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Branchenbericht China Computer, Zubehör
Hongkong (GTAI) - Die USA haben bei der Entwicklung von Quantencomputern die Nase vorn. China will jedoch technologisch aufholen und nimmt dafür viel Geld in die Hand.
09.12.2019
China scheint in immer mehr Gebieten technisch führend zu sein. Auch bei sogenannten Supercomputern hat das Reich der Mitte einiges vorzuweisen. Von den 500 leistungsstärksten Systemen der Welt standen im November 2019 nach Angaben der Internetplattform Top500 rund 46 Prozent in der Volksrepublik. Zudem war der chinesische Konzern Lenovo der weltweit größte Hersteller von Hochleistungsrechnern. Trotzdem gibt es bei Prozessoren und Software noch eine gewisse technologische Lücke zu Anbietern aus den USA.
Zudem scheinen insbesondere die Vereinigten Staaten bei Systemen der übernächsten Generation einen deutlichen Schritt voraus zu sein. Ein Ereignis bereitet den chinesischen Herstellern und Entwicklern von Supercomputern besonders Kopfschmerzen: So stellte Google im Herbst 2019 den ersten funktionsfähigen Quantenrechner der Welt vor.
Der tiefgekühlte Rechner namens Sycamore konnte allerdings nur ein ganz spezifisches, nicht besonders alltagstaugliches Problem in Rekordzeit lösen. Es dürfte nach Ansicht von Experten noch sehr lange dauern bis alle technischen Schwierigkeiten gelöst sind und das Produkt die allgemeine Marktreife erreicht. Bei einer solchen bahnbrechenden Technologie denken Wissenschaftler eher in Jahrzehnten als in Jahren.
Dennoch bewies Google erstmalig, dass ein Quantencomputer tatsächlich funktioniert. Die Chinesen ließen als Reaktion fast umgehend verkünden, dass auch sie auf dem Gebiet einen technischen Durchbruch geschafft hätten. Zudem kämen sie - auf alle Felder der Quantentechnik verteilt - auf doppelt so viele Patentanmeldungen wie die USA.
Wenn es jedoch um Quantenrechner - das Herzstück der innovativen Technologie - geht, haben Firmen und Forschungsinstitute aus den Vereinigten Staaten nach Einschätzung von Branchenanalysten doppelt so viele Patente angemeldet wie das Reich der Mitte. Chinesische Unternehmen hinkten US-Anbietern wie Google oder IBM bei der Entwicklung von Quantencomputern um drei bis fünf, möglicherweise sogar zehn Jahre hinterher.
Google forscht bereits seit 13 Jahren an Quantenrechnern. IBM engagiert sich praktisch ebenso lange und hat sehr große Summen in die Entwicklung von Prototypen investiert. Chinesische Firmen beschäftigen sich aber erst seit kurzer Zeit mit der völlig neuen Technologie. Der E-Commerce-Riese Alibaba eröffnete 2015, die Suchmaschine Baidu sogar erst 2018, ein entsprechendes Labor. Auf einigen Gebieten konnten sie Erfolge vorweisen.
Alibaba rief 2018 eine Quanten-Cloud ins Leben. Auch gelang es chinesischen Unternehmen, mit Quantentechnik Informationen zu übertragen. Das entsprechende Marktvolumen für diese neue Dienstleistung soll sich 2018 nach Angaben des China Industry Information Net auf umgerechnet knapp 5 Milliarden US-Dollar (US$) belaufen. Für 2023 wird ein Wert von 12 Milliarden US$ prognostiziert.
Jahr | Wert |
2018 | 4,6 |
2019 | 6,2 |
2020 | 7,8 |
2021 | 9,0 |
2022 | 10,3 |
2023 | 11,7 |
*) 2019 bis 2023 Prognose; Umrechnung anhand des Durchschnittswechselkurses der ersten zehn Monate 2019
Quelle: China Industry Information Net
Damit bleibt das Absatzpotenzial insgesamt betrachtet eher gering. Mit Quanten-Supercomputern ließe sich wesentlich mehr Geld verdienen. Doch hier hakt es in China noch bei der Entwicklung. Das gab auch Mitte November 2019 nach Berichten der renommierten South China Morning Post ein Forscher des chinesischen IT-Vorzeigekonzerns Tencent zu. Der Vorsprung, den die USA, aber auch Europa halten, lasse sich nicht in zwei bis drei Jahren aufholen. Die Volksrepublik habe vor allem Probleme, qualifizierte Forscher zu akquirieren.
Auch die staatliche Zeitung China Daily, die ansonsten gerne vollmundig die ökonomischen und technologischen Erfolge des Landes verkündet, gibt sich relativ vorsichtig. In einem Artikel vom August 2019 zitiert sie einen führenden chinesischen Wissenschaftler, demzufolge die Volksrepublik auf dem Gebiet der Quantentechnik ein Nachahmer sei. Es bestehe immerhin die Chance, zum Technologieführer aufzusteigen.
China nimmt zur Erreichung dieses Ziels viel Geld in die Hand. So kündigte Alibaba bereits 2017 an, rund 15 Milliarden US$ in neue Technologien, unter anderem in die Quantentechnik, investieren zu wollen. Ebenfalls seit 2017 wird in Hefei mit staatlichen Mitteln ein Quantenforschungszentrum, das National Laboratory for Quantum Information Science, gebaut. Die Investitionskosten sollen sich laut Medienberichten auf umgerechnet 10 Milliarden US$ belaufen. Die Eröffnung des Großlabors, das sich auf insgesamt 330 Hektar erstreckt, wird für 2020 angepeilt.
Die Standortentscheidung dürfte allerdings eines der gewichtigsten Nachteile des neuen Zentrums sein. Hefei liegt im Landesinneren und gilt selbst unter Chinesen als nicht besonders attraktiv. Doch hochqualifizierte Computerwissenschaftler können sich ihren Arbeitgeber und Arbeitsort praktisch aussuchen. Es dürfte schwierig werden, insbesondere ausländische Spitzenkräfte anzuwerben, wenn es vor Ort noch nicht einmal ausreichend internationale Schulen gibt.
Bezeichnung | Internetadresse | Anmerkung |
Top500 | https://www.top500.org/list/2019/06/ (Liste der 500 größten Supercomputer); https://www.top500.org/lists/2019/11/highs/ (statistische Auswertung) | Internetplattform |
China Industry Information Net | https://www.chyxx.com (Informationen nur auf Chinesisch) | Chinesische Internetplattform |
South China Morning Post | https://www.scmp.com/hk (Startseite); https://www.scmp.com/tech/big-tech/article/3034469/they-lag-behind-google-alibaba-and-baidu-are-also-fighting-quantum (Bericht zur Quantenforschung in China) | Englischsprachige Zeitung in Hongkong |
China Daily | http://www.chinadaily.com.cn (Startseite); http://www.chinadaily.com.cn/a/201908/08/WS5d4b7e9aa310cf3e3556488b.html (Bericht über Quantentechnik in China) | Englischsprachige chinesische Zeitung |
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll, Ausschreibungen und Entwicklungsprojekten in China können Sie unter http://www.gtai.de/china abrufen. Die Seite http://www.gtai.de/asien-pazifik bietet einen Überblick zu verschiedenen Themen in der Region.