Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Indien | Elektronische Bauelemente

Indien bietet Anreize für lokale Chipfertigung

Der weltweite Chipmangel macht auch der indischen Industrie zu schaffen. Die Regierung will den Aufbau einer heimischen Halbleiterproduktion finanziell unterstützen. 

Von Boris Alex | New Delhi

Immer mehr Industriezweige sind von den globalen Lieferengpässen bei Halbleitern und elektronischen Bauelementen betroffen - allen voran die Kfz- und Zulieferindustrie, die bereits seit Monaten unter dem Chipmangel leidet. So liefen bei Indiens größtem Autobauer Maruti Suzuki im August 2021 fast 8 Prozent weniger Pkw vom Band als ursprünglich geplant. Die Kfz-Hersteller Mahindra & Mahindra und Tata Motors befürchten, dass die Lieferschwierigkeiten das Saisongeschäft zum Diwali-Fest im November belasten könnten.

Auch Anbieter von Unterhaltungselektronik und Elektrohausgeräten haben Probleme, ihren Chipbedarf zu decken. Dieser ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Inzwischen werden immer mehr Smartphones, Laptops und Tablets in Indien montiert, unter anderem von Samsung, Huawei und Lenovo sowie großen taiwanischen Auftragsfertigern wie Foxconn, Wistron und künftig auch Pegatron. Hierfür müssen alle benötigten Halbleiter und der Großteil der kritischen elektronischen Komponenten importiert werden. Chipentwickler wie Qualcomm, Broadcom oder Intel sind mit Design- und Entwicklungszentren bereits in Indien vertreten. Wafer-Produzenten wie Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) oder Micron aus den USA haben aber bislang einen Bogen um den Subkontinent gemacht.

Lokale Elektronikproduktion soll sich bis 2026 mehr als verdoppeln

Das soll sich nach Plänen der indischen Regierung schon bald ändern. Denn nicht nur die Nachfrage nach elektronischen Geräten wird in Indien in den kommenden Jahren weiter stark wachsen, sondern auch die lokale Fertigung und damit der Chipbedarf. Bis zum Ende des Finanzjahres 2025/26 (1. April bis 31. März) könnte sich das jährliche Absatzvolumen gegenüber 2019/20 auf 540 Milliarden US-Dollar (US$) mehr als verdoppeln, prognostiziert der Verband India Electronics & Semiconductor Association (IESA). Die Elektronikproduktion hat das Potenzial, sich im betrachteten Zeitraum von 68 Milliarden US$ auf bis zu 170 Milliarden US$ zu erhöhen, so die Zahlen des Ministry of Electronics and Information Technology (MeitY).

Um Elektronikproduzenten zu einem Engagement in Indien zu bewegen, hat die Regierung mehrere Förderprogramme ins Leben gerufen. Das 2020 gestartete Production Linked Incentive (PLI) Programm bietet finanzielle Anreize für Hersteller von Mobiltelefonen und kritischen Elektronikkomponenten wie Transistoren, Dioden, Kondensatoren und gedruckten Leiterplatten, wenn sie ihre Produktion in Indien steigern. Die für das Programm ausgewählten 14 lokalen und ausländischen Unternehmen - darunter Samsung, Foxconn, Rising Star und Wistron - haben sich dazu verpflichtet, zusammen 1,5 Milliarden US$ in neue Fertigungskapazitäten zu investieren und die Produktion in den förderfähigen Segmenten in den nächsten fünf Jahren um insgesamt 23 Milliarden US$ zu steigern.

Regierung hofft auf Investitionen in Wafer-Produktion

Um die Elektronikfertigung in Indien weniger krisenanfällig zu machen, müsse die Abhängigkeit von Halbleiterzulieferungen aus dem Ausland verringert werden, so die Einschätzung von MeitY. Deshalb will das Ministerium ein Förderprogramm für die Chipproduktion auflegen und hat im Frühjahr 2021 eine Liste von Unternehmen, die für eine mögliche Wafer-Produktion in Indien in Frage kommen, erstellt. Darunter befinden sich Samsung, TSMC, Intel, Micron und SK Hynix. Zudem will MeitY eruieren, zu welchen Bedingungen die Unternehmen den Bau eines Werks in Indien in Betracht ziehen würden. Das im Frühjahr 2020 gestartete Förderprogramm Scheme for Promotion of Manufacturing of Electronic Components and Semiconductors (SPECS) zur Herstellung von Halbleitern und kritischen Elektronikkomponenten ist bislang kaum auf Interesse gestoßen. Dabei erhalten Unternehmen Investitionszuschüsse von bis zu 25 Prozent der Projektkosten.

Auf der Wunschliste der indischen Regierung steht ein Werk zur Herstellung von monatlich 30.000 Waferstarts mit einem Durchmesser von 300 Millimetern. Weltweit wurden 2020 knapp 30 Millionen Waferstarts produziert, so die Daten des Branchenverbands SEMI. China hatte daran einen Anteil von knapp einem Viertel, gefolgt von Taiwan mit 19 Prozent und Japan mit 17 Prozent. New Delhi soll bereits erste Gespräche mit Taiwans Regierung über den möglichen Bau einer Fabrik führen, so Pressemeldungen. Den Investitionsbedarf für eine Chipfabrik in Indien wird auf 7,5 Milliarden US$ beziffert. Die Initiative hat auch eine politische Dimension, denn im Rahmen ihres Quadrilateral Security Dialogue (QUAD) haben die Regierungen der Mitgliedsländer USA, Japan, Australien und Indien darüber beraten, künftig bei der Halbleiterproduktion enger zu kooperieren. Dies hat zum Ziel, die Lieferketten bei Chips und kritischen Elektronikkomponenten stärker zu diversifizieren.

Die indische Tata Group hat im August 2021 angekündigt, ebenfalls in die Halbleiterproduktion einsteigen zu wollen. Der Mischkonzern ist als einer der größten Hersteller von Kfz, Unterhaltungselektronik und Elektrogeräten sowie von Ausrüstung für den Energie- und den Telekommunikationssektor ein bedeutender Abnehmer von Halbleitern und elektronischen Bauteilen in Indien. Tata setzt bei seinem Engagement in der Chipproduktion auf die Förderung der indischen Regierung. 

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.