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Branchenbericht Belgien Energieeffizienz
Brüssel (GTAI) - Belgiens Energieverbrauch soll sich bis 2020 um 18 Prozent gegenüber dem Jahr 2007 reduzieren. Sowohl in der Industrie wie auch in Gebäuden bleibt der Investitionsbedarf hoch.
14.11.2018
Die belgische Föderalregierung und die drei Regionen Flandern, Wallonien und Brüssel haben 2017 ihre jeweils vierten Aktionspläne zur Energieeffizienz aufgelegt. Die landesweite Einsparung von 18 Prozent ergibt sich aber nicht aus der Vorgabe und den Umsetzungsschritten des föderalen Aktionsplans, sondern aus der Aufsummierung der regionalen Anstrengungen.
Das niederländischsprachige Flandern, das frankophone Wallonien und die bilinguale Hauptstadtregion Brüssel verfügen in vielen Punkten über eine Autonomie, so auch in Fragen der Energieversorgung und -effizienz. Eine interministerielle Arbeitsgruppe zwischen den Regionen und der Föderalregierung stimmt Rahmenbedingungen und gemeinsame Interessen gegenüber anderen Staaten oder der Europäischen Union (EU) ab.
Dennoch unterscheiden sich die administrativen und politischen Gegebenheiten bei der energetischen Gebäudesanierung oder der Modernisierung von Produktionsanlagen und Fahrzeugflotten je nach Ort zum Teil erheblich. Dies gilt von Amtssprachen über gesetzliche Vorgaben oder die Gestaltung von Energieausweisen bis hin zu Förderprogrammen und -institutionen.
Konkret soll der landesweite Endenergieverbrauch bis 2020 auf 32.500 Kilotonnen an Rohöläquivalenten sinken. Dieses Ziel kann Belgien durchaus verfehlen. Im Jahr 2016 lag der Wert laut neuesten verfügbaren Zahlen noch um 12 Prozent höher und der föderale Aktionsplan hielt es 2017 auch für möglich, dass Belgien 2020 lediglich ein Niveau von 34.520 Kilotonnen an Rohöläquivalenten erreicht.
Die aktuellen Pläne sehen vor, dass die Hauptstadtregion Brüssel ihren Endenergieverbrauch bis 2020 um 19,8 Prozent gegenüber dem Niveau von 2007 verringert. Geringer fallen die Reduzierungen in Flandern mit 15,3 Prozent und in Wallonien mit 10,4 Prozent aus.
Deutschen Anbietern für energiesparende Industrielösungen bieten sich in Belgien sehr gute Auftragschancen. Zum einen war das verarbeitende Gewerbe dort 2017 mit einem Anteil von 14,4 Prozent an der Bruttowertschöpfung immer noch bedeutender als in vielen anderen Ländern der Region.
Vor allem jedoch ist die belgische Wirtschaft energieintensiver als in jedem anderen EU-Staat außer Finnland, der bereits vor der Osterweiterung 2004 Mitglied war. Einen besonders hohen Verbrauch haben dabei Belgiens Chemie-, Pharma-, Raffinerie-, Stahl-, und Nahrungsmittelindustrien, auf die sich 2016 alles in allem 23 Prozent des landesweiten Endverbrauchs an Energie summiert haben.
Sektor | Kilotonnen Rohöläquivalente | Anteile (in %) |
Insgesamt, darunter | 36.333 | 100,0 |
.Industrie, darunter | 12.209 | 33,6 |
..(Petro-)Chemie | 4.331 | 11,9 |
..Eisen/Stahl | 2.506 | 6,9 |
..Nahrungsmittel | 1.502 | 4,1 |
.Verkehr, darunter | 10.514 | 28,9 |
.. Straße | 8.667 | 23,9 |
.. Luft | 1.440 | 4,0 |
.Haushalte | 8.135 | 22,4 |
.Dienstleistungssektor | 4.656 | 12,8 |
.Sonstige | 819 | 2,3 |
Quellen: Belgisches Statistikamt
Von den über 4,5 Millionen Gebäuden in Belgien sind nur 10 Prozent seit 2002 und weitere 16 Prozent zwischen 1981 und 2001 entstanden. Fast drei Viertel aller Objekte stammen aus der Zeit davor, als es keine oder nur sehr unzureichende Vorgaben zur Energieeffizienz gab. Bei einer energetischen Sanierung ist zudem oft denkmalpflegerisches Können gefragt, denn 37 Prozent aller belgischen Gebäude sind bereits vor 1945 errichtet worden. In Brüssel liegt diese Quote sogar bei 66 Prozent.
Jahr der Fertigstellung | Anzahl | Anteil am Gesamtbestand (in %) |
vor 1918 | 1.055.217 | 23,3 |
1919-1945 | 619.438 | 13,7 |
1946-1961 | 613.072 | 13,5 |
1962-1981 | 1.050.034 | 23,2 |
1982-2001 | 736.809 | 16,3 |
2002-2011 | 299.521 | 6,6 |
seit 2012 | 152.738 | 3,4 |
Quelle: Belgisches Statistikamt
Der bei weitem größte belgische Regionalmarkt für Energieeffizienzlösungen ist Flandern. Dieses Gebiet hat den höchsten Anteil an Gebäuden, Einwohnern und industrieller Erzeugung. Darüber hinaus offeriert Flandern die meisten Förderungen, etwa Prämien für Dach-, Wand-, Fenster-, Boden- und Kellerisolierungen, den Austausch von Brennern oder Energieberatungen von Unternehmen. Aber auch die anderen Regionen Wallonien und Brüssel-Hauptstadt fördern energieeffiziente Investitionen.
Kennziffer | Belgien | Anteil Flandern (in %) | Anteil Wallonien (in %) | Anteil Brüssel (in %) |
Gebäude (Anzahl 2018), darunter | 4.532.027 | 59,0 | 36,7 | 4,3 |
.vor 1982 entstanden | 3.342.959 | 58,6 | 35,6 | 5,8 |
Modernisierungsbewilligungen von Wohngebäuden (Anzahl 2017) | 23.943 | 53,6 | 39,1 | 7,3 |
Modernisierungsbewilligungen von sonstigen Gebäuden (Anzahl 2017) | 4.037 | 67,6 | 29,7 | 2,7 |
Einwohner (Anzahl 2017) | 11.351.727 | 57,5 | 31,9 | 10,6 |
Bruttowertschöpfung verarbeitendes Gewerbe (in Mrd. Euro 2016), darunter | 53,9 | 71,4 | 24,2 | 4,4 |
.Chemieindustrie | 8,9 | 81,3 | 14,2 | 4,5 |
.Nahrungsmittel-, Getränkeindustrie | 8,2 | 72,6 | 22,7 | 4,7 |
.Pharmaindustrie | 6,7 | 54,4 | 43,7 | 1,9 |
.Metallindustrie *) | 6,5 | 72,4 | 25,9 | 1,7 |
*) ohne Maschinen- und Anlagenbau
Quellen: Belgisches Statistikamt, Eurostat, Belgische Nationalbank
In Flandern ist die Flämische Energieagentur (Vlaamse Energieagentschap) für Fragen der Energieeffizienz einschließlich Förderungen zuständig. Diese unterhält die Homepage http://www.energiesparen.be. Eine Übersicht über energetische Richtlinien findet sich dort unter http://www.energiesparen.be/EErichtlijn. Über Subventionen für energetische Gebäudesanierungen informiert zudem die Seite http://www.vlaanderen.be/nl/bouwen-wonen-en-energie/lenen/energielening#publicaties. Der Vierte Flämische Aktionsplan zur Energieeffizienz ist auf Englisch unter https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/be_neeap_2017_flemish_en_0.pdf zu finden.
In Wallonien obliegt die Förderung der Energieeffizienz der Abteilung für Energie und nachhaltiges Bauen (Département de l'Energie et Bâtiment durable) in der Generaldirektion für Raumplanung, Wohnen, regionales Erbe und Energie (Direction générale opérationnelle de l'Aménagement du territoire, du Logement, du Patrimoine et de l'Énergie). Diese betreibt den Internetauftritt http://energie.wallonie.be. Ein Erlass der wallonischen Regierung zur Förderung von energetischen Wohnraumsanierungen ist auf Französisch unter https://wallex.wallonie.be/index.php?doc=29199&rev=30705-20417 zu finden. Der Vierte Wallonische Aktionsplan zur Energieeffizienz ist auf Französisch auf der Seite https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/be_neeap_2017_wallonie_fr.pdf eingestellt.
In Belgiens Hauptstadtregion übernimmt das Brüsseler Institut für Umweltmanagement (Institut Bruxellois pour la Gestion de l'Environnement) die Energieeffizienzförderung (www.environnement.brussels). Ein regionaler Erlass zu Anforderungen an die Energieeffizienz und das Raumklima von Gebäuden ist auf Französisch unter http://www.etaamb.be/fr/arrete-du-gouvernement-de-la-region-de-bruxellescapit_n2015031400.html eingestellt. Der Vierte Brüsseler Aktionsplan zur Energieeffizienz ist auf Französisch unter https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/be_neeap_2017_bruxelles_fr.pdf einsehbar.
Der aktuelle Nationale Aktionsplan zur Energieeffizienz findet sich auf Englisch unter https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/be_neeap_2017_federal_en.pdf.
Unterstützung beim Markteintritt offeriert auch die seit langem etablierte Deutsch-Belgisch-Luxemburgische Handelskammer (https://debelux.ahk.de) in Brüssel.
Weitere Informationen zu Belgien finden Sie unter http://www.gtai.de/Belgien.