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Special | Australien | Smart Farming

Agrarwirtschaft: Landwirte setzen auf Hochtechnolgie

Die australischen Bauern kassieren fast keine Agrarsubventionen und müssen schwierige klimatische Bedingungen meistern. Dies fördert die Offenheit für moderne Technologien.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Die Landwirtschaft ist ein wichtiges Rückgrat der australischen Wirtschaft. So leistet der Sektor mit etwa 12 Prozent den zweithöchsten Beitrag zu den Warenausfuhren des Landes (nach der Rohstoffindustrie mit 64 Prozent). Rund 70 Prozent der landwirtschaftlichen Erzeugnisse Australiens werden exportiert, davon wiederum rund zwei Drittel in asiatische Märkte. China ist mit etwa 25 Prozent der Hauptabnehmer.

Rund 47 Prozent der Landesoberfläche oder etwa 363 Millionen Hektar werden aktiv landwirtschaftlich genutzt. Weidewirtschaft macht mit 91 Prozent (332 Millionen Hektar) den mit Abstand größten Anteil aus. Die Rinderzucht konzentriert sich auf die nördlichen Landesteile und östlichen Küstenregionen. Im trockenen Landesinnern ist die Schafzucht vorherrschend.

Bei der Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe zeichnet sich eine Konsolidierung ab. Im Jahr 2019 gab es rund 89.400 Farmen im Land. Im Jahr 2000 waren es noch etwa 140.000 Agrarbetriebe gewesen. Viele kommerzielle Farmer verfolgen eine Expansionsstrategie und kaufen benachbarte Landflächen auf.

Eckdaten zur Landwirtschaft und Infrastruktur in Australien

2019

Einwohner (in Millionen)

25,7

Ackerfläche (in Millionen Hektar)

31

Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent)

2,2

IMD Digital Competitiveness Ranking

14

Quelle: Australian Bureau of Statistics (ABS); Department of Agriculture, Water and Environment (ABARES); UN Comtrade

Rahmenbedingungen erfordern Innovationsgeist

Australische Farmer gehören zu den innovativsten weltweit. Sie müssen sehr schwierige natürliche Bedingungen meistern. Australien ist durch ein sehr variables Klima geprägt. Durch häufige Dürren und Überschwemmungen schwanken die Niederschlagsmengen stark.

Gleichzeitig müssen die Landwirte weitgehend ohne staatliche Zuschüsse und Subventionen auskommen. Direkte Maßnahmen der Regierung beschränken sich im Allgemeinen auf Nothilfen in Krisenzeiten (Dürre, Flut, Buschfeuer). Da der Export die Haupteinnahmequelle ist, können sich die Betriebe nur durch eine hohe Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz auf dem Weltmarkt behaupten.

"Insbesondere im großflächigen Feldanbau sowie beim Obst- und Gemüseanbau der Großbetriebe sind Smart Farming-Anwendungen bereits weit verbreitet", sagt Michael Macolino, AgTech Experte BDO in Adelaide. Technologien wie selbstfahrende Traktoren sowie Drohnen, Satellitenbilder und Sensoren zur Überwachung von Einflussfaktoren wie Bodenfeuchtigkeit, Pflanzenwachstum, Weidequalität und Lokalisierung von Nutztieren sind in den großen Agrarbetrieben fest etabliert.

"Noch deutlich geringer ist die Anwendungsbereitsschaft bei den kleinen Familienbetrieben, so Macolino. "Diese vertrauen in der Regel nur auf Technik, deren Nutzen und Praktikabilität unter den lokalen Bedingungen bewiesen ist." Zur Erschließung dieses Marktsegments könnten Technologieanbieter deshalb mit verschiedenen Demonstrationsprojekten für Smart Farming kooperieren. So betreibt der Bundesstaat South Australia beispielsweise fünf Demonstrationsfarmen für innovative Agrartechnik. Das UNE Smart Farms Projekt der University of New England in New South Wales umfasst sogar acht Farmen.

Eine Vorreiterrolle bei Smart Farming nimmt der Bewässerungssektor ein. Aufgrund des trockenen Klimas ist Frischwasser in ganz Australien eine sehr kostbare Ressource. Wasserkontingente werden in Australien ähnlich wie bei Börsengeschäften frei gehandelt. Dafür gibt es mehre lokale Water Markets. Da Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, sind die Kontingente sehr teuer. Deshalb sind intelligente Bewässerungssysteme weit verbreitet. Ein Beispiel ist die Baumwollindustrie, welche mit modernen Methoden ihre Wasserproduktivität seit 1992 um 48 Prozent steigern konnte.

Erste Farmroboter sind bereits im Einsatz

Eine steigende Nachfrage ist im Bereich Robotik und Automatisierung zu erwarten. Treibende Kraft sind dabei die hohen Löhne und der Mangel an Arbeitskräften. Nach Zahlen der OECD hat Australien im weltweiten Vergleich den zweithöchsten Mindestlohn hinter Luxemburg. Insgesamt tragen die Löhne rund 30 Prozent zur Kostenstruktur der Farmer bei.

Zugleich mangelt es insbesondere im Obst- und Gemüseanbau zur Erntezeit häufig an saisonalen Arbeitern. Bislang halfen Saisonarbeiter von den Südseeinseln und internationale Rucksacktouristen, den Bedarf zu decken. Letztere erhalten Visaverlängerungen, wenn sie sich zur Farmarbeit verpflichten. Aufgrund der Coronapandemie fällt dieser Arbeitskräftepool aber weitgehend aus. Einige Farmer berichten von hohen finanziellen Einbußen, weil die Ernte nicht eingefahren werden kann.

In den Olivenhainen des bekannten Produzenten Cobram Estates erfolgt die Ernte bereits voll automatisiert mit Erntemaschinen des spanischen Unternehmens Maqtec. Auch eine Reihe von lokalen Unternehmen wie Ripe Robotics arbeiten an der Automatisierung des Ernteprozesses, beispielsweise für Äpfel oder Orangen. Erste Tests mit Ernterobotern finden in den Plantagen von Turnbull Brothers und HV McNab & Sons in Victoria statt.

Nach Einschätzung des Marktexperten Michael Macolino dürfte es zwar noch einige Jahren dauern, bis Erntehelfer großflächig durch Roboter ersetzt werden. "Mittelfristig bestehen aber gute Chancen für ergänzende Automatisierungslösungen, zum Beispiel zur Sortierung und Abtransport von Früchten", so Macolino.

Bei einigen Agrarunternehmen wie Viridis Ag oder Treasury Wine Estates kommen vollautonome Farmroboter bereits zum Einsatz. Viridis Ag verfügt über eine Agrarfläche von etwa 110.000 Hektar und nutzt Feldroboter des Unternehmens Swarm Farms Robotics zur Unkrautbekämpfung, wobei einzelne Schädlingspflanzen gezielt besprüht und so Herbizide eingespart werden können.

Netzinfrastruktur wurde deutlich ausgebaut

Der Mobilfunkanbieter Telstra verfügt bereits über ein großflächiges Narrow Broadband Internet-of-Things Netzwerk (NB-IoT), welches Smart Farming-Anwendungen ermöglicht. Insbesondere auf den abgelegenen Outback-Farmen ist der Zugang zum Internet aber weiterhin eine Herausforderung. Durch den Bau des National Broadband Network gibt es mittlerweile auf Satelliten gestützte Angebote wie Skymesh. Um die gesamte Farm abzudecken, bleibt großen Betrieben teilweise aber nur der Aufbau eigener Wide Area Wi-Fi Netze.

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