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Kräftige Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sorgen für gute Verkäufe der chinesischen Baumaschinenbranche. Die Importe, auch aus Deutschland, sind jedoch stark rückläufig.
16.09.2020
Von Stefanie Schmitt | Beijing
Im Reich der Mitte ziehen die Verkäufe von Baumaschinen wieder an. Im Vergleich zur Vorjahresperiode setzte die Branche im 1. Halbjahr 2020 mit umgerechnet fast 55 Milliarden US-Dollar (US$) ganze 14,4 Prozent mehr um. Die China Construction Machinery Association führt diese positive Entwicklung auf staatliche Infrastrukturmaßnahmen zurück, mit deren Hilfe Beijing versucht, die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzufedern.
Die Investitionen in die Transport-Infrastruktur sind in den ersten sieben Monaten 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 0,9 Prozent gewachsen, so das nationale Statistikamt (National Bureau of Statistics; NBS). Dabei war das 1. Quartal 2020 noch von einem fast kompletten Stillstand geprägt. Auch in den Folgemonaten konnte es nicht überall direkt wieder losgehen, unter anderem weil es an Wanderarbeitern auf den Baustellen vor Ort fehlte.
Überdurchschnittlich hohe Geldsummen flossen im Zeitraum Januar bis Juli 2020 in den Pipelinebau (+13,8 Prozent) und in den Ausbau des Eisenbahnnetzes (+5,7 Prozent). Der Straßenbau, auf den erfahrungsgemäß das Gros der Infrastrukturinvestitionen entfällt, wuchs um 2,4 Prozent. Während Investitionen in die Luftfahrt um 36,3 Prozent einbrachen, stagnierte der Bereich Wassertransporte (-0,1 Prozent). Für die zweite Jahreshälfte wird ein weiterer Anstieg erwartet. Hinzu kommen Aspekte wie billiges Geld für Staatsunternehmen und das allgemeine Wiederanziehen der Wirtschaft im Sommer 2020, wodurch Investitionen in den Immobiliensektor erneut gefördert werden.
Vor diesem Hintergrund konnten chinesische Baumaschinenhersteller im 1. Halbjahr 2020 mehr als 170.000 Bagger (+24 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode) und mehr als 29.000 Kräne (+15 Prozent) absetzen. Der Verkauf von Ladern blieb mit fast 67.000 Stück in etwa auf gleichem Niveau (+0,4 Prozent). Lediglich der Absatz von Bulldozern entwickelte sich mit einem Minus von 3,4 Prozent und rund 3.000 Stück rückläufig.
2017 | 2018 | 2019 | 1. Halbjahr 2020 | Veränd. | ||
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Gesamtumsatz (in Mrd. RMB) | 540,2 | 596,4 | 668,0 | 378,0 | 14,4 | |
Verkäufe (in Tausend Stück) | Bagger | 140,3 | 203,4 | 235,7 | 170,4 | 24,2 |
Lader | 97,6 | 123,1 | 123,6 | 66,8 | 0,4 | |
Bulldozer | 5,7 | 7,6 | 5,8 | 3,2 | -3,4 | |
Kräne | 20,5 | 32,3 | 43,0 | 29,3 | 15,0 |
Die Importe konnten von dieser staatlich forcierten Nachfrage allerdings nicht profitieren. Diese waren schon 2019 mit einem Minus von 13,5 Prozent stark rückläufig gewesen. Im 1. Halbjahr 2020 nahmen die Einfuhren erneut um 21,7 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode ab. Dies dürfte auch damit zu tun haben, dass große lokale Hersteller wie Sany oder Zoomlion inzwischen konkurrenzfähige und qualitativ gute Produkte anbieten. Außerdem sind internationale Hersteller wie Caterpillar (USA) oder Wirtgen (Deutschland, gehört zu John Deere (USA)) längst mit eigener Fertigung vor Ort vertreten.
Eine Ausnahme bilden "Maschinen, Apparate und Geräte zur Erdbewegung, zum Planieren, Verdichten oder Bohren des Bodens" (HS-Position 8430), zu denen beispielsweise Tunnelbohrmaschinen zählen. Diese verzeichneten im 1. Halbjahr 2020 ein sattes Plus von 46 Prozent.
HS-Pos. | Bezeichnung | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 1. Hj. 2020 | Veränd. |
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8425 | Flaschenzüge, Zugwinden und Spillen, Hubwinden | 443,7 | 388,8 | 356,9 | 303,4 | 137,1 | -2,2 |
8426 | Kräne | 268,7 | 154,2 | 249,8 | 177,4 | 47,9 | -45,6 |
8427 | Gabelstapler | 219,1 | 255,7 | 263,4 | 273,1 | 133,5 | -3,4 |
8428 | Andere Maschinen, Apparate und Geräte zum Heben, Beladen, Entladen oder Fördern | 2.257,1 | 2.608,7 | 2.775,2 | 2.700,5 | 1.089,6 | -24,7 |
8429 | Selbstfahrende Planiermaschinen, Erd- oder Straßenhobel, Schürfwagen, Bagger, Schürf- und andere Schaufellader, Straßenwalzen | 681,5 | 1.215,6 | 1.504,1 | 976,9 | 419,4 | -35,5 |
8430 | Maschinen, Apparate und Geräte zur Erdbewegung, zum Planieren, Verdichten oder Bohren des Bodens | 313,1 | 232,4 | 379,6 | 348,8 | 217,8 | 46,1 |
Gesamt | 4.183,7 | 4.855,3 | 5.529,0 | 4.780,1 | 2.045,3 | -21,7 |
Auf Lieferungen von Baumaschinen aus Deutschland entfiel im 1. Halbjahr 2020 ein Importanteil von fast 20 Prozent. Damit zählt Deutschland für China zu den wichtigsten Bezugsländern der Branche. In den ersten sechs Monaten 2020 wurden deutsche Hersteller mit einem Minus von 19,8 Prozent auf Jahresbasis im Durchschnitt nur geringfügig weniger stark von der reduzierten Nachfrage aus China getroffen als die Konkurrenz. Hauptlieferant Japan mit einem Lieferanteil von 30 Prozent verzeichnete im 1. Halbjahr 2020 ein Minus von 25,6 Prozent. Lieferungen aus den USA gingen um 13,8 Prozent zurück.
Positive Ausnahmen bildeten bei deutschen Lieferungen die Positionen "Flaschenzüge, Zugwinden und Spillen sowie Zugwinden" (HS-Position 8425) mit einer Zunahme um 36,2 Prozent sowie "Maschinen, Apparate und Geräte zur Erdbewegung, zum Planieren, Verdichten oder Bohren des Bodens" (HS-Position 8430) mit einem satten Plus von 81,8 Prozent. Brancheninsider sehen hinter dieser Warengruppe vor allem die Firma Herrenknecht.
HS-Pos. | Bezeichnung | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 1. Hj. 2020 | Veränd. |
---|---|---|---|---|---|---|---|
8425 | Flaschenzüge, Zugwinden und Spillen, Hubwinden | 101,1 | 86,1 | 77,1 | 77,9 | 43,3 | 36,2 |
8426 | Kräne | 33,8 | 21,2 | 51,2 | 67,9 | 7,6 | -82,8 |
8427 | Gabelstapler | 78,7 | 74,7 | 79,9 | 92,9 | 41,5 | 7,5 |
8428 | Andere Maschinen, Apparate und Geräte zum Heben, Beladen, Entladen oder Fördern | 444,5 | 585,4 | 607,3 | 648,5 | 259,0 | -26,2 |
8429 | Selbstfahrende Planiermaschinen, Erd- oder Straßenhobel, Schürfwagen, Bagger, Schürf- und andere Schaufellader, Straßenwalzen | 20,7 | 35,3 | 33,2 | 33,3 | 8,2 | -23,4 |
8430 | Maschinen, Apparate und Geräte zur Erdbewegung, zum Planieren, Verdichten oder Bohren des Bodens | 36,8 | 27,8 | 82,1 | 60,9 | 40,0 | 81,8 |
Gesamt | 716,2 | 830,6 | 930,8 | 981,4 | 399,6 | -19,8 |
Positive Impulse erwachsen der Baumaschinenbranche außerdem aus der Belt-and-Road-Initiative im Rahmen von Aufträgen chinesischer Baufirmen etwa in Pakistan oder Iran. Bis zum Hafen Gwadar baut China den Wirtschaftskorridor China-Pakistan Economic Corridor (CPEC) und gewinnt so den Zugang zum Arabischen Meer. Selbst wenn es bis zur Realisierung der Idee einer 2.300 Kilometer langen Straße vom chinesischen Urumqi bis zur iranischen Hauptstadt Teheran noch ein weiter Weg ist, so gibt es doch immer wieder Projekte, bei denen chinesische Baufirmen Erfolg haben.
Als Antriebsmotor fungiert darüber hinaus erfahrungsgemäß auch die alle zwei Jahre stattfindende bauma China, wo viele Projekte abgeschlossen werden. Die nächste Messe wird vom 24. bis zum 27. November 2020 in Shanghai stattfinden. Vor diesem Hintergrund hat die Branche für 2020 und überdies 2021 allen Grund zu Optimismus.
Mittelfristig dürfte allerdings technisch weniger gut ausgestatteten Produkten ein schärferer Wind entgegenblasen: Denn nachdem bereits 2015 die Abgasnormen für Baumaschinen verschärft worden waren (auf Tier-3), soll die eigentlich bereits für 2020 geplante Aufrüstung der Motoren auf Tier-4 im 1. Halbjahr 2021 endgültig umgesetzt werden. Diese war im Rahmen der Krisensituation zunächst ausgesetzt worden. Viele Baumaschinenhersteller werden ihre Maschinenpalette umstellen müssen, denn Tier-4-fähige Motoren sind größer und benötigen deshalb mehr Platz.
Eine Reihe von Produzenten wird unter Umständen gar nicht in der Lage sein, entsprechende Motoren herzustellen. Deshalb dürfte eine Marktbereinigung anstehen, die chinesischen Premiumherstellern wie Sany, XCMG oder Zoomlion, die aufgrund ihrer Auslandserfahrung bereits nach Tier-4 fertigen, und internationalen Anbietern in die Hände spielt.
Einen breiten Überblick über die Bauaktivitäten in China bietet die Branchenanalyse "Nach zähem Beginn will die Baubranche 2020 durchstarten".