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Logistikkette in China bleibt störanfällig

Solange die Volksrepublik strikt gegen Corona vorgeht, wird es zu unvorhersehbaren Transportproblemen kommen. Die Logistik bleibt bis weit ins Jahr 2022 schwierig.

Von Roland Rohde | Hongkong

China hatte die Coronapandemie zunächst schnell in den Griff bekommen. Bereits im Sommer 2020 konnte die Bevölkerung weitgehend zur Normalität zurückkehren. Doch die ansteckendere Deltavariante führte ab dem Sommer 2021 immer wieder zu lokalen Ausbrüchen. Die Ansteckungsraten waren absolut betrachtet zwar gering. Da die Regierung aber eine strikte Null-Toleranz-Politik gegenüber Covid-19 verfolgt, verfügte sie über umfangreiche Lockdowns, die sich negativ auf den Straßen-, See- und Luftverkehr auswirkten.

Zunächst flammte das Coronavirus im Juli 2021 in der Provinz Guangdong im Süden Chinas wieder auf. Infolgedessen stellte der Containerhafen in Shenzhen, der zweitgrößte des Landes, zeitweise seinen Betrieb ein. Es kam zu einem enormen Rückstau von Schiffen. Die dadurch entstandenen globalen Störungen waren laut der Containerschiff-Reederei Maersk weitreichender als die Folgen der Sperrung des Suezkanals wegen eines havarierten Frachters im März 2021.

Immer wieder kommt es zu Lockdowns

Nachdem die chinesische Regierung die Lage in Südchina mit großem Aufwand unter Kontrolle gebracht hatte, traten im östlichen Yangtse-Delta neue Infektionsfälle auf. Auch dieses Mal reagierten die Behörden mit den üblichen Maßnahmen. Unter anderem waren die Flughäfen in Nanjing (Provinz Jiangsu) und Shanghai zeitweise betroffen. Im Herbst 2021 kam es schließlich zu ähnlichen Einschränkungen infolge von Shutdowns im südöstlichen Xiamen (Provinz Fujian) sowie in der nördlichen Provinz Heilongjiang.

Unternehmer berichten, dass die Logistikplanung durch die strikten Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 extrem schwierig geworden sei. Die Schließung einzelner Containerhäfen sei kaum vorhersehbar. Niemand weiß, wo und wann die nächste Ansteckungswelle auftritt. Es dürfte aber bis weit ins Jahr 2022 immer wieder zu lokalen Ausbrüchen und Lockdowns kommen.

In die Statistiken zum Transportvolumen für das 1. Halbjahr 2021 sind die Störungen bislang nicht eingeflossen. Offizielle Daten spiegeln im Gegenteil einen starken Anstieg der landesweiten Transporttätigkeit wider, der allerdings zum Teil auf den statistischen Basis- oder Nachholeffekt zurückzuführen ist. Ab dem 3. Quartal 2021 wird sich die neue Pandemielage auch statistisch bemerkbar machen.

Transportvolumen in China nach Art des Transportwegs (in Millionen Tonnen; Veränderung gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Prozent)

Transportweg

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung

Straße

41.606

34.264

18.483

29,0

See

7.472

7.616

3.928

14,1

Schiene

4.412

4.552

2.366

67,1

Luft

7,5

6,8

3,7

23,3

Quelle: Ministry of Transport

Deltavariante zerstört Hoffnung auf Besserung

Die Behörden dürften auf kurze Sicht immer wieder mit den gleichen Methoden gegen Corona vorgehen. Derzeit spricht wenig für ein Abrücken von der Null-Covid-Politik. Zwar ist die Impfquote inzwischen recht hoch, doch werden ausschließlich einheimische Vakzine verwendet, die Wissenschaftlern zufolge nur bedingt gegen die Deltavariante wirken. Erste öffentlich zugängliche Forschungsergebnisse lassen vermuten, dass eine dritte Impfung erforderlich ist. Die Logistikbranche kann daher auf keine rasche Besserung hoffen.

Die Volksrepublik wird einen immer höheren Preis für das strenge Vorgehen gegen Covid-19 zahlen müssen, denn sie ist auf eine funktionierende Logistikkette dringend angewiesen. Geringe Transportzeiten und niedrige Verschiffungskosten bilden wichtige Standortvorteile. Laut der aktuellsten Ausgabe des Logistics Performance Index (LPI) der Weltbank landete China 2018 im weltweiten Ranking auf Platz 26. Damit lag die Volksrepublik fast auf Augenhöhe mit den stärker industrialisierten Volkswirtschaften Taiwan und Südkorea und deutlich vor Konkurrenten wie etwa Vietnam. Mittelfristig besteht die Gefahr, dass der Transport in anderen Ländern der Region besser funktioniert, weil die dortigen Regierungen eine weniger rigorose Coronapolitik verfolgen.

Güter werden vor allem per Schiff exportiert

Chinas Ausfuhren werden überwiegend mit Containerschiffen abgewickelt, die die Häfen zumeist vollbeladen in Richtung Europa oder USA verlassen und halbleer zurückkehren. Importe erreichen das Reich der Mitte wiederum oftmals mit dem Flugzeug. Allerdings gibt es seit einigen Jahren eine Alternative: Güterzüge fahren bis nach Duisburg, Hamburg oder Nürnberg. Der Warentransport per Schiene erfreut sich dank Corona einer stark steigenden Beliebtheit, bleibt jedoch ein Nischenangebot.

Der Mangel an Containern stellt aktuell den größten Engpassfaktor dar. Zudem sind die Frachtraten rapide gestiegen. Somit sind letztendlich alle Transportwege von demselben Problem betroffen. Besonders dramatisch sieht die Lage auf den Routen von China nach Europa oder Nordamerika aus.

Weltweit größte Containerhäfen liegen in China

Rechnet man die Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong mit ein, befanden sich 2020 laut Angaben des World Shipping Council sieben der zehn größten Containerhäfen der Welt in China. Der mit Abstand bedeutendste Hafen liegt an der Ostküste in Shanghai, daneben gibt es eine starke Konzentrierung im Süden des Landes. In der Greater Bay Area, auch als Perlflussdelta bekannt, machen sich die benachbarten Terminals von Guangzhou, Shenzhen und Hongkong Konkurrenz. Zusammengerechnet brachten die drei Häfen es 2020 auf ein Umschlagvolumen von rund 68 Millionen Zwanzig-Fuß-Standardcontainer.

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Während der Containerhafen in der ehemaligen britischen Kolonie schon seit Jahren nicht mehr wächst, erweist sich die Konkurrenz auf dem chinesischen Festland als wesentlich dynamischer. Insbesondere Guangzhou hat sich innerhalb eines Jahrzehnts von einem mittelgroßen Mitspieler zum fünftgrößten Hafen der Welt im Jahr 2020 gemausert. Dafür konnte Hongkong seine Rolle als größte Drehscheibe im Frachtflugverkehr verteidigen. Die SVR garantiert mit ihren zahlreichen interkontinentalen Verbindungen einen besonders schnellen Transport und verfügt damit über einen klaren Wettbewerbsvorsprung gegenüber den Flughäfen in Guangzhou oder Shenzhen.

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