Branchen | China | Hotelbau
Hotelgewerbe in China setzt trotz Corona weiter auf Expansion
Bis Hotels in der Volksrepublik wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen, wird es eine Weile dauern. Dennoch steigt die Anzahl neuer Vorhaben auf ein Rekordniveau.
26.06.2020
Von Roland Rohde
|
Hongkong
Auch in China hat Covid-19 den Fremdenverkehrssektor stark in Mitleidenschaft gezogen. Hotels mussten sich mit einem starken Rückgang ihres Geschäfts abfinden. Die Belegungsrate von Zimmern lag zum Höhepunkt der Krise im Januar und Februar 2020 laut Medienberichten und Angaben einzelner Hotelgruppen im einstelligen Bereich.
Die Volksrepublik war als erstes Land massiv von der neuartigen Viruserkrankung betroffen. Dafür konnte sie auch früher als der Rest der Welt wieder zu einem relativ normalen wirtschaftlichen und sozialen Leben zurückkehren. Die meisten Quarantäne- und Reisebeschränkungen im Inland wurde im Verlauf des Frühjahrs 2020 wieder aufgehoben. Trotzdem erweisen sich Reisen innerhalb des Landes mitunter noch als Herausforderung. Zwar verfügt ein Großteil der Bevölkerung inzwischen über eine Corona-App. Es existiert aber eine Vielzahl von lokal unterschiedlichen Systemen, die nicht miteinander kompatibel sind.
Ansteckungswelle in Beijing gefährdet neue Normalität
In der Hauptstadt hat zudem Anfang Juni 2020 ein beschränktes Wiederaufflammen des Coronavirus für einen Warnschuss gesorgt. Noch ist die Lage nicht unter Kontrolle. Erst mit der massenhaften Einführung eines Impfstoffes wäre man dauerhaft über den Berg. Trotzdem hat sich die Lage der Hotels spürbar verbessert. Praktisch alle Häuser haben inzwischen wieder eröffnet. Laut der Internetplattform China Travel News lag die Belegungsquote Ende Mai 2020 im Durchschnitt bei rund 37 Prozent. Marriott berichtete Anfang Juni 2020 von einer Rate von 40 Prozent. Noch leiden Hotels, insbesondere im Fünf-Sterne-Segment, unter dem Ausbleiben ausländischer Gäste. Diese kommen seit Monaten gar nicht mehr ins Land. Das spürt man insbesondere in Wirtschaftsstandorten wie Shanghai oder Shenzhen, aber auch in Touristenregionen wie Beijing, Xi'an oder Guilin.
Chinesen werden wohl oder übel mehr Inlandsreisen unternehmen
Andererseits gelangen viele Chinesen auch nicht mehr ins Ausland. Sie reisen wohl oder übel im eigenen Land. Ohnehin ist der einheimische Fremdenverkehr traditionell viel wichtiger als der internationale. So registrierte das nationale Ministerium für Kultur und Tourismus 2019 rund 6 Milliarden inländische Touristen. Diesem Wert standen 145 Millionen Auslandsreisende gegenüber.
Damit unternahm 2019 jeder Chinese mehr als vier Reisen innerhalb der Volksrepublik. Die Einnahmen aus dem Inlandstourismus summierten sich 2019 laut der Behörde auf umgerechnet rund 830 Milliarden US-Dollar (US$). Das entsprach im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) einem Anteil von 6 Prozent. Pro Kopf gab damit jeder Reisende etwa 140 US$ aus.
Besucher aus dem Ausland geben pro Kopf deutlich mehr aus als Inlandsreisende
Sowohl die Anzahl der einheimischen Reisenden als auch deren Ausgaben haben sich zwischen 2013 und 2019 nominal fast verdoppelt. Nicht ganz so stürmisch entwickelte sich der internationale Fremdenverkehr. Dieser generierte 2019 Einnahmen von gut 130 Milliarden US$. Pro Kopf entsprach dies einer Summe von 900 US$.
Insgesamt dürfte sich der Inlandstourismus in der zweiten Jahreshälfte 2020 weiter beleben. Die Anzahl ausländischer Besucher wird sich hingegen langsamer erholen. Für internationale Messen, die im November 2020 stattfinden, hagelt es Stornierungen und Absagen. Ausländische Aussteller halten sich mit Teilnahmezusagen zurück, da sie nicht wissen, ob sie überhaupt einreisen können.
Bauverzögerungen bei vielen Hotelprojekten
Hotels können insgesamt mit steigenden Einnahmen rechnen. Das dürfte sich auch auf ihre Investitionsentscheidungen auswirken. Infolge von Corona kam es zwar zu erheblichen Zeitverzögerungen bei in Bau befindlichen Projekten. Doch die Eröffnung um ein paar Monate herauszuschieben, passte im Prinzip gut ins Konzept. Viele Investoren zögerten zudem den Baubeginn ihrer Projekte heraus, weil ihnen das Geld fehlte. In China werden zahlreiche Vorhaben aus dem Cashflow finanziert.
Chinas Hotelsektor im 4. Quartal 2019 (Durchschnittlicher Zimmerpreis in US$; Belegungsquote in Prozent)
Kategorie | Anzahl Hotels | Zimmerpreis | Belegungsquote |
---|
Ein Stern | 25 | 18 | 41 |
Zwei Sterne | 988 | 29 | 50 |
Drei Sterne | 3.565 | 36 | 53 |
Vier Sterne | 2.117 | 51 | 57 |
Fünf Sterne | 739 | 90 | 63 |
Gesamt/Durchschnitt | 7.434 | 55 | 57 |
Quelle: Ministerium für Kultur und Tourismus
Das spiegelt sich auch in den Angaben von Lodging Econometrics wider. Der Immobilienfirma zufolge sollen mit Stand zum 1. Quartal 2020 in den nächsten zwölf Monaten mehr als 740 Hotelvorhaben in die Konstruktionsphase übergehen. Gegenüber dem letzten Bericht aus dem 3. Quartal 2019 kommt dies einem Plus von 84 Prozent gleich. Zudem zeichnet sich auch nicht ab, dass weiter in der Zukunft liegende Vorhaben gestrichen werden. So zählten Analysten im 1. Quartal 2020 fast 460 Projekte im frühen Planungsstadium, immerhin ein Plus von 7 Prozent im Vergleich zur vorangegangen Analyse im 3. Quartal 2019.
Hotelprojekte in China (Stand: 1. Quartal 2020)
Stand | Anzahl Hotels | Anzahl Zimmer |
---|
Gesamt, davon | 3.533 | 645.764 |
im Bau | 2.330 | 412.142 |
Baubeginn in den nächsten 12 Monaten | 744 | 120.458 |
im frühen Planungsstadium | 459 | 113.164 |
Quelle: Lodging Econometrics
Neue Hotels entstehen vor allem jenseits der Küste
Die meisten Hotelprojekte entfallen auf das südliche Guangzhou. Die Stadt profitiert von der sogenannten "Greater Bay"-Initiative. Die Region soll zum Silicon Valley Chinas aufsteigen. Auf Rang zwei folgt Chengdu. Die Provinzhauptstadt Sichuans bildet zusammen mit dem benachbarten Chongqing das Zentrum von Westchina. Viele Unternehmen sind infolge stetig steigender Löhne und Grundstückskosten in den weniger entwickelten Westen der Volksrepublik gezogen.
Shanghai landet auf dem dritten Platz. Obwohl es in der Yangtse-Metropole bereits zahlreiche Hotels gibt, besteht anscheinend immer noch Luft nach oben. Wuhan, das als Ausbruchsort von Covid-19 zweifelhafte Berühmtheit erlangte, liegt auf Rang vier. Es folgt Xi'an, Heimatstadt der berühmten Terrakottaarmee und dadurch ein wichtiger Tourismusmagnet.
Zulieferchancen für Gebäudetechnik
Internationale Gesellschaften spielen in China eine bedeutende Rolle. Da ihre Häuser eine hochwertige und moderne Ausstattung erhalten, gibt es Zulieferchancen für internationale Anbieter von Gebäudetechnik, Küchen und Bädern. Hilton, InterContinental, Marriott und Accor haben im Reich der Mitte laut Lodging Econometrics rund 1.440 Hotelprojekte mit über 313.000 Zimmern in Planung. Damit stehen sie für nahezu die Hälfte des Kapazitätszuwachses.
Hotelprojekte in China (Stand: 1. Quartal 2020)
Anbieter | Anzahl Hotels | Anzahl Zimmer |
---|
Hilton | 504 | 102.495 |
InterContinental | 384 | 82.496 |
Marriott | 340 | 93.254 |
JinJiang | 313 | 31.401 |
Accor | 213 | 35.309 |
Quelle: Lodging Econometrics