Wirtschaftsumfeld | Thailand | Freihandelsabkommen
Thailand ist eine relativ offene Volkswirtschaft
Ausländische Exporteure treffen auf geringe protektionistische Hürden. Das Land zögert aber bei neuen Freihandelsabkommen.
21.04.2021
Von Thomas Hundt | Bangkok
Das Forschungsinstitut Heritage Foundation veröffentlicht jährlich ein Ranking der offensten Volkswirtschaften. Der Thinktank bewertet Thailand in der Kategorie Freier Handel ziemlich positiv. Der Indexwert liegt deutlich über dem Durchschnitt der Region Asien-Pazifik und ist genauso hoch wie für die USA.
Der gewichtete Durchschnittszollsatz in Thailand beträgt nach Angaben der Heritage Foundation nur 5,0 Prozent. Allerdings zählt das Forschungsinstitut 240 nichttarifäre Maßnahmen, die Importe behindern können. Der regionale Wettbewerber Vietnam kommt lediglich auf 83 - bei einem nur leicht höheren Durchschnittszollsatz von 5,5 Prozent.
Beim Ease of Doing Business Ranking der Weltbank lag Thailand 2020 in der Kategorie Abwicklung des grenzüberschreitenden Handels ebenfalls auf einem relativ guten Rang 62 von 190 Ländern und damit über dem asiatisch-pazifischen Durchschnitt. Auch Logistikfirmen melden in der Praxis keine besonderen Schwierigkeiten bei Ein- und Ausfuhren. Im Jahr 2017 trat ein neues Gesetz in Kraft, das die Zollabwicklung beschleunigte und etwas vereinfachte.
Hang zu indirekten protektionistischen Maßnahmen
Unternehmensvertreter und die europäische Handelskammer European Association for Business and Commerce (EABC) in Thailand berichten von einigen nichttarifären Hemmnissen wie zum Beispiel veraltete und komplexe Standards bei der Registrierung von Medizintechnik, Arzneimitteln oder bei Typenzulassungen von Fahrzeugen.
Der US-amerikanische Außenhandelsdienst ergänzt, dass Thailand gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (sanitary and phytosanitary measures) gelegentlich willkürlich und ohne Vorankündigung anwendet. Die Behörden verlangen beispielsweise eine Zertifizierung von 115 verschiedenen Produkten aus den Bereichen Landwirtschaft und Chemie sowie für bestimmte Baumaterialien, Elektrogeräte, Konsumgüter und medizinische Artikel. Auch die Vorschriften für Etikettierung und Kennzeichnung sind umfangreich.
Thailand ist seit 1995 Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Diese hat auf ihrer Webseite einen umfangreichen Bericht über die Handelspolitik und -praktiken veröffentlicht, die sich seit der letzten Analyse im Jahr 2016 verbessert haben. Thailand nahm im November 2020 auch erstmals an WTO-Verhandlungen über die Vereinfachung von innerstaatlichen Regelungen im Dienstleistungsbereich teil.
Thailand muss bei Freihandelsabkommen nachlegen
Das Land hat mehrere bilaterale Freihandelsabkommen (FHA) unterzeichnet und in Kraft gesetzt. Einige wichtige Abkommen hat zudem die Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Association of Southeast Asian Nations, ASEAN) verhandelt, daher profitieren neben Thailand auch seine regionalen Wettbewerber von den Handelserleichterungen.
Thailands Freihandelsabkommen
Abkommen | In Kraft seit |
---|---|
ASEAN - Hongkong, China | Juni 2019 |
ASEAN - Südkorea | Januar 2010 (Warenverkehr)/ Oktober 2010 (Handel mit Dienstleistungen) |
ASEAN - Australien - Neuseeland | Januar 2010 |
ASEAN - Indien | Januar 2010 (Warenverkehr)/ Juli 2015 (Handel mit Dienstleistungen) |
ASEAN - Japan | Dezember 2008 |
ASEAN - China | Januar 2005 (Warenverkehr)/ Juli 2007 (Handel mit Dienstleistungen) |
Thailand - Chile | November 2015 |
Thailand - Japan | November 2007 |
Thailand - Neuseeland | Juli 2005 |
Thailand - Australien | Januar 2005 |
ASEAN Free Trade Area (AFTA) | Januar 1993 |
Thailändische Exporte, die 2020 einen Vorzugszoll im Rahmen eines FHA in Anspruch nahmen, beliefen sich auf 58 Milliarden US-Dollar (US$). Davon entfielen jeweils 19 Milliarden US$ auf Lieferungen in die ASEAN-Freihandelszone sowie auf Ausfuhren nach China. Auch Importe im Wert von rund 34 Milliarden US$ waren durch FHA begünstigt. Allein von dem Abkommen der ASEAN-Länder mit dem Reich der Mitte profitierten Einfuhren im Wert von 14 Milliarden US$.
RCEP legt Fokus auf Asien
Die thailändische Regierung unterzeichnete im November 2020 die regionale Wirtschaftspartnerschaft Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), das die zehn ASEAN-Staaten sowie China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland umfassen wird. Thailand möchte es noch 2021 ratifizieren.
Hersteller von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Lebensmitteln, Kfz, Elektroprodukten und Petrochemie hoffen, dass die RCEP-Freihandelszone ihre Exportgeschäfte anschieben wird. Das Handelsministerium berichtet, dass ab 2022 mehr als 29.000 thailändische Ausfuhrwaren im Rahmen des Abkommens von Zöllen befreit sein könnten. Die Abnehmerländer innerhalb der Wirtschaftspartnerschaft werden zudem zukünftig für weitere 11.000 Artikel ihre Zölle abbauen.
Unternehmen müssen die unterschiedlichen Szenarien für die einzelnen Mitgliedsstaaten allerdings noch studieren. Das Handelsministerium hat daher ein RCEP-Informationsportal eingerichtet. Allein die Verpflichtungen Thailands zum Zollabbau umfassen 194 Seiten.
Das Handelsabkommen Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) gilt als noch tiefgreifender und umfangreicher als die RCEP. Elf Länder haben das CPTPP im März 2018 unterzeichnet. Unter anderem Singapur und Vietnam haben es 2018 bereits ratifiziert und können die Vorteile daraus ausschöpfen.
Das thailändische Handelsministerium will im Mai 2021 Vor- und Nachteile eines möglichen Beitritts zum CPTPP vorstellen. Im Vorfeld heißt es, dass die Agrarwirtschaft darauf nicht vorbereitet sei. Das CPTPP fordert unter anderem einen Beitritt zum Internationalen Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen. Die nationalen Regelungen zum Sortenschutz von Pflanzen stehen dem derzeit entgegen. Auch die Hersteller von Generika melden Bedenken gegen das CPTPP an, weil Zulassungen ihrer Nachahmerpräparate länger dauern und die Produkte für das thailändische Gesundheitswesen teurer würden.
Freihandelsabkommen mit der EU in weiter Ferne
Das südostasiatische Land verhandelt derzeit bilaterale FHA mit Pakistan, Sri Lanka und der Türkei. Großbritannien und Thailand haben im März 2021 ihre Bereitschaft zu Verhandlungen über ein Handelsabkommen signalisiert. Das Handelsministerium plant außerdem erste Gespräche mit der Eurasischen Wirtschaftsunion und eine Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA.
FHA der Europäischen Union (EU) mit Singapur und Vietnam sind schon seit 2019 beziehungsweise 2020 in Kraft. Die EU verhandelt außerdem seit 2016 mit Indonesien. Ihre Verhandlungen über ein Abkommen mit Thailand begannen 2013 und wurden 2014 wegen des Militärputsches von der EU ausgesetzt. Seit 2019 tauscht sie sich mit dem südostasiatischen Staat über eine mögliche Wiederaufnahme aus.