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In Georgien stecken Unternehmen für die Stromübertragung und -verteilung bis 2030 etwa 100 Millionen US$ pro Jahr in die Modernisierung und den Ausbau ihrer Netzinfrastruktur.
03.06.2020
Von Uwe Strohbach | Tiflis
Die Netzbetreiber stehen vor großen Herausforderungen. Ein im Trend stetig wachsender Stromverbrauch und der geplante Bau zahlreicher Kraftwerke erfordern massive Investitionen. Zahlreiche Netzanlagen sind veraltet und müssen modernisiert oder neu errichtet werden. Für den Zeitraum 2020 bis 2030 stehen Projekte an, deren Kosten eine Höhe von einer Milliarde US-Dollar (US$) überschreiten dürften.
Die Kosten verteilen sich je zur Hälfte auf die Erweiterung des Stromnetzes sowie die Erneuerung und den Ersatz älterer Netzanlagen, wie Schaltanlagen, Kabel, Freileitungen und Sekundäranlagen sowie Schutz- und Fernwerkseinrichtungen. Die Stromübertragungsgesellschaft JSC State Electrosystem hat im Frühjahr 2020 einen neuen langfristigen Netzentwicklungsplan verkündet. Dieser sieht im Zeitraum bis 2030 die Umsetzung von 18 Projekten für 700 Millionen Euro vor. Etwa 400 Millionen Euro sollen schon in den Jahren 2020 bis 2023 in die Vorhaben investiert werden.
Die Modernisierungs- und Ausbaupläne tragen dem wachsenden Strombedarf im Land sowie einer in den nächsten Jahren erwarteten stark zunehmenden Zahl an Strom-Einspeisern Rechnung. Der Stromverbrauch dürfte im laufenden Jahrzehnt im Schnitt um jährlich etwa 5 Prozent zulegen und die installierten Erzeugungskapazitäten werden bis 2030 voraussichtlich auf bis zu 9,7 Gigawatt steigen, gegenüber 4,3 Gigawatt im Jahr 2019, heißt es im Netzentwicklungsplan.
Der Ausbau der Übertragungsnetze ist auch erforderlich, weil sich die Stromerzeugung in Georgien deutlich verändern wird. Mit Ausnahme von Wasserkraft spielen alternative Energiequellen im Land bislang kaum eine Rolle. Künftig aber dürften Windkraft- und Fotovoltaikanlagen einen sichtlichen Beitrag zur Elektrizitätserzeugung leisten. Die installierte Kapazität der Anlagen soll 2030 ein Volumen von 1.850 Megawatt erreichen, darunter Windkraft 1.330 Megawatt.
Kraftwerke | Ist-Stand | Soll für den 31.12.2030 |
---|---|---|
Insgesamt | 4.246 | 9.740 |
Wasserkraftwerke | 3.300 | 6.535 |
Ganzjährig aktive Kraftwerke | 2.381 | 4.097 |
Saisonale Kraftwerke (Betrieb im Sommer) | 919 | 2.438 |
Wärmekraftwerke | 925 | 1.355 |
Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke | 815 | 1.245 |
Gasturbinenkraftwerk | 110 | 110 |
Windkraftwerke | 21 | 1.330 |
Photovoltaik-Kraftwerke | 0 | 520 |
Kernelemente des Netzentwicklungsplans sind:
Unter den 18 Projekten der Stromübertragungsgesellschaft ragt die geplante Errichtung des Nordrings Tskaltubo hervor. Ziel des auf mehr als 120 Millionen Euro veranschlagte Vorhaben ist die Integration von neuen Wasserkraftwerken mit einer installierten Gesamtkapazitä von 2.362 Megawatt in das Hochspannungsnetz.
Das Projekt umfasst die Verlegung von 253 Kilometern Stromleitungen der Spannungsebenen 500 Kilovolt (96 Kilometer), 220 Kilovolt (100 Kilometer) und 110 Kilovolt (57 Kilometer) sowie den Neubau und die Modernisierung von fünf Umspannwerken. Eine Machbarkeitsstudie wird zurzeit erstellt.
Projekt | Investitionen (in Mio. Euro) | Geplante Fertigstellung |
---|---|---|
Nordring Tskaltubo (Machbarkeitsstudie in Arbeit) | 122 | 2022 bis 2029 (je nach Phase) |
Transittrasse Akhaltsikhe - Tortum/Türkei inklusive HGÜ-Kurzkupplung/350 MW (Machbarkeitsstudie in Arbeit) | 96 | 2022 bis 2025 (je nach Phase) |
Stromtrasse Jvari - Tskaltubo - Akhaltsikhe (Machbarkeitsstudie liegt vor) | 76 | 2022 |
Transittrasse Batumi – Muratli/Türkei inklusive HGÜ-Kurzkupplung/350 MW (erste Projektstudien liegen vor) | 66 | 2025 |
Modernisierung der Netzinfrastruktur in der Region Kachetien (Machbarkeitsstudie in Arbeit) | 62 | 2022 bis 2023 (je nach Phase) |
Der Stromnetzbetreiber erhält bei der Umsetzung seines Investitionsprogramms finanzielle Unterstützung durch Geberbanken. So stellen die deutsche KfW-Entwicklungsbank 125 Millionen Euro und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) 80 Millionen Euro bereit.
Die Darlehen sind vorrangig für folgende Einzelprojekte bestimmt: die Errichtung von 500-Kilovolt-Übertragungsleitungen von Tskaltubo nach Tortum via Akhaltsikhe und von Lajanuri nach Tskaltubo, von 220-Kilovolt-Leitungen von Nenskra nach Mestia sowie von Tskaltubo nach Lajanuri via Namakhvani und Tvishi, den Bau der Umspannwerke Ozurgeti und Lajanuri (220/110 Kilovolt) sowie den Kapazitätsausbau des Umspannwerkes Tskaltubo (220 kV).
Die beiden privaten Stromverteilungsgesellschaften Georgiens planen umfangreiche Investitionen in ihre Netzinfrastruktur, von 2018 bis 2022 will Energo-Pro Georgia umgerechnet 140 Millionen US$ ausgeben und Telasi 40 Millionen US$. Die Gelder fließen in die Erneuerung von Verteilertrassen, den Bau und die Modernisierung von Transformatorenstationen, den Anschluss neuer Kunden an das Stromnetz und in verschiedene IT-Projekte.
Energo-Pro Georgia, eine Tochter des tschechischen Energieunternehmens Energo-Pro a.s., beliefert mehr als 1,2 Millionen natürliche und juristische Personen außerhalb der Hauptstadt Tiflis mit Elektrizität (Liefervolumen 2019: 4,9 Milliarden Kilowattstunden). Das Unternehmen investierte 2019 rund 40 Millionen US$ in sein Netz und die Ertüchtigung von Wasserkraftwerken. Ein analoger Betrag ist für 2020 zu erwarten.
Das Stromnetz sowie die Verteilung und der Absatz von Strom in Tiflis liegen im Kompetenzbereich der Verteilergesellschaft Telasi. Das Tochterunternehmen des russischen Energiekonzerns Inter RAO UES versorgt mehr als 57.400 Kunden, darunter 66.000 juristische Personen, mit Elektrizität (Liefervolumen 2019: 2,1 Milliarden Kilowattstunden). Es will 2020 etwa 12 Millionen US$ in seine Netzinfrastruktur investieren, gegenüber 13 Millionen US$ im Vorjahr.