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Rechtsbericht Kroatien Coronavirus

Kroatien: Coronavirus und Verträge

In Kroatien werden viele staatliche Maßnahmen ergriffen, um das Coronavirus einzudämmen. Jeder Bereich ist "infiziert". Auch das Vertragsrecht?  


Von Marcelina Nowak | Bonn

Einleitung

Vor mehr als einem Monat wurde in Kroatien der Notstand ausgerufen. Durch die andauernde Coronakrise können laufende Verträge nicht ordnungsgemäß erfüllt werden. Die verhängten staatlichen Maßnahmen erschweren den laufenden Betrieb. Mögliche rechtliche Lösungen, um aus eventuellen Schadensersatzforderungen rauszukommen, bieten die Verträge selbst oder das kroatische Gesetz über die Schuldverhältnisse (Zakon o obveznim odnosima). 

Vertragliche Klauseln zu „höherer Gewalt“

In Kroatien kann man Klauseln, die bestimmen, welche Fälle unter „höhere Gewalt“ fallen, in Verträge aufnehmen. Da das kroatische Gesetz keine genauen Beispiele für "höhere Gewalt" nennt, können die Vertragsparteien selbst definieren, welche Fälle sie darunter fassen. Meistens sind es Naturkatastrophen oder Streiks. Wenn aber die Vertragsparteien den Fall der Epidemie oder Pandemie aufgenommen haben, sind Sie auf der sicheren Seite. Umso mehr ist es jetzt wichtig, die Verträge dahingehend zu prüfen.

Unmöglichkeit der Leistung

Die Grundlagen des kroatischen Vertragsrechts sind im Gesetz über die Schuldverhältnisse (Zakon o obveznim odnosima) zu finden. Dort sind unter anderem Rechte und Pflichten von Vertragsparteien für die Fälle der Unmöglichkeit geregelt. Die Nichtdurchführung von Verträgen, die auf Grund der Coronavirus-Pandemie eingetreten ist, kann im Einzelfall als ein Fall der Unmöglichkeit angesehen werden.    

Der allgemeine Grundsatz der Beendigung einer Vertragserfüllung ist im Artikel 208 des Gesetzes über die Schuldverhältnisse geregelt. Die Verpflichtung zur Vertragserfüllung erlischt nämlich, wenn ihre Erfüllung aufgrund von Umständen, für die der Schuldner nicht verantwortlich ist, unmöglich wird. Damit er keinen Schadensersatz leisten muss, muss er die Umstände nachweisen. Er muss nachweisen, dass er seiner Verpflichtung nicht nachkommen konnte oder seine Verpflichtung aufgrund äußerer, außergewöhnlicher und unvorhergesehener Umstände, die sich nach Abschluss des Vertrages ergeben und die er nicht verhindern, beseitigen oder vermeiden konnte, verspätet erfüllt hat. Diese Befreiung vom Schadensersatz ist im Artikel 343 geregelt. Die beschriebenen Umstände können implizieren, dass auch der Fall "höherer Gewalt" darunter fällt.

Die vollständige oder teilweise Unmöglichkeit ist im Artikel 373 des Gesetzes über die Schuldverhältnisse geregelt. Im Absatz 1 heißt es: „Wenn die Erfüllung einer Verpflichtung einer Vertragspartei aus einem bilateralen Vertrag aufgrund außergewöhnlicher externer Ereignisse nach Vertragsschluss und vor Fälligkeit der Verpflichtung unmöglich wird, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar waren, noch von der Vertragspartei verhindert, vermieden oder beseitigt werden konnten und dies nicht in der Verantwortung einer Partei liegt, erlischt auch die Verpflichtung der anderen Partei.“ Diese Bestimmungen implizieren, was unter „höherer Gewalt“ zu verstehen ist. Wenn vollständige Unmöglichkeit eingetreten ist und bereits teilweise erfüllt worden ist, dann kann eine Rückzahlung verlangt werden. Absatz 2 beschreibt die teilweise Unmöglichkeit einer Vertragserfüllung. Bei teilweiser Unmöglichkeit kann der Vertrag gekündigt werden oder eine Minderung der Vertragserfüllung verlangt werden.

Änderung oder Kündigung von Verträgen 

Artikel 369 des Gesetzes über die Schuldverhältnisse ermöglicht es den Vertragsparteien, eine Änderung oder sogar Kündigung wegen geänderter Umstände durchzuführen. Im Absatz 1 werden auch die Merkmale, die „höhere Gewalt“ begründen können, erwähnt. Dort heißt es: „Wenn aufgrund außergewöhnlicher Umstände nach Vertragsschluss, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar waren, die Erfüllung der Verpflichtung durch eine Vertragspartei übermäßig schwierig wird oder einen übermäßig hohen Verlust verursacht, kann eine Vertragsänderung oder sogar eine Änderung erforderlich sein.“ Eine Partei kann sich aber nicht auf die geänderten Umstände berufen, wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verpflichtet war, diese Umstände zu berücksichtigen, oder sie hätte vermeiden oder überwinden können (Absatz 2). Eine Kündigung kann nicht erfolgen, wenn die andere Partei anbietet oder sich bereit erklärt, die einschlägigen Bestimmungen des Vertrages fair zu ändern (Absatz 4). Die Kündigung erfolgt durch einen Gerichtsbeschluss. Auch im Fall der möglichen Kündigung sind alle Gegebenheiten zu prüfen und immer muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine Kündigung oder Änderung die gewünschten Ergebnisse erzielen kann. 

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, wie die kroatischen Gerichte die Coronakrise einstufen und ob sie darin einen Fall von "höherer Gewalt" sehen. Wenn die Vertragsparteien eine Klausel diesbezüglich in die Verträge aufgenommen haben, müssen die Verträge gründlich geprüft werden. Es kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Viele Unternehmen haben den Wunsch geäußert, dass seitens der Behörden eine Einstufung der Coronakrise als "höhere Gewalt" erfolgt (so wie es zum Beispiel in Rumänien der Fall ist). Bis dato gibt es aber keine öffentlichen Bemühungen die in diese Richtung gehen.  

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