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Special | Nigeria | Smart Farming

Agrarwirtschaft: Sektor bleibt hinter Potenzial zurück

Bemühungen zur Förderung der Landwirtschaft tragen erste Früchte. Von den selbst gesteckten Zielen ist Nigeria allerdings noch weit entfernt.

Von Corinna Päffgen | Accra

Der Agrarsektor in Nigeria trägt etwa 20 bis 25 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und beschäftigt etwa 35 Prozent der Erwerbstätigen. Mehr als 80 Prozent der Landwirte sind Kleinbauern und betreiben Subsistenzwirtschaft. Großbetriebe und kommerzielle Verarbeiter gibt es wenig, genaue Daten dazu sind nicht verfügbar. Nur rund 11 Prozent sind in der Viehwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft tätig. Obwohl Nigeria über rund 69 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche besitzt, ist nur etwa die Hälfte davon kultiviert.

Lokale Nachfrage kann nicht bedient werden

Nigeria kann sich nicht selbst versorgen, sondern ist in hohem Maße vom Import von Lebensmitteln mit einem jährlichen Volumen von etwa 4 Milliarden US-Dollar (US$) abhängig. Viele Grundnahrungsmittel wie Weizen, Zucker, Milch und Fisch müssen eingeführt werden. Obwohl Nigeria der größte Reisproduzent in Afrika ist, kann die lokale Nachfrage nicht aus der eigenen Produktion bedient werden.

Mit einer Reihe von Instrumenten versucht Nigeria seit mehreren Jahren die lokale Produktion anzukurbeln. Dazu gehören neben einer Reihe von Programmen wie dem von der Weltbank unterstützten Agro-Processing, Agricultural Productivity Enhancement and Livelihood Improvement Support (APPEALS) und Staple Crop Processing Zones (SCPZ) auch zahlreiche Importverbote bestimmter Güter. Die nigerianische Zentralbank hat in den letzten fünf Jahren für insgesamt 43 Produktkategorien Import- und Devisenbeschränkungen festgelegt. Begründung ist der Schutz des Marktes vor einer Überschwemmung mit billigen und minderwertigen Lebensmittelimporten sowie der Schutz der knappen Devisenreserven. 

Ziel der Maßnahmen ist es, die Importe schrittweise mit lokal hergestellten Erzeugnissen zu ersetzen und Nigeria zum Nettoexporteur von Erzeugnissen wie Reis, Pflanzenöl sowie Kassava (Maniok) zu wandeln. Dabei haben insbesondere Kassava und Palmöl Exportwachstumspotenzial.

Die wichtigsten agrarischen Exportgüter sind zurzeit Sesam, Cashewnüsse, Kakao und Baumwolle. Im Jahr 2019 hat Nigeria für rund 530 Millionen US$ Nahrungsmittel exportiert. Die Bemühungen der Regierung scheinen sich bereits auszuzahlen: Die privaten Investitionen in den Agrarsektor, wie in den Anbau von Reis, Zuckerrohr, Kassava und Tomaten sowie in den Aufbau von Geflügelfarmen, steigen zunehmend. Auch die Nahrungsmittelexporte nehmen seit ein paar Jahren tendenziell zu.

Eckdaten zur Landwirtschaft und Infrastruktur in Nigeria

2020

Einwohner (in Millionen)

206,1

landwirtschaftliche Nutzfläche (in 1.000 ha) 1)

69.123

Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent) 2)

21,9

UNCTAD Readiness for Frontier Technologies Ranking (von 158)

124

1) 2018; 2) 2019Quelle: UNFPA; FAO; Worldbank, UNCTAD Technology and Innovation Report 2021

Smart Farming noch wenig verbreitet

Die Akzeptanz digitaler Lösungen in der Landwirtschaft hat in den letzten Jahren zugenommen. Die meisten Landwirte nutzen diese allerdings noch nicht, sodass der Markt für entsprechende Angebote bisher ein Nischenmarkt ist.

Bislang gibt es vor allem Lösungen wie digitale Finanzprodukte und Geldtransfersysteme, Beratungs- und Marktverknüpfungslösungen und Anwendungen im Bereich Präzisionslandwirtschaft, die als App verfügbar sind und die die Bauern mit ihren Mobiltelefonen nutzen können. Dies liegt in erster Linie an der hohen Mobilfunkdurchdringung: im Jahr 2019 gab es nach Angaben der Nigeria Communication Commission (ICC) 184 Millionen Mobilfunkanschlüsse, was einer Telekommunikationsdichte von 96 Prozent entspricht.

Die Nutzung von Technologien wie Internet-of-Things und Blockchain ist bislang nur sehr vereinzelt verbreitet und noch in einem frühen Stadium. Diese Technologien sind für die meisten lokalen Nutzer oftmals noch zu hoch entwickelt und teuer und nicht an die lokalen Gegebenheiten angepasst.  

An Bedeutung gewinnt zunehmend Hydroponik, insbesondere aufgrund der knappen Landressourcen in städtischen Zentren wie Lagos, Ogun und Abuja. Dabei wird vor allem Gemüse wie Tomaten, Salat und Kohl für den lokalen Markt angebaut. Diese Anbaumethode gilt als besonders klimafreundlich und nachhaltig.

Mangelnde Infrastruktur ist größter Hemmschuh

Die Landwirtschaft hat mit einer Reihe von Herausforderungen zu kämpfen. Größtes Hindernis ist die in vor allem ländlichen Gegenden mangelnde Infrastruktur - sowohl die (analoge) Transportinfrastruktur als auch die IT-Infrastruktur.

Ländliche Gegenden sind oft schlecht an das Mobilfunknetz und Internet angeschlossen - oder aber die Internetverbindung ist unzureichend. Zudem ist der digitale Reifegrad oft unterentwickelt, das heißt erforderliches Know-how für den Umgang digitaler Anwendungen ist vor allem bei Kleinbauern nur wenig vorhanden. Zudem erfordern manche Technologien wie beispielsweise Drohnen bestimmte Investitionen und Fachwissen, was für viele kleine und mittelständische Landwirte die Erschwinglichkeit schwierig macht.

Pilotprojekt erfolgreich angelaufen

Die NITDA hat im vergangenen Jahr das "National Adopted Village for Smart Agriculture Program" ins Leben gerufen. Das Programm, das in drei Bundesstaaten durchgeführt wird, ist vorrangig für junge Kleinbauern konzipiert, die zu digitalen Agripreneuren ausgebildet werden sollen. Neben der Vermittlung entsprechenden Wissens zum Aufbau digitaler Kompetenzen sowie zur Führung eines Betriebes gehört die Bereitstellung von Geräten wie Tablets und eine Unterstützung zur Saatgutfinanzierung. Nach Angaben der NITDA haben bereits über 500 Kleinbauern an dem Programm teilgenommen, was zu der Schaffung von mehr als 1.500 Arbeitsplätzen führte.

Ausgewählte Projekte in Nigeria

Projekt

Investition (in US$)

Stand

Projektträger

Smart Farming Innovations for Small-Scale Producers

1,75 Mio.

Ausschreibung abgeschlossen

Bill und Melinda Gates Stiftung

www.gatesfoundation.org

Blockchain-basierte Rohstoffhandels- und Finanzierungsplattform für Agrarunternehmen

50 Mio.

In Umsetzung

Gemeinschaftsprojekt von AFEX Nigeria und Sterling Bank sowie Binkabi

National Adopted Village for Smart Agriculture Program

k.A.

In Kraft

National Information Technology Development Agency (NITDA)

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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