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Bier aus Deutschland kennen die meisten Chinesen. Auch Milchpulver hat einen sehr guten Ruf. Doch ansonsten sind deutsche Nahrungsmittel eher rar.
15.04.2020
Von Stefanie Schmitt | Beijing
Viele chinesische Verbraucher hegen nach wie vor Misstrauen gegenüber lokalen Lebensmitteln. Sie greifen deshalb, besonders wenn es darauf ankommt und sie es sich leisten können, zu Importware. Andere probieren gerne einmal etwas Neues aus. Deutsche Produkte gelten generell als hochwertig und sicher. In einem Land mit immer wieder auftretenden Nahrungsmittelskandalen und ganz aktuell im Zeichen der COVID-19-Krise, die das ganze Land erfasst hat, ist dies ein wichtiger Bonus. Allerdings erschweren verschiedenste Hindernisse ausländischen Firmen den Zugang zum Markt.
So wird beim Import von Lebensmitteln grundsätzlich zwischen sogenannten Hochrisikoprodukten (in erster Linie Milch, Fleisch und deren Erzeugnisse sowie Fisch) und „Low Risk“-Waren wie Bier oder Schokolade unterschieden. Für die Einfuhr von Risikowaren bedarf es eines zwischen den Regierungen verhandelten bilateralen Protokolls und darauf aufbauender Zertifikate, die von amtlichen Veterinären des Herkunftslandes ausgestellt werden. Besteht keine solche Vereinbarung, dann ist der Import dieser Produkte untersagt. Für andere Nahrungsmittel genügen in der Regel eigene Erklärungen, die die Unbedenklichkeit garantieren.
Die Protokolle schreiben zum Beispiel die Haltungsbedingungen der Tiere, unter anderem das Fehlen von Krankheiten, detailliert vor. Hierzu zählt bei Schweinefleisch, dass keine Anzeichen von Afrikanischer Schweinepest vorhanden sein dürfen. Nach derzeitigem Stand würde das Auftreten eines einzigen Falls in Deutschland den gesamten Schweineexport nach China zum Erliegen bringen. In den ersten elf Monaten 2019 importierte das Reich der Mitte aus Deutschland laut statistischem Bundesamt 0,5 Millionen Tonnen Schweinefleisch, ein Zuwachs von 63 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Deutschland war damit zweitwichtigster Lieferant nach Spanien.
Aktuell existieren zwischen Deutschland und der Volksrepublik bilaterale Abkommen für unverarbeitetes Schweinefleisch sowie für Milch und Milchprodukte. Informationen über diese Abkommen sind bei den Agrarverbänden oder den Überwachungsbehörden (in diesem Fall bei den Veterinärämtern) der Bundesländer erhältlich. Die deutsche Agrarwirtschaft zeigt großes Interesse an Vereinbarungen für die Ausfuhr von Rindfleisch (dies war aufgrund von BSE-Fällen von chinesischer Seite gestoppt worden), von verarbeitetem Schweinefleisch und für Geflügelfleisch.
Unabhängig von bestehenden Protokollen und Zertifikaten unterliegen exportinteressierte Unternehmen weiteren Prüfungen und der Registrierung bei den zuständigen chinesischen Stellen. Hier geht es sowohl um Betriebsregistrierung als auch um die Erfassung von Einzelprodukten beziehungsweise deren Rezepturen (zum Beispiel bei Babymilchpulver). Dies kann für Firmen vor allem durch Auditierungen vor Ort recht kostspielig werden. Hierzu kann auch die Überprüfung eines kompletten Produktionsprobelaufs gehören. Eine Registrierung gilt in der Regel für vier bis fünf Jahre.
Doch auch eine solche Regelung berechtigt noch nicht zum unbeschränkten Verkauf in China. Denn nicht selten sind vor Ort weitere Hürden zu nehmen. Der Markt für Babymilchpulver ist beispielsweise sehr stark reglementiert. Hier darf jedes Unternehmen nur drei Serien zu neun Rezepturen registrieren lassen und muss dabei die Inhaltsstoffe offenlegen. Dies ist umso gravierender, da das Produkt in der Volksrepublik stark nachgefragt wird und das Reich der Mitte deshalb einen sehr attraktiven Absatzmarkt darstellt. Jeder kennt die von chinesischen Kunden leergekauften Regale in deutschen Drogeriemärkten. In den ersten drei Quartalen 2019 lieferte Deutschland laut der chinesischen Zollstatistik 24.300 Tonnen Milchpulver (ohne weitere Unterscheidung) im Wert von 57 Millionen US-Dollar.
Generell sind Muster der Firmendaten und aller anderen im jeweiligen Protokoll vereinbarten Dokumente und Informationen beim chinesischen Zoll hinterlegt. Sobald es zu Abweichungen kommt, bleibt die Ware unter Umständen an der Grenze hängen. Ziel ist es, die Einfuhr gefälschter Ware zu verhindern.
„Die größte Herausforderung liegt darin, die benötigten Informationen zeitgerecht à jour zu halten“, so ein Lebensmittelexperte. Dazu tragen nicht allein exportierende Unternehmen, sondern in einem komplexen Gesamtverbund auch andere Institutionen bei, so auch Veterinärämter, Landesbehörden und staatliche Akteure in China selbst. Da kann es bei der Einfuhr durchaus zu Schwierigkeiten kommen, wenn etwa ein Veterinär den Stempel nicht sauber aufdrückt und deshalb der Name der Stadt nicht mehr richtig zu lesen ist. Dies ist auch der Fall, wenn Änderungen aus Deutschland, beispielsweise die Firmenadresse, nicht rechtzeitig gemeldet werden.
Als Folge des COVID-19-Ausbruchs ist davon auszugehen, dass chinesische Behörden künftig noch stärker auf die Einhaltung von Hygienestandards achten werden.
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