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Um die Deponierung auf null zu drücken, setzt Hongkong auf Müllverbrennung. Eine erste Anlage soll 2024/25 in Betrieb gehen. Derweil zeichnet sich ein zweites Großvorhaben ab.
24.02.2021
Von Roland Rohde | Hongkong
Hongkongs Regierung stellte Anfang 2021 ihren Waste Blueprint for Hong Kong 2035 vor. Darin werden ehrgeizige Ziele formuliert. Mittelfristig soll das Abfallaufkommen merklich sinken und die Recyclingquote deutlich steigen. Bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts soll keine Deponierung der Abfälle mehr notwendig sein. Umweltgruppen halten diese Ziele für kaum realisierbar, es sei denn es wird eine zweite Müllverbrennungsanlage gebaut.
Aktuell befindet sich ein entsprechendes Projekt im späten Planungs- beziehungsweise frühen Baustadium. Auf einer abgelegenen und unbewohnten Insel soll auf einer Fläche von 16 Hektar eine integrierte Abfallbehandlungsanlage entstehen. Sie soll im Rahmen einer ersten Phase pro Tag rund 3.000 Tonnen Müll verbrennen beziehungsweise 200 Tonnen wiederaufbereiten. Das entspricht in etwa einem Fünftel des gesamten täglichen Müllaufkommens aus dem Jahr 2019. Auch ein kleines Kraftwerk (Waste-to-Energy) ist vorgesehen.
Den Zuschlag zum Bau und Betrieb (für 15 Jahre) der Anlage erhielt Ende 2017 das Keppel Seghers-Zhen Hua Joint Venture. Das Umweltamt Hongkong erwartet, dass die Anlage erst 2024/25 ihren Betrieb aufnehmen wird. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf umgerechnet rund 4 Milliarden US-Dollar (US$). Damit handelt es sich hierbei um einen der größten Aufträge im Infrastruktursektor.
Zwar protestieren praktisch alle Umweltschutzverbände gegen das Projekt. Doch es gilt als eher unwahrscheinlich, dass sie es zu Fall bringen können. Die Regierung muss, infolge des strengen nationalen Sicherheitsgesetzes und der Einschüchterung der Opposition, derzeit nur wenig Rücksicht auf abweichende politische Meinungen nehmen. Als positive Kehrseite der Medaille kann die Regierung sinnvolle und dringend notwendige Vorhaben schneller auch gegen Widerstände durchdrücken.
Zur Müllverbrennung fehlen zudem die Alternativen. Die Deponien sind teilweise voll. Sie müssen, zumindest vorübergehend, sogar noch erweitert werden, was aus Umweltgesichtspunkten viel problematischer ist. Der Export von Abfall gestaltet sich zugleich immer schwieriger. Im bisherigen Hauptabnehmerland China werden die Umweltschutzauflagen zunehmend strenger. So wurde etwa bereits der chinesische Import von Altpapier stark beschränkt.
Inzwischen melden sich sogar erste Stimmen aus der Verwaltung, die den Bau einer weiteren Müllverbrennungsanlage ins Spiel bringen. Entsprechende Pläne dürften bereits in den Schubladen der Behörden liegen. Laut der South China Morning Post könnte eine zweite Anlage bereits 2030 in Betrieb gehen. Über einen möglichen Standort und weitere Details äußerten sich die Verantwortlichen allerdings noch nicht.
Für die geplanten Müllverbrennungsstationen sind technisch gesehen einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Emissionsvorschriften dürften sehr streng ausfallen. Selbst die abgelegeneren Inseln der SVR sind von den nächsten Behausungen nicht weit entfernt. Daher dürfte eine besonders saubere - vermutlich ausländische - Technologie zum Einsatz kommen.
Die kommunalen Abfälle Hongkongs bestanden 2019 zu einem Drittel aus Lebensmittel- und anderen Biorückständen und sind damit sehr feucht. Daneben enthalten sie auch Batterien, Farben oder Medikamente, die bislang nicht gesondert gesammelt werden. Allerdings will die Regierung die Mülltrennung mittelfristig deutlich verbessern. Bis 2025 ist zumindest noch Zeit, um ein entsprechendes System aufzubauen und auch die Bevölkerung aufzuklären.
Auch wenn für die erste Anlage bereits der Zuschlag erfolgte, ergeben sich immer noch Zulieferchancen für ausländische Anbieter von entsprechender Umwelttechnik. In Hongkong selbst gibt es kaum Branchenanbieter. Da Hongkong Mitglied des WTO Agreement on Government Procurement (GPA) ist, müssen Aufträge ab einer bestimmten Summe öffentlich ausgeschrieben werden. Unterhalb dieser Schwelle informieren die Behörden ihre registrierten Zulieferer.
Ausschreibungen verlaufen in Hongkong relativ offen und fair. Im Rahmen des e-Government werden alle öffentlichen Ausschreibungen im Internet veröffentlicht. Dort kann man sämtliche Unterlagen herunterladen und online entsprechende Angebote abgeben. Staatliche Beschaffungen wickelt das Government Logistics Department ab. Über dessen Webseite können sich Unternehmen kostenlos als offizielle Zulieferer registrieren lassen. Das Development Bureau informiert auch über künftige Beschaffungsvorhaben. Die entsprechenden Ergebnisse sind unter der Kategorie "Environmental Protection Department" zu finden.