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Branchenbericht Indien Energie, übergreifend
New Delhi (GTAI) - Indien muss bis 2025 etwa 60 Milliarden Euro in sein Stromnetz investieren. Das soll die Stabilität auch bei einer wachsenden Einspeisung von Solar- und Windstrom sicherstellen.
03.02.2020
Indien treibt den Ausbau des Energiesektors weiter voran. Bis 2028 dürften Neu- und Ersatzkapazitäten von 350 Gigawatt (GW) ans Netz gehen. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen ist ein wichtiger Baustein im künftigen Energiemix des Landes: Bis 2023 sollen sich die Kapazitäten von Solar-, Wind- und Biomasse auf 175 GW verdoppeln und bis 2030 weiter auf 350 GW steigen, so die Pläne der Regierung. Doch zunächst muss das Übertragungs- und Verteilungsnetz für eine dezentrale Einspeisung aus vielen kleinen Kraftwerken fit gemacht werden.
Entsprechend umfassend sind die Ausbaupläne für das Stromnetz. Bis zum Finanzjahr 2024/25 (1. April bis 31. März) sollen indienweit etwa 50.000 Kilometer an neuer Hochspannungsleitung verlegt werden. Des Weiteren ist der Bau von Umspannwerken mit einer Transformatorenleistung von 200 Megavoltampere (MVA) sowie von Stromrichterstation mit einer Kapazität von 10.000 Megawatt (MW) geplant. Die Kosten schätzt die Central Electricity Authority of India (CEA; http://cea.nic.in) auf 33 Milliarden Euro. Seit 2011/12 sind das Hochspannungsnetz in der Länge um durchschnittlich 7 Prozent und die Umspannkapazitäten um 12 Prozent pro Jahr gewachsen.
Die Investitionsgesellschaft IndiGrid schätzt, dass Indien in den nächsten fünf Jahren sogar mehr als 60 Milliarden US-Dollar (US$) in Ausbau und Modernisierung des Stromübertragungs- und Verteilungsnetzes investieren muss. Ein Zehntel davon werde allein für die Anbindung der Wind- und Solarparks an das Stromnetz benötigt.
Um die reibungslose Einspeisung des Solar- und Windstroms in die Netzinfrastruktur zu gewährleisten, hat die Regierung 2015 die Green Energy Corridors- (GEC) Initiative gestartet. Zuständig für die Implementierung des Programms ist der staatliche Netzbetreiber Power Grid Corporation of India (http://www.powergridindia.com).
In der ersten Phase wird in acht Bundesstaaten mit der größten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die Netzinfrastruktur so erweitert und modernisiert, dass sie die Einspeisung aus Wind- und Solaranlagen mit einer Kapazität von 33 GW bewältigen kann. Unter anderem sollen 3.200 Kilometer an neuer Hochspannungsleitung verlegt sowie sechs Umspannwerke mit einer Transformatorenleistung von insgesamt 17.000 MVA errichtet werden.
In Phase zwei sollen 34 Ultra Mega Solar Power Parks (UMSPP) - also Solarparks mit einer Leistung von mehr als 500 MW - aus 21 Bundesstaaten mit einer Kapazität von zusammen 22 GW in das Stromnetz integriert werden. Derzeit befinden sich sieben UMSPP in fünf Bundesstaaten mit 6,5 GW in der Implementierungsphase. In der dritten Phase werden weitere 66,5 GW an erneuerbare Energien Kapazitäten, davon 50 GW Solar und 16,5 GW Wind in die Netzinfrastruktur integriert. Die Kosten hierfür werden auf umgerechnet 5,5 Milliarden Euro veranschlagt.
Zwar befindet sich die Netzinfrastruktur fest in öffentlicher Hand, aber der Anteil privater Betreiber wächst: Knapp 8 Prozent des Leitungsnetzes und 4 Prozent der Umspannkapazitäten werden inzwischen von Firmen wie Sterlite Power Transmission, Essel Infraprojects oder Ambani Transmission betrieben. Da die Neuprojekte in Tariff Based Competitive Bidding- (TBCB) Verfahren an den Bieter mit dem niedrigsten Durchleitungstarif vergeben werden, dürfte der Anteil der privaten Netzbetreiber in den kommenden Jahren weiter steigen, schätzt die Regulierungsbehörde CEA.
Doch das indische Stromnetz wird nicht nur größer, sondern auch intelligenter. Denn die dezentrale Einspeisung aus Wind- und Solarparks muss gesteuert werden, um die Netzstabilität auch künftig zu gewährleisten. Hierzu werden elf "Renewable Energy Management Center" eingerichtet, in denen in Echtzeit die Daten zur Stromeinspeisung aus den Wind- und Solaranlagen erhoben werden, mit deren Hilfe dann eine optimale Steuerung des Netzes möglich ist. Die Kosten für das Projekt belaufen sich laut CEA auf etwa 50 Millionen Euro.
Indien hat 2013 landesweit elf Pilotprojekte zum Aufbau von intelligenten Stromnetzen (Smart Grid) gestartet, die inzwischen alle im laufenden Betrieb sind. Im Rahmen der National Smart Grid Mission (NSGM; http://www.nsgm.gov.in) befinden sich zurzeit weitere vier Pilotvorhaben mit einem Investitionsvolumen von 88 Millionen Euro in unterschiedlichen Projektphasen. Nach Abschluss dieser Vorhaben mit insgesamt 750.000 Stromkunden soll noch 2020 die zweite NSGM-Phase - der kommerzielle Roll-out - starten. Bis Ende 2025 müssen die lokalen Stromerzeuger und -versorger unter anderem IT-Lösungen zur automatischen Laststeuerung implementieren.
Auf Verbraucherseite treibt Indien die Installation von intelligenten Stromzählern (Smart Meter) in Privathaushalten voran. Bis 2025 sollen 250 Millionen herkömmliche Zähler durch Smart Meter ersetzt werden. Um den Roll-out zügig umzusetzen, haben der öffentliche Energiedienstleister Energy Efficiency Services Limited (EESL) und der Staatsfonds National Investment and Infrastructure Fund (NIIF) Ende 2019 das Joint Venture Intellismart Infrastructure geschlossen. Das Unternehmen wird unter anderem für die Beschaffung der intelligenten Stromzähler zuständig sein.
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nimmt auch das Thema Stromspeicherung in Indien Fahrt auf. Zwar steht das Land bei der Entwicklung noch ganz am Anfang, bietet aber durchaus Potenzial. Bis 2030 könnte der Bedarf 2,4 Terawattstunden (TWh) erreichen, schätzt das indische Energieministerium. Vor allem für die dezentrale Stromversorgung ist das Thema interessant. Die Anbindung von abgelegenen Berg- und Küstenregionen an das Stromnetz ist oft zu teuer, und die Dörfer werden daher meist über Dieselgeneratoren mit Strom versorgt.
Die indische Regierung will diese durch netzunabhängige Windkraft- und Solaranlagen ersetzen und - wenn möglich - auch Inselnetze (Microgrids) aufbauen, wofür ebenfalls Stromspeicher benötigt werden. Die ersten Projekte befinden sich bereits in der Pipeline. In den Himalayastädten Leh und Kargil (Unionsterritorium Ladakh) sind zwei Solarparks mit einer Leistung von zusammen 14 MW und einer Speicherkapazität von 42 Megawattstunden geplant. Zuständig für das Vorhaben ist die Solar Energy Corporation of India (SECI; https://seci.co.in).
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