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Branchenbericht Italien Stromübertragung, -verteilung, Netze
Mailand (GTAI) - Italiens Metropolen ergreifen zahlreiche Maßnahmen, um zu Smart Cities zu werden. Mailand liegt dabei ganz vorn.
07.08.2019
Italiens Städte gehören noch nicht zu den Vorreitern bei Smart City-Konzepten. Die Städte investieren aber verstärkt in Zukunftsstrategien und beteiligen sich an Leuchtturmprojekten der Europäischen Union (EU). Langsam aber sicher werden intelligente Lösungen in den Städten vorangetrieben.
Mailand gehört zu den italienischen Vorzeigeprojekten. Die Metropole verfolgt seit 2013 ein konkretes Smart City-Konzept, das die Digitalisierung der Infrastruktur, der Bürgerdienstleistungen und der Bildung in den Fokus rückt. Die Initiative zeigt bereits Erfolge - ob beim öffentlichen Transport, bei der Infrastruktur für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) oder bei der elektronischen Zahlung öffentlicher Dienstleistungen wie der Abfallgebühr. Mailand ist Teststadt für Italiens 5G-Netz und auch im Bereich E-Health und bei Sharing-Angeboten liegt die Stadt an der Spitze. Die nationale Vorreiterposition wird auch in Rankings wie der ICity Rate 2018 des Digitalisierungsberaters FPA oder im Smart City Index 2018 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) bestätigt.
Das Mailänder Viertel Porta Romana ist zusammen mit dem Londoner Stadtteil Greenwich und dem Zentrum Lissabons Teil des Sharing Cities Projekts der Horizon 2020-Agenda der EU. Dieses Projekt entwickelt unter Einbezug der Öffentlichkeit Best Practice-Beispiele für smarte Stadtteile. Zu den Maßnahmen zählen ein Inselnetz (Microgrid), die energetische Modernisierung öffentlicher Gebäude, intelligente Straßenlaternen (Smart Poles) und neue E-Mobilitätsangebote für Unternehmen und Privatpersonen.
"ESMARTCITY" (Enabling Smarter City in the MED Area through Networking), Teil des europäischen Interreg MED-Programms, ist ein weiteres Projekt, an dem Mailand mit zehn anderen europäischen Städten als Pilotstadt beteiligt ist. In Kooperation mit der Politecnico-Hochschule vernetzt die Metropolregion ihre Verwaltungszentrale im Palazzo Isimbardi und eine Schule in der Region mithilfe von Glasfaserkabeln und Sensoren. Die Analyse der gesammelten Daten unterstützt das Energiemanagement und erhöht die Energieeffizienz.
Überdies ist Mailand eine von sechs Pilotstädten des Projekts EU-Gugle (European cities serving as Green Urban Gate towards Leadership in sustainable Energy). Dieses will die Umsetzbarkeit von Niedrigstenergie-Sanierungsmodellen im Gebäudebestand demonstrieren und für die Nachahmung in möglichst vielen anderen europäischen Smart Cities sorgen. In Mailands Südosten werden dazu auf einer Fläche von 21 Quadratkilometern 35.000 Quadratmeter Wohnfläche sowie eine Schule mithilfe von intelligenten Sanierungskonzepten renoviert. Dadurch soll der Verbrauch von Primärenergie um 82 Prozent gesenkt werden.
Auch andere Städte treiben Smart City-Konzepte voran. Turin hat mit seinem Torino City Lab eine Plattform geschaffen, die es interessierten Unternehmen ermöglicht, innovative Lösungen für urbanes Leben unter realen Bedingungen zu testen. Dazu zählen Drohnen, Robotik, Internet of Things und autonome Fahrzeuge. Im Rahmen des Projekts InTo werden an der U-Bahn wartende Passagiere über eine digitale Anzeigetafel informiert, in welchem Waggon noch Platz ist. Entwickelt wurde das Projekt in Kooperation mit der deutschen Firma Funkwerk. Das Unternehmen war bereits im Vorfeld der Olympischen Winterspiele 2006 in Turin für die Projektierung, Lieferung und Installation der Systeme der fahrerlosen U-Bahn-Linie 1 verantwortlich.
Auch Bologna wird smarter. In Zusammenarbeit mit EnelX, der Tochtergesellschaft des Stromversorgers Enel, erstellt die Stadt ein Ladesäulennetz und installiert Smart Poles. Auch der Zugang zu freien Datenbeständen (Open Data) und die Reichweite des kostenlosen WLANs wird verbessert.
Florenz hat die Plattform Firenze Semplice eingerichtet, über die Bürger gebündelt und unkompliziert Zugang zu kommunalen Dienstleistungen erhalten. Auch die Echtzeit-Kommunikation mit der Verwaltung ist dank eines Chatprogramms auf der Plattform möglich. Zudem will auch Florenz den Zugang zu und die Qualität von Open Data steigern.
Triest stellte Anfang Juli 2019 das Projekt Corridoio Meduri vor, eine Smart Road-Initiative für den Hafenzugang. Über vernetzte Kameras und Software wird kontrolliert, ob die Lkw ordnungsgemäß zwischen dem intermodalen Binnenterminal Interporto, wo die erste Abfertigung stattfindet, und dem Hafen zirkulieren oder ob zwischendurch illegal zu- und abgeladen wird.
Bereits 2014 machte die Universität Genua ihren Campus in Savona energieautark. In Zusammenarbeit mit Siemens kam dort mit dem Smart Polygeneration Microgrid das erste intelligente Energiemikronetz Italiens zum Einsatz. Dieses besteht neben drei Mikrogasturbinen aus einer Concentrated Solar Power (CSP)- und einer Fotovoltaikanlage. Im Kontrollzentrum können die Energieflüsse kontrolliert und angepasst werden.
Auch in kleineren Städten spielen Smart-City Konzepte eine Rolle. Trient wurde 2014 vom renommierten IEEE (Institute of Electrical and Electronic Engineers) als eine von fünf Städten (und einzige europäische) als Core City für die globale Smart City Initiative ausgewählt. Die IEEE-Initiative soll ein Smart-City-Netzwerk bilden, Best Practice-Beispiele hervorbringen und das Wissen darüber international teilen. Trient beteiligt sich außerdem an mehreren EU-Projekten wie Qrowd (Mobilität), Stardust (Energieeffizienz im Gebäudebau/E-Mobilität), Simpatico (bessere Interaktion zwischen Bürger und Verwaltung durch IT) und WeLive (Bürgerbeteiligung bei der Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen). Weitere mittelgroße Städte, die sich bei der digitalen Transformation hervortun, sind Bergamo und Modena, besonders was den Zugang zu digitalen Interaktionsmöglichkeiten mit der öffentlichen Verwaltung betrifft.
Zu den Herausforderungen der italienischen Städte zählen laut EY noch die Bereiche Umwelt, Wasser und Bodennutzung. Auch bei der noch unzureichenden Daten- und Regelstandardisierung zwischen den Regionen und auf nationaler Ebene, wie zum Beispiel bei der Einwohnerregistrierung ANPR, der digitalen Identität (Spid) und der Zahlungsplattform für öffentliche Dienstleistungen (PagoPa) sieht EY noch Verbesserungsbedarf.
Der Zugang zu strukturierten Open Data ist auf kommunaler Ebene oft noch ausbaufähig. Nur 42 Prozent der Kommunen stellen bislang offene Daten zur Verfügung, nur 23 Prozent bieten freie Datenbestände in Echtzeit (Real Time Open Data) an.
Intelligente Häuser (Smart Building) mit der Kopplung an Fernwärme spielen nur im Norden Italiens eine Rolle. Die Städte im Süden und selbst die Hauptstadt Rom tauchen in den Smart City Rankings eher in der unteren Hälfte auf. Eine weitere Baustelle sind die noch geringen digitalen Kompetenzen der Bürger, die zu einer mangelnden Akzeptanz von digitalen Lösungen führen.
Weitere Wirtschaftsinformationen zu Italien: http://www.gtai.de/italien