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Special | Vietnam | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Investitionen: Klimaschutz soll das Wachstum nicht ausbremsen

Industriestaaten haben Vietnam viel Geld in Aussicht gestellt. Wichtiger noch sind inländische Finanzquellen. Sie müssen noch stärker entwickelt werden.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Der Investitionsbedarf für die Anpassung an den Klimawandel und Erreichung der Klimaziele ist in Vietnam höchst ungewiss. Dies zum Teil auch, weil die Regierung weiter damit befasst ist, sektorspezifische Strategien und Pläne an das übergreifende Ziel der Klimaneutralität anzugleichen. Weltbank und Regierung haben aber erste Schätzungen zum Finanzbedarf erstellt. 

Die Weltbank veröffentlichte im Juli 2022 den Country Climate and Development Report for Vietnam. In der Studie wird der jährliche Finanzbedarf für Anpassungsmaßnahmen bis 2050 grob auf 6,3 bis 7,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt. Enthalten sind Resilienzmaßnahmen für private Vermögenswerte (3 Prozent des BIP im Jahr) sowie für die öffentliche Infrastruktur (3,0 bis 3,5 Prozent des BIP). Hinzu kommen Finanzhilfen für betroffene Personen und Unternehmen (0,3 bis 0,7 Prozent des BIP). Bei derzeitigen Ausgaben in Höhe von 1,8 Prozent des BIP für Anpassungsmaßnahmen besteht laut Weltbank von 2022 bis 2050 pro Jahr ein zusätzlicher Finanzbedarf von 4,5 bis 5,4 Prozent des BIP beziehungsweise etwa 342 bis 411 Milliarden US-Dollar (US$). Bis 2040 seien es etwa 254 Milliarden US$.

Die Zahlen der Weltbank sind zwar nur eine grobe Schätzung. Fest steht aber, dass der Anpassungsbedarf enorm ist. Die größten Bevölkerungszentren, die wichtigsten Exportsektoren Landwirtschaft und Industrie sowie die meisten Hotels sind stark von Überschwemmungen bedroht. Vietnam hofft hier auf internationale Hilfe und zahlreiche Länder finanzieren bereits Resilienzprojekte wie etwa im Mekong-Delta.

Klimaneutralität nur mit internationaler Hilfe

Auch bei den Investitionen zur Dekarbonisierung setzt Vietnam explizit auf finanzielle und technologische Unterstützung aus dem Ausland und hat das Ziel Klimaneutralität sowie die Ziele der Just Energy Transition Partnership (JETP)-Vereinbarung davon abhängig gemacht. Für die vietnamesische Regierung ist wichtig, dass die Kosten des Klimawandels die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nicht behindern.  

Vietnam hat etwa zeitgleich mit dem Bekenntnis zur Klimaneutralität bis 2050 für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes das Ziel vorgegeben, bis 2045 zum Industrieland aufzusteigen. Dafür muss die Wirtschaft nach Weltbankschätzung im Durchschnitt um 6,7 Prozent pro Jahr wachsen.

Industriestaaten sollen helfen, durch Technologietransfers Lieferketten für nachhaltige Technologien im Lande zu etablieren und so Vietnam zu einem Green Hub für die Region zu machen. Die Regierung hatte im Oktober 2021 eine National Green Growth Strategy verabschiedet, die auf Schätzungen des Beratungsunternehmen Boston Consulting beruht, aber nicht mehr mit den aktuellen Klimazielen des Landes übereinstimmt. Nachhaltige Wirtschaftssektoren (green economy) könnten demnach mit staatlicher Unterstützung und den richtigen Rahmenbedingungen bis 2050 auf 300 Milliarden US$ anwachsen (2020: 6,7 Milliarden US$). Die Regierung ist derzeit dabei, die Strategie zu aktualisieren.

Kosten und Wachstumseinbußen durch Klimaschutzmaßnahmen (aber nicht Anpassungsmaßnahmen) können laut Weltbank durch Reformen fast vollständig ausgeglichen werden. Sie schätzt den Investitionsbedarf, um 2050 Klimaneutralität zu erreichen, bis 2040 auf 81,3 Milliarden US$. Den Rückgang der Wirtschaftsleistung schätzt die Weltbank auf 53,7 Milliarden US$. Mit Reformen könne die Wirtschaftsleistung aber durch mehr Arbeitsproduktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Energieeffizienz im Gegenteil um 80,1 Milliarden US$ gesteigert werden. Damit verbliebe nur ein Verlust von 1,3 Milliarden US$ gegenüber 135 Milliarden US$ ohne Reformen.

Für ihre im Oktober 2022 selbstgesteckten Reduktionsziele (Nationally determined contribution, NDC) bis 2030 hat die vietnamesische Regierung einen Finanzbedarf von 86,8 Milliarden US$ veranschlagt. Der Löwenanteil entfällt auf den Energiesektor.

Finanzbedarf für Klimaziele bis 2030 (in Milliarden US-Dollar)

Sektor/Szenario

CO2-Reduktion (in Mio. t CO2 Äquivalente)

Mrd. US$

Energie

227,0

60,6

Landwirtschaft

50,9

16,1

Landnutzung (LULUCF)

46,6

5,5

Abfallwirtschaft

29,4

2,7

Industrieprozesse

49,8

2,0

Gesamt*)

403,7

86,8

* Abweichung durch RundungQuelle: Vietnam NDC Update 2022

Für die Finanzierung dürften private und öffentliche Mittel aus dem Inland die Hauptrolle spielen. Hinzu kommen externe Zuwendungen durch Geberorganisationen sowie über Auslandsinvestitionen und -überweisungen der Diaspora (2022: 5,5 Prozent des BIP). Die Studie der Weltbank verteilt den Finanzbedarf für Anpassung und Dekarbonisierung bis 2040 von 368 Milliarden US$ zu 50 Prozent auf private und zu 35 Prozent auf staatliche Mittel aus dem Inland. Nur 15 Prozent sollen aus dem Ausland kommen.

Grüne Finanzierungen müssen sich noch entwickeln

Geberorganisationen mahnen zur Mobilisierung inländischer Mittel eine stärkere Entwicklung grüner Finanzierungen über Sekundärmärkte (zum Beispiel grüne Anleihen) an. Grüne Finanzierungen machten 2020 nur etwa 0,2 Prozent des BIP aus. Der Staat wird über den Emissionshandel, der 2028 beginnen soll, Anreize setzen und Mittel generieren.

Hinzu kommen externe Mittel. Eine Reihe von Industriestaaten, darunter Deutschland, haben Vietnam im Dezember 2022 im Rahmen der Just Energy Transition Partnership (JETP) 15,5 Milliarden US$ an Finanzmitteln zugesagt. Die Hälfte soll jeweils von Staaten als Zuschüsse und Kredite zur Verfügung gestellt werden und die Hälfte als private Kredite. Derzeit werden die Modalitäten definiert. Vietnam soll bis November 2023 in einem Resource Mobilisation Plan (RMP) den gesamten Finanzbedarf des Landes für die Energiewende darlegen. 

Die EU, speziell auf deutscher Seite die KfW Bankengruppe, die Weltbank, japanische und koreanische Entwicklungsbanken sowie die Asian Development Bank (ADB) sind bereits im Klimaschutz in Vietnam stark engagiert. Deutschland stellt aktuell für laufende Programme unterschiedlicher Laufzeit Finanzhilfen und Entwicklungsgelder in Höhe von gut 1 Milliarde Euro zur Verfügung. Informationen und Ausschreibungsunterlagen zu von Weltbank, ADB und KfW geförderten Vorhaben sind in der GTAI-Datenbank Projekte und Ausschreibungen abrufbar. Auch fördert Deutschland im Rahmen des develoPPP-Programms das direkte Engagement deutscher Unternehmen mit Entwicklungs- und Klimaschutzbezug.

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