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Insolvenzrecht

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Ein Dienstleistungsempfänger aus Deutschland kann unter Umständen in die unangenehme Situation gelangen, dass sein belgischer Vertragspartner in die Insolvenz gerät. Dies kann beispielsweise für noch bestehende Rückzahlungsansprüche oder offene Ansprüche auf Nachbesserung, Gewährleistung, ggf.--gegebenenfalls auch für noch ausstehende Wartungsarbeiten von Bedeutung sein. Vor diesem Hintergrund ist ein kurzer Überblick über das belgische Insolvenzverfahren wichtig.

Solvenzprüfung im Vorfeld

Um schon im Vorfeld zu verhindern, mit einem bereits insolventen Dienstleister einen Vertrag abzuschließen, empfiehlt es sich, vorab zu überprüfen, ob der zukünftige Vertragspartner nicht bereits in den einschlägigen Registern geführt wird.

In Belgien wird die Tatsache, dass über ein Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, in die Zentrale Datenbank der Unternehmen (Banque-Carrefour des Entreprises / Kruispuntbank Ondernemingen) eingetragen, die im Internet abrufbar ist. Diese Informationen sind bei der kostenfreien Suche nach einem bestimmten Unternehmen jedoch nur auffindbar, wenn man auf der Ergebnisseite des Unternehmens unter "Liens externes" (externe Links) auf "Publications Moniteur belge" (Publikationen im Belgischen Staatsblatt) klickt. Dort ist gegebenenfalls das entsprechende Konkurseröffnungsurteil aufgenommen.

Ausführliche Informationen zur belgischen Zentralen Datenbank der Unternehmen enthält das Kapitel Register in diesem Länderbeitrag.

Gesetzlicher Rahmen des Insolvenzrechts

Ordentliches Konkursverfahren

Grundlage des ordentlichen belgischen Konkursverfahrens für Kaufleute ist das Buch XX des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs (Code de droit économique / Wetboek van economisch recht).

Der Konkurs (faillite / faillissement) eines Kaufmanns setzt die dauerhafte Zahlungseinstellung und eine Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit voraus (Artikel XX:99 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs). Stellt der Kaufmann seine Zahlungen ein, ist er grundsätzlich verpflichtet, dies binnen einem Monat bei der Kanzlei des zuständigen Handelsgerichts zu gestehen (Artikel XX:102 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs). 

Das Konkursverfahren wird elektronisch eingeleitet und weitgehend abgewickelt. Hierfür gibt es die Plattform RegSol. Antragsberechtigt sind Schuldner, Gläubiger und die Staatsanwaltschaft (Artikel XX:100). 

Mit dem Konkurseröffnungsurteil (jugement déclaratif de la faillite / vonnis van faillietverklaring) bestellt das Handelsgericht einen Konkursrichter und bestimmt einen oder mehrere Konkursverwalter (curateur / curator). Außerdem ordnet es an, dass die Konkursgläubiger ihre Schuldforderungen anmelden (Artikel XX:104) und ordnet die Veröffentlichung binnen fünf Tagen im belgischen Staatsblatt an (Artikel XX.107). Unmittelbar nach ihrer Ernennung erstellen die Konkursverwalter ein Inventar des beweglichen, unbeweglichen, materiellen und immateriellen Vermögens des Schuldners, Artikel XX.134. Konkursgläubiger müssen ihre Forderungen anmelden, Artikel XX.155 § 1 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs. Wenn der Insolvenzverwalter Forderung und Gläubiger kennt, schreibt er sie an und weist auf die im Eröffnungsurteil festgelegte Frist hin. Im Ausland ansässige Gläubiger, die nicht in Belgien anwaltlich vertreten werden, können ihre Forderung auch per Einschreiben anmelden und belegen, Artikel XX.155 § 2. Eigentumsgegenstände der Gläubiger, die sich im Bestz des Schuldners befinden, können diese herausverlangen, Artikel XX.194.    .

Stellt sich heraus, dass die Aktiva der Konkursmasse nicht einmal ausreichen werden, um die vermutlichen Kosten der Konkursverwaltung und -liquidation zu decken, kann das Gericht entweder auf Antrag der Konkursverwalter oder von Amts wegen das Konkursverfahren aufheben (procédure sommaire de clôture / summiere rechtspleging tot sluiting van het faillissement). Folge eines solchen Beschlusses ist die sofortige Beendigung der Liquidation und gegebenenfalls die Auflösung der juristischen Person (Artikel XX.135 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs). Ein solcher Beschluss wird im belgischen Staatsblatt veröffentlicht, Artikel XX.136. 

Das Konkursverfahren endet mit dessen Aufhebung durch einen Beschluss des Handelsgerichts (Artikel XX.171 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs). Der Beschluss wird auszugsweise im Belgischen Staatsblatt (Moniteur belge / Belgisch Staatsblad) veröffentlicht (Artikel XX.172).

Gütliche Einigung / gerichtliche Reorganisation

Darüber hinaus sieht Titel IV von Buch XX des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs als Verfahren zur Sanierung von unternehmerisch tätigen Schuldnern die Möglichkeit einer außergerichtlichen gütlichen Einigung vor.

Titel V (ebendort) ermöglicht die Beantragung einer gerichtlichen Reorganisation. Letztere soll entweder den Abschluss einer gütlichen Einigung (Artikel XX.65), die Einigung der Gläubiger über einen Reorganisationsplan  (Artikel XX.67 bis XX.83)  oder die Übertragung unter der Autorität des Gerichts der Gesamtheit oder eines Teils des Unternehmens oder seiner Tätigkeiten an einen oder mehrere Dritte (Artikel XX.84 bis XX.95) ermöglichen. Ein solches Verfahren wird auf Antrag des Schuldners eröffnet, wenn der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet ist (Artikel XX.45). Das Gericht prüft den Antrag innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags. Wenn das Verfahren eröffnet wird, wird dies innerhalb von fünf Tagen im belgischen Amtsblatt veröffentlicht (Artikel XX.48). Während des Verfahrens sind Vollstreckungsmaßnahmen in das betroffene Vermögen ausgeschlossen, ebenso die Stellung eines Insolvenzantrages durch die Gläubiger. Der Schuldner bleibt antragsberechtigt (Artikel XX.50).  Der Schuldner kann während des Verfahrens Leistungen an Vertragspartner erbringen, sofern diese zum Erhalt des Unternehmens erforderlich sind bzw. bei Dauerschuldverhältnissen für Leistungen, die nach Verfahrenseröffnung erbracht werden (Artikel XX.53 und XX.57).  

Anmeldung und Prüfung von Forderungen

Der Tag, an dem die Gläubiger ihre Schuldforderungen spätestens beim Handelsgericht anmelden müssen, wird im Konkurseröffnungsurteil bestimmt. Diese Frist soll höchstens dreißig Tage ab dem Konkurseröffnungsurteil betragen (Artikel XX.104 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs). Hierauf werden die Gläubiger durch eine Veröffentlichung im Belgischen Staatsblatt (Moniteur belge / Belgisch Staatsblad) hingewiesen.

Im Anschluss prüft der Konkursverwalter im Beisein des Konkursschuldners die Schuldforderungen (Artikel XX.158). Die hierüber vom Konkursverwalter angefertigten und unterschriebenen Prüfprotokolle werden beim Handelsgericht hinterlegt und ebenfalls vom Konkursrichter unterzeichnet (Artikel XX.160). Sowohl Konkursschuldner als auch Gläubiger können binnen einem Monat nach Hinterlegung des Prüfungsprotokolls gegen vorgenommene und vorzunehmende Prüfungen Einwände vorbringen (Artikel XX.162). Über diese Streitfälle entscheidet an einem festgelegten Tag das Handelsgericht per Urteil, gegen das kein Einspruch eingelegt werden kann (Artikel XX.163).

Der Urkundsbeamte (greffier / griffier) beim Handelsgericht führt für jeden Konkurs eine Tabelle mit den angemeldeten Schuldforderungen (Artikel XX.164). Diese enthält folgende Angaben:

  • laufende Nummer,
  • Identität, Beruf und Wohnsitz oder, wenn es sich um eine juristische Person handelt, kommerzielle Haupttätigkeit, Identität und Gesellschaftssitz des Gläubigers, der seine Schuldforderung und seine Forderungstitel hinterlegt hat,
  • Höhe der angemeldeten Schuldforderung,
  • vom Gläubiger beanspruchte Vorzugsrechte und Hypotheken,
  • Aufnahme oder Bestreitung,
  • Zusammenfassung und Datum des Beschlusses über den Streitfall,
  • andere Informationen, deren Mitteilung an Interessehabende nützlich sein kann.

Wer es versäumt, innerhalb dieser Frist seine Schuldforderungen anzumelden oder zu bestätigen, wird bei den Verteilungen grundsätzlich nicht berücksichtigt (Artikel XX.165).

Weiterführende Informationen

Folge der Konkurseröffnung ist u.a.--unter anderen, dass der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verliert (Artikel  XX:110 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuchs). Diese geht auf den Konkursverwalter über. Bei laufenden Verträgen hat der Konkursverwalter die Wahl, ob er den Vertrag erfüllt oder nicht. Jeder Vertragspartner kann dem Konkursverwalter hierzu eine Frist von 15 Tagen setzen. Ergeht innerhalb dieses Zeitraums keine Entscheidung, wird eine Vertragsaufhebung vermutet. Dem Vertragspartner stehen dann Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung zu (Artikel XX.139).

Germany Trade & Invest (Stand: 13.8.2021)

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