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Branchenbericht EU Elektromobilität
Das Marktumfeld für die europäische Automobilindustrie verschlechtert sich. Zusätzliche Herausforderungen birgt der neue Green Deal der Europäischen Kommission.
20.02.2020
Von Sebastian Keck | Bonn
Der europäische Verband der Autohersteller ACEA (Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) rechnet in der Europäischen Union (EU) 2020 mit einem schrumpfenden Markt. Der von ihm prognostizierte Verkaufsrückgang um zwei Prozent wäre der erste seit 2014.
Neben der Flaute im Heimatmarkt machen der europäischen Autoindustrie auch die generelle Abschwächung der Weltkonjunktur, die schwelenden internationalen Handelskonflikte und der Brexit zu schaffen. Die regulatorischen Bestrebungen vieler Länder, den Schadstoffausstoß im Straßenverkehr zu senken, stellen die Branche vor zusätzliche Herausforderungen. In einer Pressemitteilung vom Januar 2020 bewertet ACEA-Präsident Michael Manley die Notwendigkeit, Umweltauswirkungen anzugehen, als eine der größten Triebkräfte für Veränderungen in der Branche.
Ab 2020 gilt innerhalb der EU - bezogen auf die durchschnittlichen Emissionen der neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers - ein Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer für Pkw. Im Jahr 2020 dienen noch 95 Prozent der Fahrzeugflotte als Bewertungsgrundlage, bevor dann 2021 alle Fahrzeuge eines Herstellers zur Berechnung herangezogen werden. Laut dem „Automobile Industry Pocket Guide“ des ACEA betrug die durchschnittliche CO2-Emission pro Kilometer 2018 EU-weit noch 120,6 Gramm.
Durch den im Dezember 2019 vorgestellten Green Deal der Europäischen Kommission könnte es noch zu weiteren Verschärfungen der regulatorischen Rahmenbedingungen kommen. Erklärtes Ziel ist es, ab 2050 netto keine Treibhausgasemissionen mehr freizusetzen. Das zugehörige Maßnahmenpaket der Kommission sieht unter anderem noch strengere Schadstoffgrenzwerte für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor vor. Darüber hinaus enthält der Kommissionsvorschlag auch die Empfehlung, Subventionen auf fossile Brennstoffe abzuschaffen. Bislang entfällt noch ein Viertel der Treibhausgasemissionen in der EU auf den Verkehrssektor.
Um die neuen Emissionsvorgaben zu erreichen, setzen die Hersteller verstärkt auf Elektroautos. Dies geht aus dem Transport & Environment (T&E) Report „Electric Surge: Carmakers‘ electric car plans across Europe“ 2019 unter Bezugnahme auf IHS Markit hervor. Laut dem Bericht werden 85 Prozent der europäischen Elektrofahrzeugproduktion im Jahr 2025 auf Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich entfallen. Schweden, der Slowakei und der Tschechischen Republik werden ebenfalls gute Aussichten attestiert. Von zentraler Bedeutung sind der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Versorgung mit Batterien. Aktuell sind außerhalb Deutschlands Batteriefabriken in Schweden, Polen, Ungarn, Österreich, dem Vereinigten Königreich und Frankreich geplant.
Der Marktanteil der Elektrofahrzeuge war 2019 innerhalb der EU noch recht gering. Laut European Alternative Fuels Observatory hatten Elektrofahrzeuge die größten Anteile an Pkw-Neuzulassungen in den Niederlanden (14,9 Prozent) und in Schweden (11,2 Prozent). Spitzenreiter in Europa war Norwegen, wo Elektrofahrzeuge 2019 bereits 49,1 Prozent aller neu zugelassenen Pkw ausmachten. Der hohe Anteil in Norwegen ist auf attraktive Steuervorteile und ein vergleichbares Preisniveau von Elektrofahrzeugen und Fahrzeugen mit herkömmlichen Antriebsarten zurückzuführen.
In 23 der 27 EU-Staaten existieren vielfältige steuerliche Vergünstigungen und finanzielle Anreize für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen. Beispielsweise gibt es in Rumänien Subventionen von bis zu 10.000 Euro und in Slowenien von bis zu 7.500 Euro. Im Vergleich dazu ist in Deutschland eine Unterstützungsleistung bis zu 6.000 Euro vorgesehen. Auch Irland, Italien, Schweden und Spanien offerieren hohe Prämien. Laut ACEA bieten nur Estland, Kroatien, Polen und Litauen gegenwärtig noch keine Förderung für die Anschaffung eines Elektroautos. Der Anteil von Elektrofahrzeugen ist in diesen Ländern entsprechend niedrig.
Die insgesamt bisher geringen Marktanteile von Elektroautos bieten Raum für starkes Wachstum und eine breitere Produktpalette. Transport & Environment erwartet eine starke Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen ab 2024. Nach Einschätzung von T&E dürften sich die Preise für konventionelle Antriebstechnologien und Elektrofahrzeuge dann angeglichen haben. Die Präsidentin des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, kündigte im Februar 2020 an, dass die deutschen Hersteller ihr Angebot an elektrifizierten Fahrzeugen bis 2023 auf über 150 Modelle verdreifachen werden.
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Europäischer Autoherstellerverband ACEA (Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) | Informationen zum 10-Punkte Plan für den Green Deal, Anreizen für den Erwerb von Elektrofahrzeugen und dem Automobile Industry Pocket Guide |
Verband der Automobilindustrie (VDA) | |
Europäische Kommission | |
European Alternative Fuels Observatory (EAFO) | Initiative der Europäischen Kommission; Informationen und Statistiken zu alternativen Antriebstechnologien |
Transport & Environment (T&E) | Dachorganisation von europäischen Institutionen aus dem Bereich nachhaltiger Verkehr; Herausgeber des Berichts Carmakers' electric car plans across Europe 2019-2025 |
Internationale Energieagentur (IEA) | Publikation Global Eletric Vehicle Outlook |
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Sonderseite zur Elektromobilität.