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Das Coronajahr 2020 hat den Niedergang der Printmedien in Israel beschleunigt. Die anlaufende Einführung ultraschnellen Internets wird dem Digitalsegment noch mehr Auftrieb geben.
26.03.2021
Von Wladimir Struminski | Israel, Jerusalem
Im Jahr 2020 hat die Coronakrise zu einer Schrumpfung der Werbeausgaben um 6,9 Prozent in laufenden Binnenpreisen geführt. Das war etwas mehr, als der nominelle Rückgang des Bruttoinlandsprodukts betrug. In der Folge nahm die Werbeintensität der israelischen Wirtschaft, also das Verhältnis der Werbeausgaben zur Wirtschaftsleistung, geringfügig ab. Das bedeutete indessen nur eine Fortsetzung einer mehrjährigen Entwicklung. Das geht aus der jährlichen Analyse der Werbeetats durch die Firma Ifat Advertising Monitoring hervor.
Der 2020 verzeichnete Rückgang fiel gemäßigter aus, als zu Beginn der Krise befürchtet worden war. Damals gingen brancheninterne Schätzungen von einer Schrumpfung der landesweiten Werbeausgaben um bis zu 25 Prozent aus.
Jahr | Mio. US$ 1) | Veränderung zum Vorjahr in Prozent 2) | Werbeausgaben in Promille des Bruttoinlandsprodukts |
---|---|---|---|
2016 | 913 | 0,3 | 3,9 |
2017 | 989 | 3,5 | 3,3 |
2018 | 983 | 4,0 | 3,1 |
2019 | 1.103 | 7,9 | 3,1 |
2020 | 1.045 | -6,9 | 3,0 |
Deutlich verändert hat sich 2020 die Struktur der Werbeausgaben. Während sich der Vormarsch der Digitalwerbung sprunghaft beschleunigt hat, stürzte der Anteil der Printmedien, der Straßenwerbung und des Kinos ab. Auch die Rolle des Radios gab nach, während das Fernsehen ein Plus verzeichnete.
Medium/Jahr | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|---|---|
Digital | 30,3 | 33,1 | 35,6 | 36,0 | 43,5 |
Fernsehen | 36,6 | 36,7 | 35,7 | 36,0 | 39,0 |
Printmedien | 18,2 | 15,5 | 13,1 | 13,0 | 8,2 |
Radio | 7,0 | 6,5 | 7,5 | 7,0 | 5,5 |
Straßenwerbung | 6,7 | 7,0 | 7,0 | 7,0 | 3,6 |
Kino | 1,2 | 1,1 | 1,1 | 1,0 | 0,2 |
Der bei der Straßenwerbung und dem Kino verzeichnete Einbruch erklärt sich nahezu von allein. Angesichts wiederholter Lockdowns nahm die Präsenz von Verbrauchern im öffentlichen Bereich deutlich ab, was die Straßenwerbung weniger attraktiv machte. Die Kinos blieben seit Ausbruch der Epidemie in Israel im März 2020 sogar gänzlich zu.
Mit Lockdowns hängt auch der recht ausgeprägte Rückgang der Radiowerbung zusammen. Ein Großteil der israelischen Zuhörer schaltet das Radio nur beim Autofahren ein - und das Verkehrsaufkommen nahm wegen der Epidemiebekämpfungsmaßnahmen ab.
Nach Meinung von Amit Gal-On, Marketingdirektor von Ifat Advertising Monitoring, wird das Radio nach der Überwindung der Coronakrise jedoch ein Comeback schaffen. Die Radiosender, so Gal-On gegenüber Germany Trade & Invest, hätten die Krise überlebt und würden nunmehr „um jede Werbesekunde kämpfen“. Weniger klar sei die unmittelbare Zukunft der Printmedienwerbung; der Langfristtrend weise aber in jedem Fall nach unten.
Der beschleunigte Anstieg der digitalen Werbung hing nicht zuletzt mit der Verlagerung eines erheblichen Teils des Einzelhandels auf den Onlineeinkauf zusammen. Um ihre Kunden dort abzuholen, wo sie shoppten, haben die Anbieter ebenfalls einen bedeutenden Teil ihrer Werbeetats ins Internet verlegt. Für viele kleinere Handelsunternehmen wurde Internetwerbung überlebenswichtig. Eine Überwindung der Epidemie wird daran wenig ändern.
Insgesamt entfiel auf Digital und TV mit 82,5 Prozent die überwältigende Mehrheit der Werbeetats. Das waren 14,6 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und fast ein Viertel mehr als fünf Jahre zuvor.
Onlinewerbung findet großenteils auf Google und Facebook statt, was einen verstärkten Abfluss der Werbemittel ins Ausland bedeutet. Nach Schätzung des israelischen Fachportals für digitales Marketing Targetet dürfte der Anteil dieser beiden Plattformen an der Digitalwerbung in Israel nicht weit von dem für die USA ermittelten Wert von 60 Prozent liegen.
Ein Faktor, der Digitalwerbung begünstigt, ist der zunehmende Nachrichtenkonsum im Internet - auf Kosten der Printmedien. Nach einer Erhebung der Marktforschungsfirma TGI Israel haben alle israelischen Tageszeitungen mit nur einer Ausnahme 2020 zwischen 18 und 38 Prozent ihrer Leserschaft verloren.
Die Rolle der Digitalwerbung dürfte in den kommenden Jahren auch deshalb weiter zunehmen, weil Israel 2021 die Verlegung von Glasfasernetzen und den Aufbau eines mobilen 5G-Netzes ernsthaft anpackt. Das wird der Werbung binnen weniger Jahre neue technische Möglichkeiten öffnen.
Das Coronajahr hat die Werbeagenturen getroffen. Der Einnahmenrückgang, der die Branche als Ganzes getroffen hat, verteilte sich jedoch nicht gleichmäßig. Nach Schätzung der Wirtschaftszeitung Globes sind Agenturen, die einen Einnahmerückgang von 5 Prozent erlitten haben, relativ glimpflich davongekommen. In vielen Fällen hätten die Einbußen bei bis zu 15 Prozent gelegen.
Das Ausmaß des Schadens hing nicht zuletzt vom Kundenmix der jeweiligen Agentur ab. So etwa konnten Agenturen, die Nahrungsmittelhersteller vertraten, die Krise leichter überstehen als solche, die Kunden aus dem Hotel- und Fremdenverkehrsgewerbe haben - Branchen, die hohe Umsatzeinbußen hinnehmen mussten.