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Interview | Australien | Energiewende

Tasmanien will Großexporteur von grünem Wasserstoff werden

Der Energieminister von Tasmanien, Guy Barnett, spricht im Interview über den Export von Ökostrom und den Aufbau des Wasserstoff-Hubs in Bell Bay.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Der australische Bundesstaat Tasmanien besticht nicht nur durch schöne Landschaften, sondern verfügt auch über große Wasser- und Windressourcen. Im Interview mit Germany Trade & Invest (GTAI) spricht Energieminister Guy Barnett darüber, wie diese für den Export von grüner Energie genutzt werden sollen.

GTAI: Tasmanien sieht sich als Vorreiter für erneuerbare Energien in Australien. Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Ökostrom?

Guy Barnett, Tasmanian Government Guy Barnett, Tasmanian Government | © Tasmanian Government

Barnett: Tasmanien ist stolz auf seinen Ruf als führender australischer Bundesstaat in Sachen erneuerbarer Energie. Unseren eigenen Strombedarf können wir bereits zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen decken. Gesetzlich haben wir das Ziel verankert, die erneuerbare Stromerzeugung bis 2040 auf 200 Prozent unseres eigenen Bedarfs auszubauen. Die Klimaneutralität wollen wir bereits 2030 erreichen.

Tasmanien ist also bereit, ein Teil der globalen Energiewende zu sein und will insbesondere die sich bietenden Möglichkeiten bei grünem Wasserstoff nutzen. Mit dem Tasmanian Renewable Hydrogen Action Plan verfolgen wir die Vision, ein führender Großproduzent von grünem Wasserstoff zu werden, um sowohl den lokalen Bedarf als auch die weltweite Nachfrage zu bedienen.

Die Stärkung der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ist ein Schlüsselfaktor, um das Potenzial Tasmaniens als Wasserstoffexporteur zu realisieren. In Kürze werden wir dazu auch eine Renewable Hydrogen International Engagement and Export Strategy veröffentlichen.

GTAI: Wie soll die geplante Überschussproduktion an erneuerbarer Energie von der tasmanischen Insel exportiert werden?

Barnett: Unsere Strategie für den Energieexport fußt auf insgesamt drei Säulen. Der Marinus Link ist ein geplantes Unterseestromkabel mit einer Kapazität von 1.500 Megawatt zwischen Tasmanien und Victoria. Dies wird es ermöglichen, unsere überschüssige erneuerbare Energie in das Stromnetz der australischen Ostküste zu exportieren.

Ergänzend dazu fokussiert sich das Battery of the Nation Project auf die Erschließung des tasmanischen Potentials für Wasser- und Pumpspeicherkraft.

Für den Export von grünem Wasserstoff konzentriert sich Tasmanien auf die Entwicklung des Bell Bay Hydrogen Hub, den Aufbau internationaler Partnerschaften und Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Unterstützung des internationalen Handels mit Wasserstoff und Wasserstoffderivaten.

GTAI: Was sind die wichtigsten Vorteile Tasmaniens für die Produktion von grünem Wasserstoff?

Barnett: Tasmanien verfügt über eine Reihe von entscheidenden Vorteilen, die uns von anderen Bundesstaaten in Australien unterscheiden und uns wohl zu einem der besten Standorte für die Produktion von grünem Wasserstoff weltweit machen. Unser Stromnetz besteht zu 100 Prozent aus kostengünstiger und erneuerbarer Energie, welche vor allem aus jederzeit zur Verfügung stehender Wasserkraft gewonnen wird. Gleichzeitig bilden unsere immensen Wasservorkommen auch den größten potenziellen Energiespeicher Australiens. Die Windressourcen in Tasmanien gehören zu den zuverlässigsten in der Welt, wobei ein großes Ausbaupotenzial besteht.

Tiefseehäfen, Industriegebiete mit großen Freiflächen sowie eine gut ausgebaute Infrastruktur machen Tasmanien zum idealen Standort für den Aufbau einer großangelegten Industrie für grünen Wasserstoff.

GTAI: Wie weit fortgeschritten sind die Pläne für den Wasserstoff-Hub in Bell Bay?

Barnett: Die Planungen für den ersten Wasserstoff-Hub Tasmaniens in Bell Bay sind in vollem Gange und es gibt großes Interesse von möglichen Investoren. Bell Bay ist ein starker Anwärter auf Fördermittel seitens der nationalen Regierung in Canberra, welche landesweit sieben Wasserstoff-Hubs mit umgerechnet 320 Millionen US-Dollar unterstützen will.

Von tasmanischer Seite fördern wir drei Machbarkeitsstudien mit umgerechnet 35 Millionen US-Dollar. Dazu zählt eine Anlage von Origin Energy für die Herstellung von grünem Ammoniak mit einer geplanten Elektrolysekapazität von 500 Megawatt. Abel Energy plant eine Anlage für die Produktion von grünem Methanol mit einer Kapazität von 100 Megawatt. Und als drittes fördern wir ein Projekt von Grange Resources, wobei grüner Wasserstoff als Ersatz für Erdgas bei der Herstellung von Eisenerz-Pellets in Port Latta zum Einsatz kommen soll. Die Elektrolysekapazität könnte 90 bis 100 Megawatt erreichen.

Zusätzlich plant Fortescue Future Industries den Bau einer 250 Megawatt-Anlage für grünen Wasserstoff und grünen Ammoniak in Bell Bay. Auch Woodside treibt Pläne für ein grünes Wasserstoffprojekt in Bell Bay voran. Sowohl Fortescue als auch Woodside schließen bereits Vereinbarungen mit Partnern in Japan ab, welche den Export von grünem Ammoniak anvisieren.

Entscheidend ist natürlich auch die Zertifizierung von grünem Wasserstoff. Mit anderen australischen Bundesstaaten und der nationalen Regierung arbeiten wir dazu an einem Herkunftsgarantiesystem.

GTAI: Gibt es neben der Exportausrichtung auch Projekte zur lokalen Nutzung von grünem Wasserstoff?

Barnett: Wir setzen uns dafür ein, dass die gesamte Bevölkerung Tasmaniens von den bedeutenden Möglichkeiten profitiert, die der Wasserstoff bietet. Während der Aufbau einer Exportindustrie Priorität genießt, arbeiten wir gleichzeitig an der Schaffung eines lokalen Marktes.

In Tasmanien gibt es eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten für grünen Wasserstoff. Dazu zählt die Einspeisung in Gasnetze, Mobilitätslösungen für den Straßen- und Schiffsverkehr sowie die Stromversorgung in abgelegenen Regionen. Untersuchungen darüber, wie grüner Wasserstoff bei der Dekarbonisierung der australischen Aktivitäten in der Antarktis helfen kann, sind ebenfalls von Bedeutung.

Hervorzuheben ist auch das deutsche Unternehmen Hensoldt, welches zu Beginn diesen Jahres ein Büro in Hobart eröffnet hat und sich insbesondere für Microgrid-Systeme interessiert.

Zusammen mit der australischen Bundesregierung investieren wir auch in Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen, damit hochqualifizierte Arbeitskräfte für den Umbau des Energiesektors zur Verfügung stehen.

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