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Branchen | Polen | Elektromobilität

Moderne Kfz-Technologien auf der Überholspur

Polen etabliert sich als Standort für Zukunftstechnologien der Kfz-Branche. Wichtige Hersteller erweitern ihre Fahrzeugwerke oder investieren in Batteriefertigung für Elektroautos.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist die jüngste Investition des deutschen MAN-Konzerns in sein Werk in Niepołomice, östlich von Kraków (Krakau). Für insgesamt 95 Millionen Euro entstehen eine zusätzliche Produktionshalle für Fahrzeugkabinen, ein Zentrum für Lkw-Modifizierung zur Einführung technischer Innovationen und neuer Modelle sowie Logistikflächen. MAN will bei Zukunftstechnologien wie dem autonomen Fahren und emissionsfreier Antriebstechnik für Lkw nicht nachstehen und den Standort Niepolomice mit einbeziehen.

Durch die Erweiterung wird Niepołomice zur größten Fabrik der MAN-Gruppe weltweit, die künftig die gesamte Lkw-Modellpalette des Konzerns abdeckt. Bislang fertigt MAN in Niepołomice Schwerlaster über 16 Tonnen. Ab September 2022 sollen an dem Standort dann auch leichte und mittlere Lkw vom Band rollen.

MAN ist zudem an weiteren Standorten in Polen vertreten. Im Volkswagenwerk in Września bei Poznań (Posen) wird eine baugleiche Version des VW Crafter als MAN TGE produziert. Busse montiert MAN in seinem Werk in Starachowice, das auf Niederflurbusse für den Stadtverkehr und Karosserien spezialisiert ist.

Städte setzen Elektrobusse ein

Auch bei Fahrzeugen für den öffentlichen Personennahverkehr kommen verstärkt umweltfreundliche Technologien zum Einsatz. Anfang April 2021 fuhren laut der Marktforschungsfirma JMK Analizy Rynku Transportowego bereits 450 Elektrobusse in polnischen Städten. Mit 161 Elektrobussen führt Warschau mit Abstand vor Kraków (49), Jaworzno (44), Zielona Góra (Grünberg, 43), Poznań (22) und weiteren Städten.

Demnächst sollen landesweit 371 Elektrostadtbusse hinzukommen. Anfang April 2021 liefen für 266 einschlägige Fahrzeuge die Bestellungen, der Kauf von 79 war ausgeschrieben. Bei 26 Fahrzeugen sind noch Finanzierungsfragen zu klären.

Bisher wurde die Beschaffungen solcher Fahrzeuge mit Mitteln der Europäischen Union (EU) gefördert. Nun will der polnische Staat mit seinem Programm Zielony Transport Publiczny (Grüner Öffentlicher Nahverkehr) die Anschaffungen mitfinanzieren.

Bei Elektrobussen hat Polen als Produzent eine starke Stellung auch auf Auslandsmärkten. Neben MAN Bus Starachowice ((Lion´s City E) sind vor allem Solaris Bus & Coach sowie Volvo wichtige Hersteller mit Fertigung in Polen.

Mehr Elektroautos unterwegs

Bei den Pkw wächst die Zahl der Elektroautos auf Polens Straßen ebenfalls, wenngleich von niedrigem Ausgangsniveau. Ende April 2021 waren in dem Land laut der Polnischen Vereinigung für Alternative Kraftstoffe (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych; PSPA) über 23.800 E-Autos registriert. Dabei handelt es sich je etwa zur Hälfte um reine Elektrofahrzeuge (49,7 Prozent) und Pkw mit Hybridantrieb (50,3 Prozent). In den ersten vier Monaten 2021 stieg die Anzahl registrierter E-Autos um 137 Prozent gegenüber Januar bis April 2020 auf rund 5.100. Der Einzelhandelsumsatz mit Neuwagen insgesamt, Motorrädern und Kfz-Teilen stieg gleichzeitig laut dem Statistischen Hauptamt GUS real um 27,9 Prozent.

Bislang werden in Polen keine Elektro-Pkw hergestellt. Stellantis (ehemals Fiat Chrysler Automobiles; FCA) will aber 2022 in Tychy (Tichau) mit der Produktion neuer Kleinwagen mit Hybrid- und Elektroantrieb beginnen, zunächst mit einem Geländewagen, dann mit Fahrzeugen der Konzernmarken Alfa Romeo und Fiat.

Die Triggo S.A. aus Łomianki bei Warschau fertigt in dem Werk AMZ Kutno als Pilotprojekt einige Dutzend E-Kleinstwagen mit einer Mindestbreite von 86 Zentimetern. Sie können an Staus vorbeifahren und selbst bei wenig Platz in Städten geparkt werden. Gegenwärtig läuft die Erprobungsphase, 2022 soll mit der Serienproduktion begonnen werden.

Investitionen in die Batteriefertigung

Dank ausländischer Investitionen entwickelt sich Polen zu einem bedeutenden Standort für die Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge. Zu den Standortvorteilen gehören die kurzen Lieferwege bei der Bedienung des europäischen Marktes. LG Energy Solution beispielsweise erweitert seine Fabrik bei Wrocław (Breslau) für 3,2 Milliarden Euro. Mit einer Kapazität in der Größenordnung von 100 Gigawattstunden soll das Werk zur wichtigsten Produktionsstätte ihrer Art in Europa werden.

Die Batteriefabrik des Mercedes-Benz Werks Jawor (Jauer) ist seit 2020 in Betrieb und fertigt Batteriesysteme für Mercedes-Benz Plug-in-Hybride und die rein elektrischen Mercedes-EQ Modelle. Der Output dort soll perspektivisch, laut der Kommunikationsdirektorin von Mercedes-Benz Polska, Ewa Łabno-Falęcka, 100.000 Batterien jährlich übersteigen.

Die schwedische Firma Northvolt investiert 200 Millionen US-Dollar in eine Fabrik für Batterien und Energiespeichersysteme in Gdańsk (Danzig). In einer ersten Phase soll diese eine Produktionskapazität von 5 Gigawattstunden erreichen. In späteren Ausbaustufen soll das Vermögen auf 12 Gigawattstunden steigen.

Investiert wird auch in die Fertigung von Komponenten für Batterien. Dazu zählen eine Fabrik für Nickelkathoden von Johnson Matthey in Konin, eine Fabrik für Kathoden von Umicore bei Nysa (Neisse), der Ausbau einer Fabrik für Separatorfolien durch die koreanische SK IE Technology in Dąbrowa Górnicza und der von Guotai-Huarong geplante Bau einer Fabrik für Elektrolyt.

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