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Die Häfen an der Nordsee und in Le Havre sind für die Lieferketten nach Deutschland von entscheidender Bedeutung. Sie sind - ebenso wie der Eurotunnel - voll funktionsfähig.
22.05.2020
Von Torsten Pauly, Peter Buerstedde | Berlin, Paris
In den deutschen, niederländischen, belgischen und französischen Seehäfen sind seit Ausbruch der Coronapandemie in der Regel besondere Hygiene- beziehungsweise Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. Über die aktuelle Situation informieren die Betreibergesellschaften in Hamburg Bremen, Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, Zeebrugge, dem North Sea Port mit Standorten im belgischen Gent und in der niederländischen Region Zeeland, Calais, Dünkirchen und Le Havre.
Dennoch wirkt sich die Coronakrise auf den Warendurchgang in vielen Häfen negativ aus. Dies zeigt sich in den bereits vorliegenden Zahlen für das erste Quartal 2020. In Europas größtem Hafen Rotterdam gab es einen Umschlagrückgang von 9,3 Prozent im Vergleich zu den ersten drei Monaten 2019. Die Betreibergesellschaft erwartet, dass es auch im Gesamtjahr 2020 zu einer Abnahme um 10 bis 20 Prozent kommen wird.
Auch im Hamburger Hafen war der Warenumschlag zwischen Januar und März 2020 um 7,9 Prozent geringer als in den ersten drei Monaten des Vorjahres. Die niederländisch-belgische Norht-Sea-Port-Gesellschaft registrierte im ersten Quartal 2020 ein um 6,6 Prozent geringeres Güteraufkommen.
Europas zweitgrößter Hafen Antwerpen hat dagegen im ersten Quartal 2020 ein Umschlagplus von 4 Prozent registriert. Dies ist jedoch den starken ersten Wochen des Jahres geschuldet. In Zeebrugge war der Umschlag zwischen Januar und März 2020 sogar um 34,3 Prozent höher als im selben Vorjahreszeitraum. Dies lag jedoch an stark erweiterten Liquefied Natural Gas (LNG)-Kapazitäten. In anderen Segmenten gab es Rückgänge. Zudem hat sich der Durchlauf im März 2020 verlangsamt. Dies führt dazu, dass der Hafen Zeebrugge kurzfristig zusätzliche Stellflächen bereitstellt.
Die Coronakrise hat in Frankreich vor allem den größten Containerhafen Le Havre hart getroffen. Bereits vor der Krise - von Dezember 2019 bis Januar 2020 - hatten Streiks (Opération „Port Mort“) gegen die Rentenreform der Regierung den Hafen wiederholt zum Stillstand gezwungen. Anfang März hatte der Hafen daraufhin die Rückerstattung der Standgebühren für Container verkündet. Die Erstattung erfolgte für die zwei Streikwochen. Zudem wurden die Hafengebühren um 10 Prozent bis Ende 2020 gesenkt. Ziel der Aktion war, die Aktivität anzutreiben und Kunden zurückzuholen, die während der Streiks auf Antwerpen ausgewichen waren.
Dann kam die Coronakrise: Der Umschlag brach ein und die Stellplätze für Container und Kfz füllten sich auf. Im April 2020 haben etwa 40 Prozent weniger Schiffe (30 Prozent weniger Containerschiffe) Le Havre angesteuert als im Vorjahresmonat. Auch im Mai und Juni dürfte sich der Umschlag mit einer Belebung des Konsums in Frankreich und dem Abbau der Lagerbestände im Hafen erst langsam wieder erholen. Um dem starken Wettbewerb durch Antwerpen um Lieferungen in die Hauptstadtregion Paris zu begegnen, wird der Hafen Le Havre im Hafenverbund Haropa enger mit Häfen in Rouen und Paris verknüpft werden. Ab 1. Januar 2021 sollen sie einer einzigen Geschäftsführung unterstellt werden. Etwa die Hälfte der Seefracht, die für die Hauptstadtregion gedacht ist, läuft bereits über Antwerpen.
Der Hafen von Dunkerque hat in der Krise vor allem unter dem fast vollständigen Stillstand des Stahlwerks von ArcelorMittal zu leiden. Das Werk war vor der Krise für mehr als 80 Prozent des Umschlags verantwortlich. Noch ist unklar, wann die beiden stillgelegten von insgesamt drei Hochöfen wieder hochgefahren werden.
Der Personenverkehr durch den Eurotunnel ist mit einem Rückgang von 91 Prozent im April fast völlig zum Erliegen gekommen. Die Betreibergesellschaft Getlink vermeldete bei der Fracht rund 80.000 Lkw und damit 34 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. In den ersten vier Monaten des Jahres hat Getlink 466.000 Lkw transportiert (-17 Prozent).
Alle großen Nordseehäfen haben für den deutschen Außenhandel strategische Bedeutung, da dort globale Warenströme zusammenkommen. So hat etwa Europas zweitgrößter Hafen Antwerpen 2017 circa 30 Prozent seines Warendurchgangs für Kunden in Deutschland realisiert.
Umschlag niederländischer, belgischer, französischer Häfen an Nordsee und Ärmelkanal
Hafen | 2019 (Mio. t) | Veränderung 2019/2018 (in %) | Veränderung 2019/2015 (in %) |
---|---|---|---|
Rotterdam | 469,4 | 0,1 | 0,6 |
Antwerpen | 238,2 | 1,2 | 14,3 |
Hamburg | 136,6 | 1,1 | -0,9 |
Amsterdam | 86,9 | 5,6 | 10,6 |
North Sea Port, darunter | 71,4 | 1,5 | k.A. *) |
.im belgischen Gent | 32,5 | -0,1 | 23,1 |
.im niederländischen Zeeland | 38,9 | 3,2 | k.A. *) |
Bremen | 69,4 | -6,7 | -5,4 |
Le Havre | 65,8 | -7,1 | -3,7 |
Dunkerque | 52,6 | 2,0 | 13,0 |
Zeebrugge | 45,8 | 14,2 | 19,6 |
Calais | 44,0 | -4,6 | 5,2 |
*) die niederländisch-belgische Hafengesellschaft North Sea Port existiert seit 2018
Quellen: Hafengesellschaften 2020, Flämische Hafenkommission 2020, Ministère de la transition écologique et solidaire 2020