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AngolaNahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen / Pflanzenproduktion
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Branchen | Angola | Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen
Die Wirtschaft des Landes soll auf eine breitere Basis gestellt werden. Hierbei spielt die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte eine wichtige Rolle.
20.04.2020
Von Marcus Knupp | Berlin
Wie die anderen Länder im südlichen Afrika hat auch Angola mit den Folgen der Trockenheit der letzten zwei Jahre zu kämpfen. In Mitleidenschaft gezogen waren vor allem der Süden und Südosten des Landes. Durch den Ausgleich mit den weniger betroffenen nördlichen Landesteilen sowie geringfügige Produktivitätsgewinne zeigte die Gesamtproduktion wenig Veränderungen bei den Feldfrüchten und geringe Zunahmen bei Obst und Gemüse.
Die genutzte Fläche betrug in der Anbauperiode 2018/19 nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums 5.195.533 Hektar, was etwa 4,2 Prozent der Landesfläche entspricht. Davon entfallen 72 Prozent auf manuellen Feldbau, 25 Prozent werden für die Viehhaltung genutzt und nur 3 Prozent mechanisch bearbeitet. Entsprechend stehen rund 2,8 Millionen familiären Kleinbetrieben lediglich an die 8.000 größere landwirtschaftliche Betriebe gegenüber. Familienfarmen sorgen für circa 85 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion.
Es ist das erklärte Ziel der angolanischen Regierung, die Abhängigkeit des Landes von Nahrungsmittelimporten zu verringern. Der Einbruch der Erdölpreise und damit der angolanischen Exporteinnahmen im Zuge der Coronakrise unterstreicht die Dringlichkeit dieser Bemühungen. Bisher wird mehr als die Hälfte der konsumierten Lebensmittel aus dem Ausland geliefert, obwohl Angola sich mit großen Flächenreserven und ausreichenden Niederschlägen problemlos selbst versorgen könnte.
Produktgruppe | Anbaufläche (ha) | Produktion (t) | Veränderung gegenüber Vorjahr (%) | Durchschnittsertrag (kg/ha) |
---|---|---|---|---|
Getreide | 2.794.191 | 2.902.643 | 0,9 | 1.039 |
Wurzel- und Knollengemüse | 928.512 | 11.135.827 | 2,4 | 11.993 |
Hülsenfrüchte und Ölsaaten | 1.008.351 | 574.954 | 0,7 | 570 |
Obst | 236.841 | 5.314.860 | 2,0 | 22.441 |
Gemüse (Gartenbau) | 130.719 | 1.938.791 | 2,6 | 14.832 |
Der Aufbau einer lokalen Nahrungsmittelindustrie ist darüber hinaus Teil der Strategie zur Diversifizierung der Wirtschaft, weg von der einseitigen Abhängigkeit vom Erdöl. Bei einer auf rund 30 Prozent geschätzten Arbeitslosenquote müssen zudem dringend Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln bietet hier gute Möglichkeiten.
Landwirtschaftsminister António Francisco de Assis nannte im Januar 2020 auch Investitionen in den vermehrten Anbau von Soja und Mais zur Herstellung von Futtermitteln als Ziel, insbesondere für die Geflügelhaltung und Eierproduktion. Die Wiederinbetriebnahme der Hühnerfarm in Lucala (Cuanza-Norte) in der Gegenwart des Ministers im selben Monat diente hierzu als symbolische Unterstreichung.
Anschub bekommt die Professionalisierung der Landwirtschaft durch das 2018 beschlossene Projecto de Desenvolvimento de Agricultura Comercial (PDAC, Projekt zur Entwicklung einer kommerziellen Landwirtschaft) mit einem Finanzierungsvolumen von 230 Millionen US-Dollar, wovon die Weltbank 130 Millionen und die Französische Entwicklungsagentur (AFD) 100 Millionen US$ tragen. Die Implementierung beginnt in einer ersten Phase 2020 in den Provinzen Cuanza-Norte, Cuanza-Sul und Malanje.
Das Programm umfasst: Unterstützung von Produktion und Marketing (80 Millionen US$), Entwicklung der Infrastruktur (90 Millionen US$), Stärkung der Institutionen und des Geschäftsumfeldes (40 Millionen US$) sowie Management, Monitoring und Evaluation (15 Millionen US$). In einer folgenden Phase wird das Projekt auf weitere Provinzen ausgedehnt.
Die Bündelung von Kleinbetrieben in lokalen Clustern wird von mehreren privaten Akteuren mit Unterstützung der angolanischen Regierung vorangetrieben. Ähnlich wie in einer Genossenschaft produzieren die Landwirte für eine größere Einheit, die die Produkte abnimmt, aufbereitet und vertreibt. Schon seit etlichen Jahren existiert das Projekt Aldeia Nova mit 700 Kleinfarmen, das von der Regierung in Luanda zusammen mit einem israelischen Unternehmen finanziert wird. Pressemeldungen zufolge produziert der Verbund täglich 6.000 Liter Milch und pro Woche 6 Tonnen Fleisch. Unter dem Titel Agro-Pole stellte das indische Beratungsunternehmen Mahindra im November 2019 eine Studie für zwei landwirtschaftliche Cluster in Quibala (Cunaza-Sul) und Cacuso (Malanje) vor. Unklar erscheint, wer in die Projekte investieren soll, deren Finanzvolumen mit etwa 630 Millionen und 478 Millionen US$ angegeben wird.
Kernelement der aktuellen Wirtschaftsreformen in Angola ist die Umstellung von einer staatlich gelenkten zu einer mehr privatwirtschaftlichen Unternehmensstruktur. Dazu gehört neben der Privatisierung zahlreicher bisher staatlicher Firmen der Appell an ein stärkeres Engagement der privaten Unternehmerschaft. Dabei kämpfen lokal produzierende Unternehmen der Nahrungsmittelbranche mit der noch nicht immer ausreichenden Versorgung mit Rohwaren. Hinzu kommt eine noch starke Importwirtschaft, wie Jorge Leitao, Geschäftsführer von Fazenda 27, gegenüber der Zeitschrift Agrosadc Magazine ausführte.
Fazenda 27 produziert in der Provinz Cuanza-Sul unter verschiedenen Markennamen Fruchtsäfte (Kissumo), Tomatenerzeugnisse (Konduto) und Molkereiwaren (Kanuco). Derzeit sind 13 verschiedene Artikel im Angebot, zehn weitere sollen 2020 hinzukommen.
Vor der Unabhängigkeit im Jahr 1975 zählten Zuckerrohr und Kaffee zu den wichtigsten Exportprodukten des Landes. Um daran anzuknüpfen, will die Angolanische Entwicklungsbank (Banco de Desenvolvimento de Angola, BDA) den Kaffeeanbau in den Provinzen Zaire, Uíge, Cuanza-Norte, Bié und Huambo fördern. Mit einem indischen Unternehmen wurde hierzu ein Vertrag zur technischen Beratung abgeschlossen, erwartet werden Pressemeldungen zufolge auch Investitionen aus Indien. Angonabeiro, lokale Filiale des portugiesischen Unternehmens Delta Cafés, investiert auch künftig in den Anbau und die Weiterverarbeitung von Kaffee in Angola. Lokal ist Angonabeiro vor allem mit der Marke Ginga präsent.
Ein Projekt zum Anbau von Kakao in der nördlichen Exklave Cabinda kündigte der Vertreter der afrikanischen Staaten in der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder (Comunidade dos Países de Lingua Portuguesa, CPLP) im Dezember 2019 in Porto an. Finanziert durch einen Fonds aus der Schweiz soll dort ein neuer Produktionsstandort für den vermehrt nachgefragten Süßwaren-Rohstoff aufgebaut werden.