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Special | Kanada | Smart Farming

Agrarwirtschaft: Wachstum hängt an Innovationsbereitschaft

Kanadas Agrarsektor gehört zu den wichtigsten Wirtschaftsbereichen des Landes. Jeder achte Beschäftigte arbeitet in dem Sektor. Investitionen in Digitalisierung sind ausbaufähig.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Die Landwirtschaft und die Lebensmittelverarbeitung haben mit jeweils fast 2 Prozent Wertschöpfung entscheidende Anteile am Bruttoinlandsprodukt. In der profitablen kanadischen Landwirtschaft stiegen die Umsätze der Betriebe nach Angaben des Agrarministeriums in der vergangenen Dekade um über 4 Prozent pro Jahr. Das höchste Wachstum entfiel dabei auf Getreide und Ölsaaten.

Digitalisierung kann agrarisches Potenzial deutlich anheben

Besonders stark stiegen die Umsätze kanadischer Landwirte im Coronajahr 2020. In den ersten drei Quartalen verzeichneten Betriebe mit 8,5 Prozent zum Vorjahr deutlich höhere Einnahmen, vor allem bei bestimmten Getreidesorten (Hafer, Gerste) und Ölsaaten (Raps). Neben sehr guten Erntebedingungen 2020 konnten die Landwirtschaftsbetriebe freie Kapazitäten im Gütertransport auf der Schiene durch die 2020 rapide gesunkene Nachfrage nach Erdölprodukten ausnutzen. Getreide, Ölsaaten und Düngemittel wie Kalisalz ersetzten in den Güterwaggons Erdöl und Treibstoffe für den Verkehrssektor.

Wachstumsaussichten abhängig von Einführung neuer Technologien

Die Anwendung moderner digitaler Technologien in der kanadischen Landwirtschaft ist uneinheitlich. Dennoch sind nach einer Studie der Royal Bank of Canada (RBC) zum digitalen Fortschritt kanadischer Farmbetriebe ein paar Trends erkennbar. Je größer die Farm, desto höher die Einführungsquote fortgeschrittener Farm-Management Technik und Prozesse. Bei Betrieben mit einem Umsatz jenseits von 800.000 US$ liegt die Quote bei 95 Prozent, bei Betrieben mit Umsätzen unter 80.000 US$ liegt sie bei 60 Prozent, so der RBC Report. 

Die RBC Studie kommt zu dem Schluss, dass stärkere Anwendung von Smart Farming die aktuell sinkende Produktivität in der Landwirtschaft umkehren und das Wachstumspotenzial des Sektors bis 2030 deutlich steigern würde. Der Report stellt gleichzeitig fest, dass Kanada im Vergleich zu Wettbewerbern im globalen Markt weniger in Agrartechnik investiert. Zwar liege Kanada an fünfter Stelle bei den globalen Agrartechnikinvestitionen, jedoch hinter Ländern wie Brasilien und Indien. Weiter verließen sich kanadische Landwirtschaftsbetriebe stark auf die staatliche Förderung für neue Technologien und Prozesse und auch im Bereich von Forschung und Entwicklung fließe aktuell zu wenig Kapital aus der Privatwirtschaft, so RBC. 

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Ein Grund für die niedrigen Investitionen in Kanadas Landwirtschaftsunternehmen seien hohe Betriebs- und Instandhaltungskosten, so die Studie. Danach fressen laufende Kosten auf Kanadas Farmen etwa 83 Prozent des Umsatzes und bremsen Investitionen in neue Technologien oder Wissensaufbau. Auch die Quote für landwirtschaftliche Betriebe an der nationalen gewerblichen Kreditvergabe (1,9 Prozent) liegt einen Prozentpunkt unter dem globalen Durchschnitt.

Digitale Verfahrenstechniken bei vielen Großbetrieben die Norm 

In den Prairieprovinzen verwenden 90 Prozent der Nutzpflanzenproduzenten GPS, um ihre Maschinen zu führen oder ihre Bewegungen zu verfolgen, 52 Prozent nutzen Geoinformationssysteme. Je jünger die Landwirte desto wahrscheinlicher ist zudem, dass sie fortgeschrittene Technologien nutzen.

Precision Farming und starker Einsatz von Maschinen finden bei vielen Getreideproduzenten im Westen Kanadas breite Anwendung, dagegen halten die meisten Obst- und Gemüsebauern weiter fest an menschlicher Arbeitskraft.

Als die zwei größten Hindernisse für die Einführung von Precision Farming Technologie nannten Landwirte in einer Umfrage der Guelph Universität im Sommer 2019:

  1. der Druck auf Farmeinkommen verhindere (trotz Interesse an der Technologie) die Einführung von Precision Farming (Prairieprovinzen: 72 Prozent; Ontario: 53 Prozent)
  2. die Kosten für Precision Farming seien höher als der Nutzen der Technologie (Prairieprovinzen: 42 Prozent; Ontario: 44 Prozent)
Ausgewählte Projekte in Kanada

Projekt

Investition (in Mio. US$)

Stand

Projektträger 

Global Centre for Regenerative Agriculture 

578,4

Projektvorschlag 

Terramera

Area XO - Ottawa Smart Farm 

ca. 47,5 

laufend

Invest in Ottawa, Stadt von Ottawa, Privatinvestoren

Olds College Smart Farm 

k.A.

19 laufende Projekte

Olds College 

Smart Agriculture Program 

k.A

Angebotsanfrage

CENGN

autonomer Unkrautbekämpfungsroboter

ca. 1,6 

Testphase, kommerzielle Veröffentlichung im Jahr 2021

Nexus Robotics 

Jahresdurchschnitt 2021: 1 US$ = 1,262 kan$ Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest

Außenhandel gehört zu Prioritäten

Kanada ist ein Nettoexporteur von Agrarprodukten. Ausfuhren von Landwirtschafts- und Fischereierzeugnissen im Wert von 33 Milliarden US-Dollar (US$) standen 2020 Einfuhren im Wert von etwa 16 Milliarden US$ gegenüber. Die Konjunktur in der kanadischen Agrarwirtschaft hängt stark vom Export ab. Das gilt für die Prärieprovinzen Saskatchewan, Manitoba und Alberta mehr als für andere Provinzen des Landes. Kanada ist eine feste Größe in den globalen Top 10 bei Ex- und Importen von landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln. Mit Abstand der wichtigste Partner ist die USA, auf die etwa 50 Prozent aller Ein- und Ausfuhren in der Landwirtschaft entfallen.

China ist Kanadas zweitwichtigster Export- und der wichtigste Wachstumsmarkt. Nach Angaben des Landwirtwirtschaftsministeriums stiegen die Ausfuhren nach China in den letzten zehn Jahren um etwa 15 Prozent jährlich. Zuletzt drückten politische Spannungen zwischen China und Kanada teilweise auch auf die Handelsbeziehungen der beiden Staaten. Dennoch dürfte der wachsende Bedarf Chinas für Kanadas Landwirtschaft in den kommenden Jahren der Wachstumstreiber Nummer 1 sein. Deutschland steht an Stelle 21 für Kanadas Agrar- und Lebensmittelexporte. Beim Ranking der wichtigsten Importländer reicht es für Deutschland nur für Platz 33.

Große Farmbetriebe dominieren den Agrarsektor

In Kanada gibt es über 190.000 Farmbetriebe auf etwa 64 Millionen Hektar Ackerfläche. In den Prairieprovinzen (Saskatchewan, Manitoba, Alberta) sowie in Ontario und Quebec ist die Konzentration an Landwirtschaftsbetrieben hoch.

Die Struktur der kanadischen Farmen hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Um etwa die Hälfte sank seit 1970 die Anzahl während sich die durchschnittliche Größe der Betriebe verdoppelte und der Wert pro Acre (etwa 4.000 Quadratmeter) vervierfachte. Die Produktivität stieg im gleichen Zeitraum um 100 Prozent. Kleine Farmbetriebe wurden im Zuge vieler Konsolidierungen zurückgedrängt wodurch sich heute einige Großbetriebe den Markt und den Großteil der Einnahmen teilen: 50 Prozent aller Erträge entfallen auf die größten 8 Prozent der kanadischen Farmbetriebe.

Die Umsätze in der kanadischen Landwirtschaft (2019: 58 Milliarden US$) verteilen sich maßgeblich auf Feldfrüchte (27 Milliarden US$) und Vieh- und Milchwirtschaft (24 Milliarden US$). Die jeweils wichtigsten Einnahmequellen sind dabei Raps und Weizen sowie Rindfleisch und Milchprodukte.

Eckdaten zur Landwirtschaft und Infrastruktur in Kanada

2018

2019

2020

Einwohner (in Millionen)

34,2

36,7

37,7

Ackerfläche (in Millionen Hektar)

58,2

k.A

k.A

Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent) 

1,9

2,0

k.A

IMD Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern)

8

11

12

Quelle: United Nations, OECD, IMD

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