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Chinas Industrieproduktion ist im 2. Halbjahr 2020 wieder angesprungen. Viele deutsche Maschinenbauer vor Ort sind erleichtert. Ihre Auftragsbücher füllen sich.
19.11.2020
Von Corinne Abele | Shanghai
„Es geht auf jeden Fall bergauf, das zeigen unsere Umfragen deutlich“, erklärt Claudia Barkowsky, Repräsentantin des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im November 2020 in Beijing. Anfang September 2020 hatten knapp zwei Drittel der 112 befragten deutschen Maschinenbauer in China wieder ihr Umsatzniveau des Vorjahres erreicht. Mitte Oktober berichteten 83 Prozent der 193 Teilnehmer der VDMA-Herbstumfrage in China bereits von normaler oder überdurchschnittlicher Auslastung.
Den Ausschlag geben dabei inländische Aufträge, die den Auftragsausfall aus dem Ausland (teilweise) kompensieren. Durchschnittlich erwarten die Umfrageteilnehmer für das Gesamtjahr 2020 ein Umsatzplus von rund 5 Prozent. Jedoch seien die Unterschiede je nach Teilbranche groß, so die Pressemitteilung des VDMA. In ihr hob VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers vor allem die gute Geschäftssituation in den Bereichen Fluidtechnik, Antriebstechnik und Elektrische Automation hervor. Schlusslicht bilde weiterhin die Werkzeugmaschinenindustrie.
Einige Firmen dürften ihre noch Ende 2019 formulierten Absatzziele für 2020 im Verlauf der Coronakrise angepasst und korrigiert haben. Dennoch sind die Unternehmen insgesamt der Ansicht, mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein und blicken relativ optimistisch ins Jahr 2021. Im Durchschnitt erwarten die Teilnehmer der VDMA-Herbstumfrage ein Umsatzplus von 10 Prozent; 44 Prozent der Firmen gehen von steigenden Auftragseingängen bereits in den nächsten drei Monaten ab November aus. An Entlassungen denken daher nur 7 Prozent der Befragten - alle anderen wollen ihre Beschäftigen halten oder sogar Neueinstellungen vornehmen.
China hat bislang die vereinzelt auftretenden kleineren Ausbrüche von Covid-19 im Land durch die etablierten Instrumente – Quarantäne und umfangreiche Tests – schnell unter Kontrolle gebracht. Dies hat die Angst vor einer möglichen zweiten Covid-19-Welle deutlich verringert; die Zuversicht der Firmen ist gestiegen. Seit April/Mai 2020 hat sich die Produktion schrittweise stabilisiert; inzwischen sind alle inländischen Lieferketten wieder intakt. Die industrielle Wertschöpfung der verarbeitenden Industrie in den ersten neun Monaten 2020 liegt um 1,7 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Januar bis Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | |
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Industrie Gesamt | -13,5 | -1,1 | 3,9 | 4,4 | 4,8 | 4,8 | 5,6 | 6,9 |
Verarbeitende Industrie | -15,7 | -1,8 | 5,0 | 5,2 | 5,1 | 6,0 | 6,0 | 7,6 |
Allgemeiner Maschinenbau | -28,2 | -5,4 | 7,5 | 7,3 | 7,4 | 9,6 | 10,9 | 12,5 |
Spezialmaschinenbau | -24,4 | -2,2 | 14,3 | 16,4 | 9,6 | 10,2 | 8,0 | 8,0 |
Automobilbau | -31,8 | -22,4 | 5,8 | 12,2 | 13,4 | 21,6 | 14,8 | 16,4 |
Computer, IKT, Elektronik | -13,8 | 9,9 | 11,8 | 10,8 | 12,6 | 11,8 | 8,7 | 8,0 |
Basischemie und chemische Erzeugnisse | -12,3 | 0,7 | 3,2 | 3,9 | 4,0 | 4,7 | 6,9 | 7,5 |
Arzneimittelindustrie | k.A. | 10,4 | 4,8 | 2,0 | 3,9 | 3,3 | 4,3 | 7,4 |
Textilindustrie | -27,2 | -5,5 | 2,0 | 4,3 | 3,2 | 0,7 | 3,3 | 5,6 |
Einige zuvor verschobene kleinere Projekte dürften doch noch 2020 in Angriff genommen werden. Andere Projekte werden erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch der Optimismus in der Maschinenbaubranche steigt, dass letztere dann zumindest 2021 verwirklicht werden.
Die Befragten in der VDMA-Herbstumfrage spüren einen deutlichen Anstieg von Projekten – teilweise sei die Dynamik sogar über dem Niveau des letzten Jahres. Dies hängt jedoch sehr von Branche und Qualitätssegment ab. Während die Maschinennachfrage im Bereich Landwirtschaft und Bauwirtschaft als eine der ersten wieder ansprang, geht es der Textilindustrie nach wie vor schlecht. Sie ist stark privatwirtschaftlich geprägt und vom Export abhängig, während die Bauwirtschaft unmittelbar von staatlicherseits finanzierten Infrastrukturprojekten profitiert.
Die Windkraftbranche erlebt aufgrund Ende 2020/2021 auslaufender Subventionen eine Sonderkonjunktur. Doch generell bleiben die Anlageinvestitionen in vielen wichtigen Bereichen in den ersten drei Quartalen 2020 unter dem Vorjahresniveau. Ausnahmen bilden der Gesundheitssektor sowie die Elektronik- und Informationstechnologiesparte.
Auch die Kfz-Branche hat sich deutlich stärker erholt als nach dem Einbruch im 1. Quartal 2020 zunächst angenommen. Vor allem das von deutschen Autobauern dominierte Premiumsegment hat durch die Krise sogar eher profitiert: Günstige Rabatte lockten die Kunden an, die unter anderem in Neuwagen investierten, um das dichte Gedränge in öffentlichen Nahverkehrssystemen zu vermeiden. Seit Mai 2020 registriert die China Association of Automobile Manufactureres (CAAM) monatlich über 10 Prozent Absatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie MIIT (Ministry of Industry and Information Technology) geht dennoch von einem Absatzrückgang im Gesamtjahr 2020 von rund drei Prozent aus; das Premiumsegment dürfte hingegen sein Ergebnis von 2019 übertreffen.
Die Auftragslage von deutschen Werkzeugmaschinenbauern, die in die Maschinenbauindustrie liefern, hat sich in China zwar wieder verbessert, bleibt aber für einige Betriebe schwierig. Sehr schnell angesprungen ist hingegen die Nachfrage aus dem Bereich (Intra-)Logistik, der durch die Krise deutlich zugelegt hat. Auch deutsche Aussteller auf der (trotz ausbleibenden Teilnehmern aus dem Ausland) gut besuchten Messe CeMAT Asia 2020 Anfang November 2020 in Shanghai bestätigten diese Entwicklung und berichteten davon, dass sie bereits über ihren Absatzzielen für das Gesamtjahr 2020 liegen. Eine starke Nachfrage aus dem Segment Intralogistik und hohe Investitionen in Ausbau und Modernisierung von Lagerhäusern erwarten Branchenkenner auch 2021.
Mit Sorge beobachten die häufig mittelständisch aufgestellten Maschinenbauer die Entwicklung der Einreisebeschränkungen in China. Normalerweise werden häufig Kurzzeitspezialisten und Techniker eingeflogen, beispielsweise um Maschinen und Anlagen beim Kunden in Betrieb zu nehmen. Daran ist derzeit kaum zu denken, wenn es auch in wenigen Fällen Ausnahmen gibt. Doch die derzeit sich erneut verschärfenden Bestimmungen lassen kaum Hoffnung auf baldige Besserung.