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Angesichts der Corona-bedingten Unsicherheit kürzen Japans Unternehmen ihre Investitionen. Dies betrifft jedoch nicht alle Branchen und wird sich in absehbarer Zeit ändern.
04.02.2021
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Die Covid-19-Pandemie bremst die privaten Investitionen in Japan. So hat sich mit dem Einbruch der Gewinnerwartungen der japanischen Unternehmen deren Investitionsneigung im Fiskaljahr 2020 (1. April bis 31. März) deutlich abgekühlt. 2021 sollen die privaten Investitionen nur langsam an Dynamik gewinnen. Diese Flaute lässt sich nur schwer durch höhere staatliche Investitionen kompensieren.
Vorläufig wollen die Unternehmen, in erster Linie des verarbeitenden Gewerbes, ihre Anlageinvestitionen herunterfahren. Dahingegen zeigen sich nicht-produzierende Firmen optimistischer. Darauf weisen zwei vielbeachtete Befragungen hin, die die Aussichten japanischer Unternehmen für die nächsten sechs bis zwölf Monate widerspiegeln.
So ist laut Tankan-Konjunkturbericht der Bank of Japan von Mitte Dezember 2020 die Investitionsneigung der Unternehmen im Fiskaljahr 2020 in den Minus-Bereich gefallen. Dieser Einbruch betrifft insbesondere Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, die ihre Anlageinvestitionen um 4,9 Prozent senken wollen.
Eine alljährlich zum Jahresende durchgeführte Umfrage der Wirtschaftszeitung Nikkei, die am 25. Januar 2021 veröffentlicht wurde, sieht bei den Investitionen der Unternehmen im Fiskaljahr 2020 einen Rückgang von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Von 32 untersuchten Branchen wollen zwei Drittel ihre Ausgaben zurückfahren. Das wird Folgen für die lokale Produktion, den Import von Ausrüstung sowie von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen haben.
Trotz oder gerade wegen der Coronavirus-Pandemie werden jene Branchen ihre Investitionen steigern, die gute Geschäfte machen. Dazu gehört unter anderem die IT-Industrie, die von der Umstellung auf Telearbeit wie auch von der Digitalisierung und Automatisierung profitiert. Hier schieben längerfristig auch Maßnahmen zur Dekarbonisierung die Investitionen an.
TDK hat beispielsweise angekündigt, über die nächsten drei Fiskaljahre circa 5 Milliarden US-Dollar (US$) in neue Kapazitäten zu investieren, um dort Batterien und andere Produkte für eine saubere Energieerzeugung herzustellen. Toshiba wiederum plant, mit einem Investitionsbudget von mehr als 9,6 Milliarden US$ in den nächsten fünf Jahren in neue Geschäftsfelder wie Windenergie und Wasserstoff zu expandieren.
Laut der Nikkei-Befragung profitiert die medizinisch-pharmazeutische Branche 2021 von einer höheren Nachfrage und investiert in den Aufbau von Kapazitäten. So haben unter anderem Zhugai Pharmaceutical, Daiichi-Sankyo und Shionogi neue Projekte in der Pipeline. Shionogi will beispielsweise in die Produktion eines Corona-Impfstoffes, der sich noch in der Entwicklung befindet, investieren.
Obwohl Branchen wie der Maschinenbau und die Kfz-Industrie im Fiskaljahr 2020 starke Geschäftseinbrüche verschmerzen mussten, so verkündeten sie in Einzelfällen doch umfangreiche Investitionsabsichten, wie etwa Toyota Industries Corp. im Bereich industrieller Ausrüstung. In der Kfz-Industrie investiert zudem Toyota Motors in neue Antriebstechniken für Elektro- und Wasserstoff-Fahrzeuge, um so international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die größten Investitionsabsichten hat mit 16,5 Milliarden US$ der Telekom-Konzern NTT, auch wenn diese gegenüber den ursprünglichen Plänen zurückgefahren wurden. Der Ausbau des 5G-Mobilkommunikationsnetzes erfordert einen hohen Kapitalaufwand. Dies veranlasst auch den zweitgrößten Anbieter KDDI dazu, seine Investitionen im Fiskaljahr 2020 mit 5,8 Milliarden US$ in etwa auf gleicher Höhe wie im Vorjahr zu halten.
Andere Unternehmen des nicht-verarbeitenden Sektors, die sehr hohe Investitionen planen, sind JR East und Seven&I Holding. Während die Investitionsneigung beim Transportunternehmen JR East sinkt, legt sie beim Einzelhandelskonzern zu. Zudem liegt bei JR East, die ihr Transportnetz nebst angeschlossener Immobilien modernisiert, der Fokus der Investitionen auf Japan.
Die Seven&I Holding will hingegen ihre Investitionen in ausländischen Absatzmärkten erhöhen, denn das Geschäft im Heimatmarkt stagniert. Die Abdeckung mit Convenience-Läden ist in Japan weitgehend gesättigt. Daher will die Muttergesellschaft von 7-Eleven ihr Filialnetz unter anderem in den USA ausweiten.
Unter den produzierenden Unternehmen baut der Elektromotorhersteller Nidec seine Kapazität in Europa aus. Angeschoben von dem Trend hin zu Elektromobilität investiert Nidec - zusätzlich zu seinen Fabriken in Frankreich und Polen - in ein neues Werk in Serbien. Dort soll bis 2023 eine Produktionskapazität von bis zu 300.000 Einheiten entstehen.
Laut dem Tankan-Index sinkt die Investitionsneigung der japanischen Unternehmen für das Inland stärker als für das Ausland. Sobald die Corona-bedingten Reisebeschränkungen wegfallen, werden sich die Firmen wieder stärker mit Überseeaktivitäten beschäftigen, die sie bereits jetzt vorbereiten. Impulse gehen hierbei von den Veränderungen in den Lieferketten, den Wachstumsmärkten in Südostasien, von einem veränderten Investitionsklima in den USA und in der EU sowie nicht zuletzt auch von der schrumpfenden Bevölkerung in Japan aus.