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Branchen | Brasilien | Druck-, Verlagserzeugnisse

Druckgewerbe

In der Coronakrise erlebte die Druckindustrie einen dramatischen Einbruch, der die Konsolidierung vorantreibt. Nur im Verpackungs- und Dekordruck investieren die Unternehmen.

Von Gloria Rose | São Paulo

Markttrends: Wiederbelebung nach dramatischem Einbruch

Die Coronakrise verstärkte den Negativtrend, den die brasilianische Druckindustrie bereits seit 2012 erlebt. Die Produktion brach 2020 um 17,4 Prozent ein. Ohne Berücksichtigung des Verpackungsdrucks ging die Produktionsmenge sogar um 37,8 Prozent zurück. Der Produktionswert betrug 2020 umgerechnet nur noch etwa 8,1 Milliarden US-Dollar (US$). 

Nach und nach erholt sich die Branche. Im 1. Quartal 2021 nahm die Produktion gegenüber dem Vorquartal um 9 Prozent zu, lag aber immer noch 5,5 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Für 2021 erwartet der Brancheverband Abigraf derzeit eine Steigerung der Ausbringung um 7,9 Prozent.

Zeitungen/Zeitschriften: Druckauflage stürzte ab

Die Druckauflage geht stark zurück. Zeitungen- und Zeitschriftverlage konzentrieren sich auf ihre Onlineauftritte, mit Fokus auf Smartphones und sozialen Netzwerken. Auch traditionelle Zeitungen stellen auf eine rein digitale Herausgabe um.

Werbedruck/Geschäftsdruck/Formulardruck: Digitalisierung schreitet voran

Sowohl in den Unternehmen als auch in den Behörden wird die Verwaltung zunehmend digitalisiert. In der Werbung gewinnt das Internet stark an Bedeutung. Auch in der Außenwerbung werden zunehmend digitale Medien eingesetzt. In den Kampagnen für die Kommunalwahlen 2020 wurde jedoch immerhin ein Viertel der Ausgaben für gedruckte Werbematerialien getätigt.

Bücher: Kleinere Auflagen und Print-On-Demand

Im Verlagsdruck ist die Konkurrenz durch Importe besonders hoch. Über ein Drittel der Grafikimporte sind Verlagsprodukte. Im Buchdruck setzt sich der Trend zu kleineren Auflagen fort. Print-on-Demand und digitale Druckverfahren gewinnen an Bedeutung. Damit einher geht eine weitere Tendenz: personalisierte und selbstverlegte Bücher.

Verpackungsdruck und Etiketten: Wachstum stimuliert die Investitionen

Brasiliens Verpackungsindustrie steigerte die Produktion 2020 um 0,5 Prozent. Laut einer Studie des Branchenverbandes ABRE legte die Bruttowertschöpfung in brasilianischen Real 2020 um 22,3 Prozent zu und lag bei etwa 18 Milliarden US$. Das mit Abstand wichtigste Segment der Druckindustrie entwickelt sich seit Jahren deutlich besser als alle anderen Bereiche. Für 2021 erwartet ABRE ein Wachstum um 4,8 Prozent und für 2022 um 1,7 Prozent.

Rund 40 Prozent der Bruttowertschöpfung erzielen Kunststoffverpackungen und etwa 30 Prozent Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton. Metallverpackungen tragen 15 Prozent bis 20 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Sektors bei, Gläser nur rund 5 Prozent.

Infolge der konstant steigenden Nachfrage investieren die Hersteller trotz Coronakrise. Gráfica Gonçalves stellte 2020 auf Industrie 4.0 um und installierte zwei Anlagen von Koenig & Bauer. Der US-amerikanische Etikettenproduzent Avery Denninson errichtet in Vinhedo São (Paulo) eine neue Fabrik für Smart Labels. Derweil verstärkte sich der brasilianische Konkurrent CCRR durch die Übernahme von Pimaco. Die Druckerei Rami wurde 2020 von der Gruppe Bomix übernommen. 

Dekordruck: Deutsche Unternehmen investieren vor Ort

Brasiliens Dekormarkt wächst. Aber auch die Exportchancen animieren die deutschen Produzenten im Bundesstaat Paraná. Die Impress Gruppe erweitert die Produktionkapazität in Araucária auf 200 Millionen Quadratmeter pro Jahr. Kurz nach der Aufstockung um einen vierten Imprägnierkanal investiert der Hauptkonkurrent Schattdecor nun in die fünfte Anlage in São José dos Pinhais.

Nachfrage nach Druckern auf Erholungskurs

2020 ging der Absatz von Druckern um 6,8 Prozent zurück. Mit der Umstellung auf Homeoffice brach die Nachfrage nach Laser- und Tintenpatronendruckern ein. Dahingegen legte der Verkauf von Tintentankdruckern leicht zu. Der Umsatz fiel um fast 17 Prozent auf 560 Millionen US$. Aufgrund der Verteuerung durch den Wechselkurs dürfte die Nachfrage nach Laserdruckern weiter schwächeln. HP, Canon und Epson fokussieren auf kostengünstigere Tintenmodelle.

Bei Ausrüstung erwartet Marktforschungsunternehmen IDC Brasil für 2021 ein Wachstum um 11 Prozent auf einen Umsatz von 637 Millionen US$. Anbieter von Druckoutsourcing passen sich an die neuen Marktbedingungen an und dürften 2021 einen Umsatz von 580 Millionen US$ erzielen, so IDC. Besonders stark wächst der Markt für KMU, der 2020 drastisch einbrach.

Deutschland bleibt zweitwichtigster Druckmaschinenlieferant

Laut Afeigraf, Brasiliens Verband der Zulieferer der Druckindustrie, brach die Einfuhr von Druckmaschinen und -ausrüstung 2020 um 20,1 Prozent ein. Im 1. Halbjahr 2021 erholte sich der Import, lag aber immer noch um 8 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Deutschland war 2020 weiterhin das zweitwichtigste Lieferland nach China. Aus China stammten 21 Prozent und aus Deutschland 15 Prozent der brasilianischen Importe. In den Segmenten Bogen- und Rollenoffsetdruck sind deutsche Maschinen und Geräte marktführend.

Importe von Maschinen und Ausrüstung der Drucktechnik (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

Kategorie

Einfuhrvolumen 2020

Veränderung 2020/2019

Einfuhrvolumen 1. Hj. 2021

Veränderung 1. Hj. 2021/1. Hj. 2020

Druckvorstufe

199

-6,5

111,8

38,2

Digitaldruck

214

-23,1

110,3

-3,4

Bogenoffset 

88

-36,2

41,1

-24,8

Rollenoffset

77

-28,3

41,0

-10,5

Flexodruck

109

-22,4

62,5

5,8

Typografie

15

-4,3

10,2

22,3

Andere Druckverfahren

15

-46,2

5,0

-48,8

Druckweiterverarbeitung

64

-29,7

28,1

-1,4

Verschiedenes

96

-16,3

54,7

21,4

Insgesamt

677

-20,1

363,9

7,1

Quelle: Beratungsunternehmen websetorial für Afeigraf

Branchenstruktur/Wettbewerb: Coronakrise beschleunigt Konsolidierung

Brasiliens Druckindustrie wird immer noch von einer Vielzahl kleiner Druckereien geprägt. Über 80 Prozent beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter. Der unausweichliche Konsolidierungsprozess wird durch die Krise beschleunigt. Der Branchenverband Abigraf befürchtet, dass ein Viertel der 17.671 Unternehmen den Betrieb einstellen könnte.

Es trifft nicht nur die kleinen. Nach dem Rückzug der US-amerikanischen Druckereigruppe RR Donnelly 2019 wirft auch Motivating Graphics das Handtuch. Anfang 2021 löste der Zeitschriftenverlag Abril, der sich bereits seit 2018 in Zahlungsschwierigkeiten befindet, seine Verlagsdruckerei auf. Davon profitieren andere Großdruckereien wie Posigraf der Gruppe Positivo, Plural der Gruppe Folha, Esdeva, Margraf, Grupo Print Laser (vormals Log&Print) und Edigráfica der Gruppe Ediouro.

Besonders problematisch für den Bestand im gestiegenen Wettbewerb ist die Preisentwicklung für Ausgangsmaterialien. Infolge der Abwertung des brasilianischen Real verteuerten sich Papier, Pappe und andere Verpackungsmaterialien sowie die zum Großteil importierten Druckfarben und weitere Materialien expressiv. 

Outsourcing 4.0

Über die Plattform Simpress as a Service (SaaS) digitalisierte der Outsourcing-Marktführer Simpress seine Dienstleistungen bereits 2019. Simpress bediente vor der Krise bereits über 40 Prozent des Outsourcing-Markts in Brasilien und erzielte jährliche Umsatzsteigerungen um etwa 10 Prozent. 2020 wuchs das Tochterunternehmen von HP Inc., das in Brasilien über einen Park von mehr als 140.000 Druckmaschinen verfügt und und alle Bundesstaaten bedient, um 12 Prozent. Im 1. Halbjahr 2021 steigerte Simpress den Umsatz um 35 Prozent. Innerhalb der kommenden zwölf Monate soll der Jahresumsatz die Marke von 200 Millionen US$ erreichen.

Umsatz der Druckindustrie (Anteil in Prozent)

Segment

Anteil 2020

Verpackungsdruck

49

Verlagsdruck

21

Werbedruck

8

Formulare

7

Etiketten

5

Geldkarten

3,9

Vordruck

3,1

Hefte

2,9

Umschläge

0,1

Gesamte Druckindustrie

100

Quelle: Abigraf

Rahmenbedingungen: Steigende Kosten für Importe

Um Investitionsanreize zu setzen und die Industrie zu fördern, soll die Aufrüstung und Modernisierung kostengünstiger werden. Als ein wichtiger Schritt galt die Überarbeitung der Normen für Arbeitssicherheit im Jahr 2019, insbesondere der Norm NR12, die für viele ausländische Maschinenhersteller eine Marktzugangsbeschränkung darstellte. Nach der neuen Richtlinie reicht eine internationale Zertifizierung aus. Auch die neuen Vorgaben im Beschaffungswesen erleichtern die Teilnahme ausländischer Unternehmen an den Ausschreibungen staatlicher Unternehmen wie beispielsweise der brasilianischen Sicherheitsdruckerei Casa da Moeda. Das Globalprojekt Qualitätsinfrastruktur setzt sich dafür ein, nichttarifäre Handelshemmnisse für deutsche Exportgüter abzubauen. 

Eine weitere Maßnahme der brasilianischen Regierung ist die breite Anwendung des Zollregimes Ex-Tarifário. Darüber genehmigt Brasilien vorübergehende Minderungen der Mercosur-Einfuhrzölle auf Maschinen, die nicht in Brasilien hergestellt werden. Die Fortsetzung des Regimes nach Ende 2021 ist jedoch unsicher und wird derzeit in der Zollunion verhandelt. Die Unsicherheit erschwert die Planung der Importeure. Ohne die Zollminderungen wird sich ausländische Technologie weiter verteuern. Auch der Wechselkurs treibt die Kosten für Importprodukte in die Höhe.

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