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Interview | Australien | Wasserstoff

Australischer Verband zertifiziert grünen Wasserstoff

Der australische Smart Energy Council vergibt Gütesiegel für klimafreundlichen Wasserstoff. CEO John Grimes geht im Interview auch auf die Zusammenarbeit mit Deutschland ein.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Der australische Branchenverband Smart Energy Council engagiert sich stark für den Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie in Australien. Im Interview mit Germany Trade & Invest (GTAI) spricht der CEO John Grimes über das neu etablierte Zertifizierungssystem für grünen Wasserstoff.

John Grimes John Grimes | © Smart Energy Council, 2021

GTAI: Mit seiner National Hydrogen Strategy will sich Australien zu einer weltweit führenden Exportnation für grünen Wasserstoff entwickeln. Welche Standortvorteile sprechen denn für Australien?

Über die letzten Jahrzehnte haben wir uns eine erstklassige Expertise für das Projektmanagement im Rohstoff- und Energiesektor erarbeitet. Dies ermöglichte den Bergbauboom, den Australien in den vergangenen drei Dekaden erlebte. Dadurch sind reichlich Fachkräfte und Know-how vorhanden. Die australischen Rohstoff- und Energiekonzerne haben die sich durch grünen Wasserstoff bietenden Chancen erkannt und wollen ihre Expertise in diese aufstrebende Industrie einbringen.

Australien verfügt aber auch über ein reichhaltiges Erzeugungspotential für erneuerbare Energie, weshalb wir grünen Wasserstoff billiger produzieren können als die Konkurrenz. Mit dem bevorstehenden Markthochlauf wollen wir uns zu einem der weltweit kostengünstigen Anbieter von grünem Wasserstoff entwickeln.

GTAI: Wie ist den der aktuelle Stand in der australischen Wasserstoffindustrie? Nehmen die ersten Großprojekte bereits Gestalt an? Gibt es staatliche Förderprogramme?

In der gesamten Branche herrscht eine große Aufbruchstimmung. Es gibt eine Vielzahl an Akteuren, die am Aufbau der notwendigen Strukturen und Rahmenbedingungen arbeiten. Mit Hochdruck laufen die Planungen für Wasserstofftankstellen, da dieser Kraftstoff bereits erste Anwendung im Verkehrssektor findet. Zusätzlich gibt es eine Reihe von Demonstrationsprojekten für die Beimischung in Gasnetze, die ersten Haushalte werden bereits mit beigemischtem Wasserstoff versorgt. Auch ein nationales Ausbildungsprogramm für Fachkräfte ist in Arbeit. Hinter den Kulissen passiert also sehr viel.

Über 60 Projekte für die Produktion von grünem Wasserstoff sind bereits angekündigt, erste Pilotanlagen sind auch schon in Betrieb. Mehrere Großprojekte verfolgen den Plan, im Jahr 2025 den ersten Wasserstoff zu produzieren.

In Bezug auf die staatliche Förderung ergreifen insbesondere die Bundesstaaten und Territorien die Initiative und haben jeweils eigene Wasserstoffstrategien entwickelt. Eine Führungsrolle nimmt dabei Western Australia ein, erst kürzlich wurden umgerechnet 40 Millionen US-Dollar für die Entwicklung einer Wasserstoffindustrie bereit gestellt.

Auch die nationale Regierung fördert die Wasserstoffwirtschaft und stellt 320 Millionen US-Dollar für den Aufbau von sieben Hydrogen Hubs für den Export bereit.

GTAI: Eine der wichtigsten Initiativen des Smart Energy Council in Bezug auf grünen Wasserstoff ist das Zero Carbon Certification Scheme. Wie funktioniert dieses System?

Für die Zukunft können wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Emissionsminderungsziele immer ambitionierter werden. Deshalb dürfte grüner Wasserstoff zunehmend die einzige Art von Wasserstoff sein, die der Markt verlangt. Unsere Mitglieder, und damit auch die künftigen Wasserstofferzeuger, wünschten sich deshalb eine Garantie für die Kunden, dass Wasserstoff auch wirklich grün ist.

Mit unserem System können wir nun zertifizieren, dass der gesamte Produktionsprozess inklusive aller Einsatzstoffe wie Wasser und Strom nachweislich emissionsfrei ist. Geringfügig anfallende Emissionen müssen vollständig ausgeglichen werden, so dass ein kohlenstofffreies Endprodukt entsteht.

Bei der Einführung wurden wir durch 15 Gründungspartner unterstützt, darunter die Bundesstaaten Victoria, Queensland, Western Australia sowie das Australian Capital Territory. Aber auch die UN COP-26 Climate Champions und private Unternehmen wie CWP Global, Star Scientific und Yara sind dabei.

Wir glauben aber auch, das ein Zertifizierungssystem nur dann einen Mehrwert liefert, wenn es auch international anerkannt wird. Deshalb arbeiten wir eng mit der Deutschen Energie-Agentur (dena) zusammen, um eine Vereinbarkeit mit der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energie (EU REDII) sicherzustellen.

Mit der Wasserstofftankstelle des Unternehmens ActewAGL in Canberra haben wir das erste Projekt bereits zertifiziert. Dies war ein wichtiger erster Schritt und wir wollen den Schwung beibehalten – mit dem norwegischen Unternehmen Yara arbeiten wir jetzt an einem zweiten Projekt und erstellen eine Vorzertifizierung für eine geplante Elektrolyseanlage in der Region Pilbara (Western Australia) mit 10 Megawatt. Die Zertifizierung dürfte die Suche nach Abnehmern deutlich beschleunigen.

Im laufenden Jahr wollen wir eine Reihe weiterer Pilotprojekte abschließen und hoffen dann im kommenden Jahr mit großflächigen Zertifizierungen in Australien und anderen Ländern durchstarten zu können.

GTAI: Welches Potenzial sehen Sie für deutsche Unternehmen, sich in Australien zu engagieren?

Wir sehen gute Chancen für eine enge Zusammenarbeit und die ersten Ansätze werden bereits sichtbar. Zahlreiche australische Projektentwickler arbeiten bereits mit deutschen Unternehmen zusammen, um Wasserstofftechnologie wie Elektrolyseanlagen oder Ingenieurskompetenz zu beziehen. Siemens und ThyssenKrupp sind beispielsweise bereits an mehreren Vorhaben beteiligt und haben Machbarkeitsstudien erstellt und technische Komponenten geliefert.

Auch das deutsche Förderprogramm H2Global könnte für die Entwicklung von Wasserstoffprojekten in Australien wertvolle Unterstützung bieten. Anfang des Jahres unterzeichnete der Projektentwickler H2U eine Absichtserklärung mit dem deutschen Energiekonzern RWE über die Lieferung von grünem Wasserstoff aus Australien nach Deutschland. Dies könnte zu einem der ersten großen Abnahmeverträge führen.

Für Australien besteht eine ganz klare Chance, mit deutschen Unternehmen zusammenzuarbeiten, damit sich beide Länder als führende Wasserstoffnationen etablieren.

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