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Australien ist Vorreiterland für Batteriegroßspeicher

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien steigt der Bedarf an Stromspeicherkapazitäten. Aktuell erlebt Australien eine Projektflut für netzgebundene Batteriespeicher.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Nach Angaben des Australian Energy Market Operator (AEMO), welcher das Stromnetz an der Ostküste betreibt, beläuft sich die Leistung der bereits installierten Speichersysteme auf rund 260 Megawatt. Weitere 21.000 Megawatt befinden sich derzeit in der Planungsphase. Diese gewaltige Speicherkraft verteilt sich auf über 50 Einzelprojekte.

Der Bedarf für Energiespeicher entsteht insbesondere aufgrund von Veränderungen im australischen Strommarkt. Bis 2040 werden im Netz der Ostküste (National Electricity Market, NEM) circa 60 Prozent der bestehenden Kohlekapazitäten von rund 23 Gigawatt stillgelegt. Als Ersatz ist ein gewaltiger Zubau von Wind- und Solarkraftleistung erforderlich.

Für die Integration der fluktuierenden erneuerbaren Energien werden nach Studien von AEMO Speicherkapazitäten von bis zu 19 Gigawatt benötigt, damit die Stabilität des Stromnetzes gewährleistet ist. Branchenkenner erwarten, dass sich neben Pumpspeicherkraft auch Batterien größere Marktanteile sichern können.

Energiekonzerne errichten Batterieparks

Als wichtige Markttreiber für den Bau von Großbatterien erweisen sich insbesondere die drei führenden Energiekonzerne des Landes. Diese setzen auf große Batteriespeicher an den Standorten bestehender Kohle- und Gaskraftwerke, insbesondere um die dort bereits vorhandene Netzinfrastruktur zu nutzen.

Origin Energy plant fünf Batterieprojekte mit einer Leistung von über 1,5 Gigawatt. Die größte Anlage mit einer Leistung von 700 Megawatt ist am Eraring Kohlekraftwerk in New South Wales vorgesehen. Weitere geplante Standorte sind die Gaskraftwerke Mortlake (Victoria), Uranquinty (New South Wales) und Darling Downs (Queensland).

Eine hohe Investitionstätigkeit entfaltet auch AGL Energy mit einer geplanten Speicherleistung von 1,3 Gigawatt. Am Standort Liddell in New South Wales ist beispielsweise eine Batterie mit 500 Megawatt geplant. Der dortige Kohlemeiler wird 2023 abgeschaltet, die vorhandene Netzinfrastruktur soll jedoch weiter genutzt werden. Bei der Realisierung dieser Vorhaben kooperiert AGL Energy mit dem finnischen Unternehmen Wärtislä sowie Fluence, einem Gemeinschaftsunternehmen von Siemens und AES.

EnergyAustralia wiederum will am Yallourn Kohlekraftwerk (Victoria) einen Netzspeicher bauen (350 Megawatt). Eine Vielzahl weiterer Entwickler setzt auf Speicherlösungen in Verbindung mit Solar- und Windparks.

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Bedarf für Systemdienstleistungen steigt

Derzeit erzielen operative Großbatterien rund 80 Prozent ihres Umsatzes auf dem Markt für Systemdienstleistungen (Frequency Control Anciliary Services, FCAS). Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien kommt es naturgemäß zu höheren Schwankungen im Stromnetz, die ausgeglichen werden müssen. Im Jahr 2020 trugen regenerative Quellen rund 27 Prozent zum Strommix in Australien bei. Bis 2030 halten Experten einen Anstieg auf deutlich über 50 Prozent für möglich.

Die Nachfrage nach Primärregelleistungen, für die Batterien mit ihrer sekundenschnellen Reaktionszeit gut geeignet sind, wird steigen. Die Regulierungsbehörde Australian Energy Market Commission (AEMC) arbeitet an der Einführung eines neuen Marktes für Ultra-Fast Frequency Services mit einer Reaktionszeit von 1 bis 2 Sekunden, den Batteriebetreiber erschließen können. Bislang betrug die schnellste Reaktionszeit 6 Sekunden.

Größte netzbildende Batterie der Welt geplant

Mit der kommenden Abschaltung von Kohlekraftwerken geht dem Netz auch die Momentanreserve verloren. Auch hier könnten Batterien eine Lösung bieten, und deutsche Unternehmen verfügen über die erforderliche Technologie. So liefert die SMA Solar Technology AG innovative Wechselrichter für das netzbildende Batterieprojekt von AGL Energy auf Torrens Island (South Australia). Dort entsteht das weltweit größte Speicherkraftwerk, das eigenständig ein Stromnetz bilden kann. Künftig könnten solche Anlagen durch die Erzeugung virtueller Trägheit auch die Momentanreserve bereitstellen.

"Das Projekt auf Torrens Island hat globale Bedeutung. Australien gehört zu den Ländern der Welt, in denen zu bestimmten Tageszeiten bereits sehr große Mengen erneuerbarer Energien in das Netz eingespeist werden. Indem wir hier beweisen, dass SMA-Technologie die Stabilität des Netzes gewährleisten kann, treiben wir einen reibungsloseren Übergang von der traditionellen Stromerzeugung hin zu einem Netz, das von erneuerbaren Energien dominiert wird, voran", so Joshua Birmingham, Director of Large Scale & Project Solutions bei SMA Australia.

Reform auf dem Strommarkt hilft Batterien

Der Markt für Systemdienstleistungen ist naturgemäß begrenzt, weshalb sich die Entwickler von Batterieprojekten neue Einnahmequellen erschließen müssen. Eine gute Möglichkeit entsteht durch Arbitrage am Strommarkt. Durch die Flut an Solarstrom fallen im Stromhandel die Spotpreise im National Electricity Market (NEM) zur Mittagszeit immer häufiger in den negativen Bereich, steigen zur Spitzlastzeit dann jedoch wieder deutlich an. Zur Spitzenzeit um 18.00 Uhr liegt der Spotpreis nicht selten bei über 300 Australische Dollar, etwa 215 US-Dollar, pro Megawattstunde.

Diese Preisunterschiede zwischen Peak- und Off-Peak-Zeiten können sich Batteriebetreiber zunutze machen, indem sie zu Niedrigpreis-Stunden gespeicherten Strom zu Zeiten mit Spitzenlast ins Netz einspeisen. Die regulatorischen Voraussetzungen dafür werden deutlich verbessert. So wurde der durchschnittliche Spotpreis im NEM bislang in einem dreißigminütigen Intervall berechnet. Ab Oktober 2021 wird dieses Intervall auf 5 Minuten verkürzt. Technologien wie Batteriespeicher, die schnell auf Nachfrageschwankungen reagieren können, werden profitieren.

Bei den Speicherkapazitäten neuer Batterieprojekte lässt sich bereits ein Anstieg beobachten. Bislang wurden Netzspeicher so konzipiert, dass sie bei voller Leistung maximal 2 Stunden lang Strom liefern konnten. Mittlerweile entstehen Projekte mit einer Speicherkapazität von 4 Stunden.

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