Dieser Inhalt ist relevant für:
ÄgyptenTiefbau, Infrastrukturbau / Transport und Logistik
Branchen
Branchenbericht Ägypten Tiefbau, Infrastrukturbau
Seehäfen sollen Eisenbahnanbindungen erhalten. Ausländische Spezialisten vermehrt als Subunternehmen im Einsatz.
20.03.2020
Von Oliver Idem, Sherif Rohayem | Kairo
Die stetig zunehmende Bevölkerungszahl und das Wirtschaftswachstum erfordern laufend Investitionen in die ägyptische Verkehrsinfrastruktur. Wichtigster Bestandteil ist das Straßennetz. Es ist am weitesten ausgebaut und durch den Personen- und Güterverkehr stark frequentiert. Trotz seines knappen Investitionsbudgets unternimmt der Staat starke Anstrengungen für den Ausbau und die Erneuerung. Allein die dritte Phase des National Roads Project umfasst 7.000 Kilometer neue Straßen seit Juli 2017.
Die Anzahl der Fahrzeuge in Ägypten stieg in den vergangenen Jahren deutlich an. Zum Stichtag 31. Dezember 2016 waren laut dem Statistikamt CAPMAS 9,4 Millionen Kfz registriert. In den Ballungsräumen des Nildeltas befanden sich die höchsten Fahrzeugbestände. Allein Kairo kam auf 2,3 Millionen registrierte Kfz, gefolgt vom benachbarten Gizeh (1,1 Millionen) und Alexandria (622.200).
Der Containerhafen Alexandria hat eine zentrale Bedeutung: Etwa 40 Prozent der Ausfuhren industrieller Produkte werden darüber abgewickelt. East Port Said ist ebenso wie weitere Häfen Teil der Wirtschaftszone am Suezkanal. Aktuelle Ziele der Verkehrspolitik sind die Vernetzung aller Häfen mit dem Schienennetz und der Bau von Trockenhäfen und Logistikzentren. Letztere sollen vor allem in der Suez-Canal Economic Zone entstehen. Längerfristiges Potenzial hat auch die Binnenschifffahrt, die bisher nur circa 1 Prozent Anteil am Frachtaufkommen hat. Allerdings müssen dafür die notwendigen Sicherheitsgenehmigungen vorliegen und jahreszeitlich bedingt existiert noch eine Engpassstelle im Norden Ägyptens.
Für die rund 5.000 Kilometer Eisenbahnnetz und seine Infrastruktur laufen Modernisierungsaktivitäten. Sowohl bei Strecken als auch der Signaltechnik, Bahnhöfen und rollendem Material besteht Investitionsbedarf. Um hier die Kapazitäten um 34 Prozent zu steigern, hat die Egyptian National Railway (ENR) Ende 2018 insgesamt 1.300 Wagons bei dem ungarisch-russischen Konsortium Transmash-Holding bestellt. Ende 2019 hat die ENR mit Progress Rail einen Vertrag im Wert von 446,3 Millionen US-Dollar (US$) unterzeichnet. Der US-amerikanische Hersteller wird 50 Diesel-Lokomotiven nach Ägypten liefern und Teile der Flotte modernisieren. Zuletzt hat im Februar 2020 die Europäische Investitionsbank Finanzhilfen in Höhe von 2,7 Millionen Euro zugesagt – jeweils 1,5 Millionen Euro für Ausbau und Sanierung der Tanta-Damietta-Strecke sowie 1,2 Millionen Euro für eine Machbarkeitsstudie zur Sanierung der Metro-Linie 2 in Kairo.
An zahlreiche Stellen finden Umbauten der Bahnstrecken statt, damit sie Züge mit einer Geschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde befahren können. Zur Vertiefung der regionalen Integration soll demnächst eine 6.000 Kilometer lange Strecke Oberägypten mit dem Sudan verbinden. Die Strecke, deren Bau der ägyptische Transportminister Ende 2019 bekanntgab, wird neben dem Personenverkehr auch dem Warenaustausch zwischen den Nachbarstaaten dienen.
Nach mehreren Jahren Vorlauf konkretisieren sich die Pläne für eine Schnellzugverbindung von Alexandria nach Assuan. Laut Medienberichten soll in der ersten Phase an die bestehende Bahnstrecke von Alexandria nach Kairo angeknüpft werden. Als zweite Etappe ist die Strecke zwischen Gizeh und Assuan mit Halten in Assiut und Luxor vorgesehen. Eine weitere Schnellzugstrecke soll zwischen El Alamein nach Ain Sokhna entstehen. Zeitungsberichten zufolge seien hier die Studien im vergangenen November abgeschlossen. Die Kosten belaufen sich auf 7 bis 8 Milliarden US$. Chancen auf den Zuschlag haben zwei Konsortien mit chinesischer Beteiligung.
Die National Authority for Tunnels (NAT) hat im August 2019 den Auftrag zum Bau der beiden Strecken und der Einschienenbahnen an ein Konsortium vergeben, das Bombardier führt. Es handelt sich um eine Linie von Nasr City (Kairo) zur neuen Verwaltungshauptstadt und eine weitere Strecke von 6th of October Citey nach Gizah. An dem 4,2 Milliarden US$ schweren Projekt beteiligen sich mit Orascom und Arab Contractors noch zwei lokale Unternehmen.
Ein Dauerthema und ebenso ein Investitionsschwerpunkt ist der Metroausbau in Kairo. Schätzungen zufolge nutzen circa 3,5 Millionen Fahrgäste pro Tag die Bahnen. Damit sorgt das Metronetz für eine erhebliche Entlastung der chronisch überfüllten Straßen in Kairo. Zwei Linien sind in Betrieb, eine im Bau und weitere drei befinden sich in verschiedenen Planungsstadien. Aufgrund der subventionierten Fahrpreise fehlen Eigenmittel für den Ausbau. Kredite kommen zum Beispiel aus Frankreich und Japan. An den Arbeiten sind stets etliche ausländische Unternehmen beteiligt, die sich für die einzelnen Bauabschnitte mit Partnern zusammenschließen.
Im Regelfall stammen Generalunternehmen für große Projekte aus Ägypten oder der Golfregion. Das ägyptische Militär ist zum Beispiel im Straßenbau eine feste Größe. Vermehrt interessieren sich auch chinesische Unternehmen für Infrastrukturvorhaben in Ägypten. Für anspruchsvolle Spezialsegmente wie Brücken und Tunnel kommen ausländische Firmen als Subunternehmen zum Zuge. Hier liegen auch für deutsche Anbieter die Chancen, ihre Expertise einzubringen.
Zentrale Informationen oder Internetplattformen für Ausschreibungen gibt es noch nicht. Ministerien, Gouvernorate, öffentliche Dienststellen und Unternehmen schreiben für ausländische Interessenten oft verhältnismäßig spät aus. Ankündigungen erfolgen zumeist in ägyptischen Zeitungen auf Arabisch, insbesondere im Bereich der Untervergaben. Die American Chamber of Commerce in Egypt bietet einen Tender Alert Service (TAS) für 17 Branchen/Sektoren an. Er speist sich unter anderem aus Auswertungen der Inlandspresse.
Institution | Anmerkung |
---|---|
- | |
- | |
- | |
zuständig für die Metro in Kairo | |
Tender Alert Service der American Chamber of Commerce in Egypt | - |