweitung ist bis 2027 geplant. Dadurch nimmt die Kapazität um 16 Millionen Tonnen pro Jahr zu. Das gesamte Projekt erfordert Investitionen im Wert von geschätzt 43 Milliarden US$.

Katars Wirtschaft zeigt sich trotz der globalen Energiepreisschwankungen und sinkender Rohstoffpreise bislang robust. Dank seines starken Kohlenwasserstoffsektors und prognostizierter Haushaltsüberschüsse bietet die Einführung der Mehrwertsteuer dem Land die Chance, seine finanzielle Basis zu stärken. Die große Herausforderung für den Golfstaat wird darin bestehen, neben den hohen Investitionen im Öl- und Gassektor die Diversifizierung der Wirtschaft voranzutreiben.

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Außenhandel: Deutsche Exporte steigen

Die Exporte stiegen der Datenbank UN Comtrade zufolge im Jahr 2022 um real 50,2 Prozent auf 130,9 Milliarden US$. Erzielt wurde dieses Ergebnis vor allem dank steigender Gas- und Ölausfuhren. Die Importe wuchsen im Vergleich zu 2021 real um rund 19,6 Prozent auf 33,5 Milliarden US$.

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Laut Statistikbehörde Eurostat erhöhten sich im Jahr 2022 die deutschen Ausfuhren nach Katar um 2,3 Prozent auf 1,4 Milliarden US$. Das entspricht in etwa dem Niveau von 2018. Auch der Anteil an den katarischen Einfuhren bleibt nahezu unverändert. Deutschland exportiert Maschinen, Autos sowie Produkte aus der Pharmazie und Chemie nach Katar, muss sich jedoch wachsender Konkurrenz aus Asien und der MENA-Region stellen.

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Deutsche Perspektive: Risiken in Katar angesichts des Israel-Gaza-Kriegs 

Katar bietet vielfältige Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Insbesondere im Energie- und Bausektor erweist sich das Land als attraktiver Standort mit zahlreichen Großprojekten. 

Katars Positionierung im Israel-Gaza-Krieg und eine Eskalation des Nahostkonflikts könnten jedoch deutsche Geschäftsinteressen kurzfristig massiv beeinträchtigen. Zuletzt nahm das Emirat mit engen Verbindungen zur palästinensischen Hamas eine Schlüsselposition in den Verhandlungen über die Freilassung israelischer Geiseln ein. Katar leistete bislang sowohl politische als auch finanzielle Unterstützung für die Hamas. Deutsche Firmen sollten die politische Entwicklung und Positionierung Katars daher weiterhin aufmerksam verfolgen.

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