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Branchen | Russland | Landwirtschaft und Nahrungsmittel

Land- und Ernährungswirtschaft kämpft mit hohen Kosten

Landwirte und Produzenten von Lebensmitteln klagen über hohe Kosten für Rohstoffe. Die Ausfuhren steigen trotz Exportzöllen. Einzelne Investitionsprojekte werden aufgeschoben.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Russlands Landwirtschaft spürt die Folgen des Klimawandels wie geringere Niederschläge, längere Hitzewellen oder die Bodenerosion immer stärker. In den ersten drei Quartalen 2021 ging die Produktion im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wertmäßig um 4,3 Prozent zurück. Landwirtschaftsminister Dmitri Patruschew senkte die Prognose für die Getreideernte im Jahr 2021 von 127 Millionen auf 123 Millionen Tonnen. Daneben schmälern die bis Ende August 2022 verlängerten Exportzölle und -quoten auf Weizen, Mais oder Gerste sowie Sonnenblumenöl die Gewinne der Pflanzenanbauer.

Weizen bleibt Exportschlager Nummer eins

Ernteausfälle sowie steigende Kosten für Dünge- und Pflanzenschutzmittel verteuern die Weltmarktpreise für Agrarprodukte. Russlands Exporte wuchsen deshalb in den ersten zehn Monaten 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19 Prozent auf 27,4 Milliarden US-Dollar. Ein Drittel der Einnahmen entfällt auf Getreide. Bis 2024 sollen die Ausfuhren auf 34 Milliarden US-Dollar zulegen. Zur Steigerung der Ernteerträge sollen die Felder intensiver bewirtschaftet und durch Melioration 13 Millionen Hektar neue Anbauflächen gewonnen werden. Wachstumspotenzial bieten vor allem Mais und Soja.

Saatgut und Pflanzenschutzmittel sollen bevorzugt aus einheimischer Produktion kommen. KWS eröffnet ein neues Werk zur Herstellung von Saatgut und die Schweizer Firma Syngenta eine neue Produktion von Pflanzenschutzmitteln im Gebiet Lipezk.

Steigender Kostendruck bremst Wachstum der Milchwirtschaft

Die Produktion von Rohmilch stagniert. Von Januar bis September 2021 erzielten Milchbauern mit 24,9 Millionen Tonnen die gleiche Menge wie im Vorjahreszeitraum. Steigende Ausgaben für Futter- und Tierarzneimittel sowie Zusatzkosten für die seit 1. September 2021 verpflichtende digitale Kennzeichnung verteuern Milchprodukte.

Ekoniva, das Zugpferd der Branche, muss seine Expansionspläne vorerst auf Eis legen. Die Firmengruppe des deutschen Landwirts Stefan Dürr führt Gespräche mit ihren Kreditgebern über die weitere Finanzierung. Eine zeitweilige Beteiligung der Rosselchosbank (RSHB) an den operativen Tochtergesellschaften in Russland steht im Raum. Rumelko investiert bis 2023 rund 60 Millionen Euro in eine neue Milchfarm in der Region Altai.

Regierung fördert Ausbau der Tierzucht

Die Fleischproduktion bleibt 2021 in etwa auf dem Vorjahresniveau, schätzt das Landwirtschaftsministerium. Um die Produktion im Jahr 2022 zu steigern, lenkt die Regierung einen Teil der Einnahmen aus den Exportzöllen in die Beschaffung von Futtermitteln und den Bau neuer Viehzuchtbetriebe um. Mit der Einführung eines digitalen Zuchtsystems will die Regierung den Zuchtbestand besser erfassen und analysieren.

Die Aufsichtsbehörde Rosselchosnadsor regelt ab 2023 die staatliche Zulassung von Tierarzneimitteln nach GMP-Standards neu, um die hohe Importquote von 70 Prozent zu senken. Tierzüchter fürchten jedoch den zusätzlichen Prüfaufwand, höhere Kosten und ein Defizit an importierten Veterinärmedikamenten.

Der deutsche Fleischkonzern Tönnies zieht sich aus Russland zurück und veräußert Ende 2021 den Schweinefleischproduzenten APK Don an das thailändische Unternehmen CP Foods.

Preise und Kosten bleiben hoch

Die galoppierende Inflation sowie höhere Kosten für Lagerung, Transport und Logistik lassen die Lebensmittelpreise 2022 weiter steigen. Um die Preise zu stabilisieren, erwägt das Landwirtschaftsministerium, ab Januar 2022 die Importzölle für Schweine- und Rindfleischimporte zeitweise aufzuheben. Ab 1. März 2022 tritt das Gesetz über landwirtschaftliche Erzeugnisse mit verbesserten Eigenschaften in Kraft. Die Regierung will damit ein Marktsegment zwischen der konventionellen Landwirtschaft und dem Ökolandbau etablieren.

Ab 1. Dezember 2021 müssen Mineralwasser und ab 1. März 2022 alle abgepackten Wassersorten mit einem digitalen Datamatrix-Code versehen werden. Auch für Bier ist eine Kennzeichnungspflicht geplant. Ein entsprechendes Pilotprojekt läuft noch bis 31. August 2022. Die mit der Umrüstung der Anlagen verbundenen Zusatzkosten dürften für viele kleinere Betriebe nicht zu stemmen sein. Mit Marktaustritten ist zu rechnen.

Der deutsche Anbieter von Schnellgerichten, HelloFresh, steigt mit der Übernahme von Anteilen seines lokalen Konkurrenten Chefmarket in den russischen Markt ein. Die Molkerei Ehrmann übernimmt das Russlandgeschäft von FrieslandCampina. Das Deutsche Milchkontor (DMK) eröffnet Ende 2021 eine Käserei im Gebiet Woronesch.

Aktuelle Projekte in der russischen Land- und Ernährungswirtschaft

Projekt / Region

Investitionssumme (Mio. Euro)

Geplante Inbetriebnahme

Unternehmen

Bau eines Fleischverarbeitungs-Clusters: Schlachtung, Lagerung, Verarbeitung / Gebiet Tula

678,8

k.A.

Tscherkisowo

Bau von sechs Geflügel- und vier Schweinezuchtfarmen, eines Mischfutterwerks und eines Getreidespeichers / Gebiet Lipezk

272,7

2025

Tscherkisowo

Ausbau der Produktion von Tierfutter / Gebiet Kaluga

145,5

2023

Nestle Purina PetCare

Bau einer Ölextraktionsanlage / Gebiet Orenburg

121,2

k.A.

Aston

Bau eines Werks zur Verarbeitung von Ölsaaten / Gebiet Kursk

121,2

2022

Sodruschestwo

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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