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Special | Frankreich | Smart Farming

Ziele: Smart Farming gegen Arbeitskräftemangel

Frankreich verfolgt keine nationale Digitalisierungsstrategie für die Landwirtschaft. Aber ein dichtes Netz an Institutionen fördert den Einsatz smarter Lösungen.

Von Peter Buerstedde | Paris

Smart Farming spielt in der öffentlichen Diskussion etwa über die Zukunft der Landwirtschaft in Frankreich eine geringe Rolle. Die Digitalisierung wird von staatlicher Seite weniger stark gefördert als in anderen Wirtschaftszweigen. Dies erklärt sich vielleicht durch eine gewisse Ambivalenz im Umgang mit dem Thema. So gibt es kritische Stimmen in der öffentlichen Diskussion, denen zufolge digitale Lösungen Landwirte vom Land und den Tieren distanzierten. Außerdem, so die Kritiker, verursache die Digitalisierung selbst einen hohen CO2-Ausstoß und stünde einer Wende hin zu einer wirklich nachhaltigen Landwirtschaft im Wege.

Durch Alterung drohen Nachfolgeprobleme

Smart-Farming-Lösungen werden von Politik und Verbänden als wichtig angesehen, um die Produktivität in der Landwirtschaft zu steigern und die Arbeitsbelastung zu senken. Der Beruf Landwirt soll attraktiver werden um dem bestehenden Arbeitskräftemangel zu begegnen. Das Durchschnittsalter unter den Landwirten lag 2018 bei 52 Jahren und bei den landwirtschaftlichen Angestellten bei 44 Jahren. Nachfolgeprobleme und Fachkräftemangel sind seit Jahren akute Themen, die sich weiter verschärfen werden. Rund 55 Prozent der Landwirte waren nach Erhebungen des Statistikamtes Insee 2019 über 50 und 13 Prozent über 60 Jahre alt, aber nur 1 Prozent war jünger als 25 Jahre.  

Digitale Lösungen sollen vor allem die Arbeitsbelastung der Landwirte verringern, um Zeit und Kosten aber vor allem Arbeitskräfte einzusparen, die immer schwieriger zu rekrutieren sind. Auch die Anpassung an den Klimawandel spielt etwa im Weinbau eine wachsende Rolle.

Digitale Entscheidungshilfen sind wichtig für die Einhaltung legaler Grenzwerte etwa für den Pestizid- oder Düngemitteleinsatz, sowie für die komplexe Planung von Düngekampagnen, Aussaat und Ernte. Über Apps und Sensoren kann auch die Einhaltung von Grenzwerten nachverfolgt werden.

Konsolidierung begünstigt Einsatz digitaler Technik

Den Landwirten wird von Anbietern von Smart-Farming-Anwendungen nachgesagt, dass sie wenig gewillt seien für Technik viel Geld auszugeben, außer es handele sich um das neueste Traktorenmodell. Auch bei kleineren Anschaffungen wie Sensoren müssten sie vom Nutzen stark überzeugt sein. Gleichzeitig führt die wachsende Komplexität und die Alterung in der Landwirtschaft dazu, dass mehr Höfe den Betrieb einstellen. Dies führt zu einer langsamen Konsolidierung hin zu größeren Betrieben und damit zu einem stärkeren Bedarf an digitalen Lösungen, um immer größere Flächen bewirtschaften zu können.

Die staatliche Förderung zielt vor allem auf die Forschung ab und hier gibt es eine Reihe von anerkannten Instituten und regionalen Clustern. Auf staatlicher Seite sind dies das Institut national de recherche pour l'agriculture, l'alimentation et l'environnement (INRAE), das am 1. Januar 2020 aus der Fusion zweier Forschungsinstitute (INRA und IRSTEA) hervorgegangen ist, sowie Agrarhochschulen und Institute wie zum Beispiel das Institut de la Vigne et du Vin (IFV) für Weinbau. Über eine Pflichtabgabe der Landwirte und durch den Staat werden das Institut de l'élevage in der Tierhaltung sowie Arvalis in der Pflanzenproduktion finanziert. Die Einrichtungen sind wegen ihres technischen Know-hows in diesen Sektoren wichtig.

Experimentierfarmen können bei der Markteinführung helfen

Institute und Assoziationen betreiben landesweit experimentelle Landwirtschaftsbetriebe zur Erprobung digitaler Lösungen (DigiFermes) für bestimmte Sektoren. Diese können von Firmen mit Tests beauftragt werden, etwa um die Einsatzfähigkeit von Robotern oder digitalen Hilfen in Frankreich zu demonstrieren. Die Ergebnisse der Tests werden dann nach Maßgabe der Auftraggeber in Konferenzen und an Besuchertagen präsentiert.

Als wichtiges Bindeglied zwischen Forschung, Experimentierfarmen und den Anbietern von Smart-Farming-Anwendungen auf der einen Seite und den Landwirten auf der anderen, gelten Berater und Techniker. Landwirte erhalten Beratung von den Landwirtschaftskammern (verfügen über die meisten Berater), von Kooperativen und sogenannten Maschinenringen sowie von den Anbietern und Händlern von Agrarmaschinen. Hinzu kommen zahlreiche lokale Netzwerke und Vereine (Civam, Geda, Ceta, etc.), über die Landwirte sich über ihre Arbeit austauschen.

Wenn Berater und Techniker Smart-Farming-Ausrüstungen und -Lösungen weder empfehlen wollen noch einrichten können, dann ist der Einsatz seitens der Landwirte sehr schwierig. Das Interesse und die fachliche Kompetenz gilt als sehr gemischt. Zum Teil sehen sich Berater und Techniker von digitalen Lösungen (vor allem von digitalen Entscheidungshilfen) in ihrer Tätigkeit bedroht, für andere bietet Smart Farming ein wachsendes Betätigungsfeld.

Staatliche Förderung auch für Smart Farming

Staatliche Förderinstrumente, die auch bei der Anschaffung digitaler Lösungen eine Rolle spielen, zielen primär auf den Klimaschutz, den Schutz vor extremen Wetterphänomenen und das Tierwohl ab. In der Krise wurden sie als Teil der Konjunkturhilfen verstärkt. Der französische Staat hatte sich 2008 auch im Einklang mit der EU-Direktive 2009/128/CE das Ziel gesetzt, den Pestizideinsatz bis 2020 um 25 Prozent und bis 2025 um 50 Prozent zu senken. Stattdessen sind die Mengen aber stark angestiegen. Entsprechend hat die Regierung die Maßnahmen immer wieder angepasst.

Der letzte Plan Ecophyto II+ von November 2018 sieht Subventionen für Geräteanschaffungen und mehr Unterstützung für Netzwerke von Landwirten (Dephy Ferme, 200 landesweit) vor, die Methoden für eine deutliche Rückführung des Düngemittel- und Pflanzenschutzeinsatzes ausprobieren sollen. Andere Projektaufrufe betreffen Hilfen für Ausrüstungen zum Schutz vor Hagel, Frost und Trockenheit (bis Ende 2022) oder für die Erneuerung von Ausrüstungen für den Übergang zur Bio-Landwirtschaft. Letzterer war mit maximal 215 Millionen Euro dotiert und diese Grenze war nach zwei Wochen erreicht.  

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