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Deutsche Exporte nach Asien-Pazifik wieder auf der Überholspur
Der Warenhandel mit der Region hat bereits das Vorkrisenniveau erreicht. Besonders rasch haben sich die Ausfuhren von Kraftfahrzeugen, Maschinen sowie chemischen Produkten erholt.
27.08.2021
Von Katharina Viklenko | Bonn
Die Region Asien-Pazifik hat durch die Covid-19-Pandemie für den deutschen Außenhandel weiter an Bedeutung gewonnen. Zwar sanken deutsche Ausfuhren in die Region im Coronajahr 2020 um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf fast 190 Milliarden Euro. Doch der Rückgang fiel moderat aus, verglichen mit dem Minus von 9,3 Prozent, das die deutschen Gesamtexporte im selben Zeitraum verzeichneten.
Handel mit Asien-Pazifik nimmt Fahrt auf
Im 1. Halbjahr 2021 erholte sich der Warenhandel mit Asien. Gemäß vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes lieferte Deutschland in den ersten sechs Monaten 2021 Waren im Wert von mehr als 100 Milliarden Euro in die Region – eine Steigerung von 13,3 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode und von 4,1 Prozent im Vergleich zum 1. Halbjahr 2019, vor Ausbruch der Coronapandemie. Mehr als ein Siebtel der gesamten deutschen Exporte ging in die Region. Damit blieb das Wachstum zwar unter der Zunahme der weltweiten Ausfuhren Deutschlands, doch nach Regionen betrachtet schnitt Asien-Pazifik besser ab als etwa Afrika, Nahost sowie GUS/Südosteuropa. Höher lag die Zunahme nur bei Exporten in die EU und Amerika.
Deutsche Exporte nach Regionen (in Milliarden Euro; Veränderung gegenüber dem Vorjahreszeitraum und Anteile in Prozent)
Region1 | 1. Halbjahr 2020 | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung | Anteil2 |
---|---|---|---|---|
Weltweit | 576,7 | 673,1 | 16,7 | 100,0 |
EU (27) | 304,0 | 366,6 | 20,6 | 63,6 |
Asien-Pazifik | 90,4 | 102,4 | 13,3 | 15,2 |
Amerika (einschl. Karibik) | 67,1 | 80,1 | 19,5 | 11,9 |
GUS/Südosteuropa | 27,8 | 31,4 | 12,9 | 4,7 |
Afrika/Nahost | 22,0 | 24,0 | 9,0 | 3,6 |
Afrika (54) | 10,0 | 11,1 | 10,7 | 1,6 |
Nahost | 12,0 | 12,9 | 7,6 | 1,9 |
Vor allem die Exportzuwächse nach Indien (23,4 Prozent), China (19 Prozent), Australien (20 Prozent) und in die südostasiatische Staatengemeinschaft ASEAN (8,7 Prozent) trugen zu diesem Ergebnis bei. China war bereits 2020 im Zuge der Coronakrise zum zweitwichtigsten Abnehmer deutscher Waren aufgestiegen. Bei den ASEAN-Staaten verzeichnete Vietnam zwischen Januar und Juni 2021 ein Wachstum von rund 36 Prozent. Der Export von 1,9 Milliarden Euro ist sogar ein neuer Rekord für ein 1. Halbjahr. Treiber der Entwicklung ist die Ausfuhr von Flugzeugen und zugehöriger Ausrüstung, auf die fast 20 Prozent der Exporte nach Vietnam entfielen. Die stark gestiegenen Warenlieferungen nach Vietnam, Thailand (18,9 Prozent), Kambodscha (13,8 Prozent) und Singapur (8,5 Prozent) konnten die Rückgänge der Ausfuhren nach Laos (-43,9 Prozent), Myanmar (-33,8 Prozent), Brunei (-31,2 Prozent), in die Philippinen (-14,1 Prozent) sowie nach Indonesien (-6,4 Prozent) mehr als kompensieren.
Bild vergrößernSüdkorea wurde 2020 zum zweitwichtigsten Abnehmer
Mehr als die Hälfte der deutschen Lieferungen nach Asien-Pazifik gingen im 1. Halbjahr 2021 nach China. Südkorea kaufte 2020 zum zweiten Mal mehr Waren aus Deutschland als Japan und stieg damit zum zweitgrößten Abnehmer deutscher Produkte im Großraum Asien auf. Auch in den ersten sechs Monaten 2021 lag Südkorea vor dem wirtschaftlich deutlich größeren Nachbarn Japan, auf den anteilig 8,6 Prozent der Lieferungen entfielen. Auf den weiteren Rängen folgten Indien, Australien und Taiwan. Vier Fünftel und damit den Großteil aller ausgeführten Waren lieferte Deutschland nach Ostasien.
Bild vergrößernNahezu alle wichtigen Exportbranchen im Plus
Die Coronakrise hat deutschen Exporteuren stark zugesetzt, wobei 2020 lediglich die Ausfuhren von Elektrotechnik in die Region noch ein leichtes Wachstum erzielten und die Lieferungen von Elektronik auf gleichem Niveau verhallten. Nach Rückgängen im Vorjahr legten im 1. Halbjahr 2021 insbesondere deutsche Exporte von Luftfahrzeugen, Kfz, chemischen Erzeugnissen, Arzneimitteln sowie Mess- und Regeltechnik zu. Nur bei Nahrungs- und Genussmitteln fuhren deutsche Anbieter ein Minus von rund einem Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein.
Branchenstruktur der deutschen Ausfuhren nach Asien-Pazifik (in Milliarden Euro; Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in Prozent) *)
Warenkategorie | SITC-Position | 2020 | Veränd. | 1. Halbjahr 2021 | Veränd. |
---|---|---|---|---|---|
Gesamt | 0 bis 9 | 189,4 | -5,3 | 102,4 | 13,3 |
Kfz und -Teile | 78 | 40,5 | -4,8 | 23,1 | 24,9 |
Maschinen | 71 bis 74 | 39,6 | -7,8 | 20,5 | 9,1 |
Chemische Erzeugnisse, davon | 5 | 27,6 | -5,4 | 16,1 | 11,0 |
Arzneimittel | 54 | 10,7 | -2,0 | 5,8 | 12,6 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 19,0 | 1,6 | 10,1 | 9,0 |
Mess- und Regeltechnik | 87 | 13,1 | -2,2 | 6,9 | 11,2 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 11,3 | 0,0 | 6,0 | 5,2 |
Luftfahrzeuge | 792 | 7,0 | -34,4 | 4,1 | 101,7 |
Nahrungs- und Genussmittel | 0, 1 | 4,5 | -12,8 | 1,9 | -30,1 |
Kfz-Industrie legt kräftig zu
In der Kfz-Industrie nahmen die Ausfuhren in alle wichtigen Handelsregionen in Asien-Pazifik zu, wobei die Gesamtexporte im 1. Halbjahr 2021 um ein Viertel gegenüber dem Vorjahreszeitraum zulegten. Besonders stark stiegen die Kfz-Lieferungen nach Hongkong (64,5 Prozent), in die ASEAN (36,2 Prozent), nach Australien (33,2 Prozent) und China (29,6 Prozent). Den deutschen Ausfuhren nach Südkorea verhalf der deutlich gestiegene Absatz von Autos schon 2020 trotz Pandemie zum Wachstum.
Im Maschinenbau stiegen die Lieferungen in den zweitgrößten Absatzmarkt China um einen zweistelligen Prozentsatz. Noch stärker legten die Exporte nach Taiwan, Australien und Indien zu. Gleichzeitig gab es Rückgänge im zweistelligen Bereich bei den deutschen Ausfuhren in die Philippinen, nach Hongkong sowie Japan.
Deutsche Hauptexportprodukte im 1. Halbjahr 2021 nach Ländern *
Luftfahrzeuge sowie Mess- und Regeltechnik mit hohem Wachstum
Eine explosionsartige Steigerung erlebten Luftfahrzeuge. Während Ausfuhren nach Thailand, Vietnam, Singapur, und China im hohen dreistelligen Prozentsatz zulegten, verbuchte Japan sogar ein vierstelliges Wachstum. Die Exporte von Luftfahrzeugen sind allerdings sehr volatil, sodass Steigerungsraten bei einzelnen größeren Bestellungen stark nach oben ausschlagen. Bei Mess- und Regeltechnik wuchsen Indien, Thailand, Taiwan und China überproportional.
Corona und Containerstaus sorgen für Unsicherheit
Auch als Beschaffungsmarkt ist Asien-Pazifik für Deutschland von großer Bedeutung, auf die Region entfallen gut ein Fünftel der Gesamtimporte. Sorgen bereiten deshalb aus aktuellem Anlass Engpässe im Seehandel durch die Schließung von Häfen infolge einzelner Covid-19-Infektionen in China. Lange Wartezeiten bei der Abfertigung und Verspätungen bei Lieferungen sind die Folge. Zwar hat der Terminal am Hafen Ningbo-Zhoushan, dem drittgrößten Frachthafen der Welt, wieder den Betrieb aufgenommen. Doch die Null-Toleranz-Politik der chinesischen Regierung gegenüber Covid-19 könnte Importeure künftig vor erneute Herausforderungen stellen.
Für deutsche Einfuhren aus Asien zeichnet sich daher eine Seitwärtsbewegung ab. Im kommenden Weihnachtsgeschäft droht sich die Krise mit fehlenden Produkten und höheren Preisen bemerkbar zu machen. Covid-19 sorgt in den ASEAN-Staaten gleichermaßen für Unsicherheit. Während beispielsweise Vietnam lange Zeit gut durch die Pandemie gekommen war, erschüttert die vierte Infektionswelle jüngst das Land.
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