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Sport- und Freizeitmarkt in China wächst kräftig

Im Reich der Mitte wandelt sich die Einstellung gegenüber Sport und Freizeit. Davon können auch ausländische Firmen profitieren. E-Commerce und Online-Kurse gewinnen an Bedeutung.

Von Roland Rohde | Hongkong

Die Coronapandemie hat weltweit die Nachfrage nach Produkten für den Sport- und Freizeitbedarf in die Höhe getrieben. Auch in China gab es insbesondere zum Höhepunkt der Pandemie im Frühjahr 2020 einen Nachfrageboom. Angesichts von Ausgangssperren sowie der Schließung von Sporteinrichtungen und Fitnessstudios bestellten viele Konsumenten zumeist online Geräte für den Heimbedarf.

Das Reich der Mitte konnte nach rigiden Einschränkungen zu Beginn der Pandemie zumindest im Inland frühzeitig wieder zur Normalität übergehen. Die beschriebene Sonderkonjunktur für Sport- und Freizeitgeräte war daher rasch vorbei. Dennoch ist sie nicht spurlos vorübergegangen. Die Gesamtnachfrage scheint sich dauerhaft auf einem höheren Niveau einzupendeln. Offenbar hat das neuartige Virus das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung erhöht.

Zusätzlich gibt es einen längerfristigen Mentalitätswandel. Das Bedürfnis nach mehr Freizeit nimmt generell zu. Dies berichten in China tätige ausländische Firmen einstimmig. So sei es inzwischen sehr schwierig geworden, Mitarbeiter für Nachtschichten zu finden. Noch vor zehn Jahren war dies die Grundvoraussetzung für den Eintritt in ein Unternehmen, da Arbeitnehmer das zusätzliche Geld benötigten.

Ältere Bevölkerung muss länger arbeiten und fit bleiben

Auch die Bevölkerungsstruktur wandelt sich fundamental. Die Geburtenrate fällt seit Jahren und erreichte während der Coronakrise einen historischen Tiefpunkt. Beijing sah sich im Frühjahr 2021 gezwungen, die Drei-Kind-Politik einzuführen. Landeskenner erwarten von dieser Maßnahme aber keine durchgreifende Änderung. Viele Chinesen wollen aus wirtschaftlichen Gründen nur ein Kind. Damit haben Eltern auch mehr Zeit, um ihren Hobbys nachzugehen und sich sportlich zu betätigen.

Zugleich steigt die Lebenserwartung und die Gesellschaft altert rasant, sodass die Regierung ebenfalls im Frühjahr 2021 das Renteneintrittsalter deutlich anheben musste. Weitere Schritte in Richtung einer längeren Lebensarbeitszeit dürften folgen. Mit anderen Worten: Die Bevölkerung muss länger fit bleiben.

Schließlich führte die Anfang 2020 erfolgte Grenzschließung im Zuge von Covid-19 zum Aufblühen des Inlandstourismus. Die Menschen erkunden zunehmend das Hinterland mit seinen Naturschätzen. Dabei buchen sie auch Aktivitäten wie Reiten in der Inneren Mongolei, Wandern in der Provinz Sichuan oder Segeln und Angeln in Hainan, der Südseeinsel Chinas.

Branchenumsatz wächst Anfang 2021 zweistellig

Die genannten Trends lassen sich auch an den offiziellen Statistiken ablesen. So legte der inländische Umsatz mit Artikeln für den Freizeit- und Sportbedarf 2020 nominal um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Der gesamte Einzelhandel verzeichnete im gleichen Zeitraum hingegen ein Minus von 2 Prozent. In den ersten vier Monaten 2021 beschleunigte sich das Branchenwachstum auf nahezu 40 Prozent. Die Angaben beziehen sich auf in größeren Geschäften getätigte Umsätze.

Welche Sportarten präferiert die chinesische Bevölkerung? In den Küstenmetropolen besuchen immer mehr Menschen ein Fitnessstudio. Dabei sind vor allem luxuriöse und hochpreisige Ketten im Kommen. Manager frönen nach wie vor dem Golfen, da sich auf dem Platz besonders gut geschäftliche Dinge besprechen lassen. Badminton und Tischtennis, aber auch Angeln sind als Breitensport beliebt. Bei Outdoor-Aktivitäten wie Wasser- und Pferdesport sowie Bergwandern besteht ein hoher Nachholbedarf.

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Von den Wachstumsaussichten können auch ausländische Anbieter profitieren. Ihre Geschäfte in China halten sich bislang eher in Grenzen. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Volksrepublik weltweit der mit Abstand größte Hersteller und Exporteur von Produkten für den Sport- und Freizeitbedarf ist. Die Konsumenten kaufen vor allem einheimische Produkte, sodass entsprechende Einfuhren gering ausfallen. Die Importe beliefen sich 2020 auf gut 660 Millionen US-Dollar (US$) – ein Minus von knapp 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Fitnessstudios dürften Investitionen nachholen

Die Einfuhren bestehen vor allem aus besonders hochwertigen und modernen Produkten. So setzten etwa Premium-Fitnessstudios auf Importgeräte. Während der Covid-19-Pandemie konnten viele Studios jedoch angesichts des wegbrechenden Cashflows nicht mehr investieren und entsprechende Einfuhren gingen stark zurück. Sie dürften ihre Investitionen 2021/22 nachholen. Eine entgegengesetzte Entwicklung gab es bei Sattlerwaren und Angelausrüstungen, deren Importe 2020 kräftig zulegten.

Chinas Einfuhren von Artikeln für den Sport- und Freizeitbedarf nach Warenpositionen (in Millionen US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

HS-Position

Warenbezeichnung

2019

2020

Veränd.

9506.31-.39

Golfausrüstungen (einschließlich Bälle)

208,4

179,7

-13,8

9507

Angelausrüstungen

109,0

148,2

35,9

9506.91

Ausrüstungen für Fitnessstudios und dergleichen

161,9

131,0

-19,1

9506.99

Ausrüstungen für Outdoor-Aktivitäten

62,1

56,1

-9,7

8903

Boote für den Freizeit- und Sportbedarf

70,2

42,9

-38,9

9506.40, 9506.51, .59

Tischtennis-, Tennis-, Badmintonschläger und dergleichen

43,7

38,8

-11,2

9506.61-.69

Bälle (ohne Golfbälle)

42,9

32,4

-24,3

6402.12, 6403.12, 9506.10

Skiausrüstungen (einschließlich Skischuhe)

22,3

20,0

-10,2

4201

Sattlerwaren

5,8

6,2

6,9

9506.21, .29

Produkte für den Wassersport (Surfboards, Wasserski, etc.)

14,8

6,0

-59,2

9506.70

Roll- und Schlittschuhe und dergleichen

4,4

2,9

-33,1

Quelle: ITC

Chinesische Einfuhren von Freizeit- und Sportartikeln aus Deutschland beliefen sich 2020 auf etwa 21 Millionen US$. Sie bestanden zu 40 Prozent aus Fitnessgeräten und zu jeweils rund einem Sechstel aus Outdoor-Ausrüstungen beziehungsweise Booten. Für die Mehrheit der Anbieter lohnt es sich daher nicht, eigenständige Absatzwege aufzubauen. Stattdessen sollten sie sich nach einem Vertriebsagenten umsehen. Wertvolle Tipps liefert hierzu die GTAI-Broschüre "Vertrieb- und Handelsvertretersuche – China".

Livestreaming und E-Learning im Kommen

Als Absatzkanal wird der E-Commerce in China immer wichtiger. Alibaba (TMall und Taobao) und JD.com dominieren zwar den Markt, doch gibt es noch eine Reihe von mittelgroßen Wettbewerbern. Wichtig ist eine prominente Produktplatzierung. Im Prinzip lässt sich diese nur mithilfe eines ausreichend großen Marketingteams und -budgets erreichen. Dem Livestreaming wird beim Online-Geschäft eine immer größere Bedeutung zuteil.

Infolge der Pandemie hat sich die Digitalisierung der chinesischen Gesellschaft und Wirtschaft beschleunigt. Auch E-Learning erlebte einen regelrechten Boom. Dies wirkt sich auch auf die Freizeitwirtschaft aus. Ausländische Unternehmen könnten beispielsweise Kurse anbieten, bei denen die Teilnehmer sich sportlich betätigen und gleichzeitig Englisch oder eine andere Fremdsprache erlernen.

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