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Japan will Elektrifizierung von Motorrädern vorantreiben

Noch fristen elektrifizierte Zweiräder auf dem Archipel ein Schattendasein. Aufgrund veränderter Emissionsvorgaben müssen die Hersteller von Motorrädern jedoch neue Wege gehen.

Von Christiane Süßel | Bonn

Angesichts der Klimaziele der Regierung muss auch die Motorradflotte des Landes über kurz oder lang mit elektrischen Antrieben ausgestattet werden. Die vier großen japanischen Hersteller Honda, Suzuki, Kawasaki und Yamaha kommen nun bei gemeinsamen Standards voran. Bislang stützen sie sich auf das Massengeschäft mit Verbrennungsmotoren.

Inlandsmarkt im Umbruch

Japan ist wie auch Deutschland eine Nation von Motorradfahrern: Auf ein Motorrad kommen 12 Personen, in Deutschland sind es 13 Personen. Laut Zahlen des Branchenverbandes Japan Automobile Manufacturer`s Association (JAMA) waren 2019 rund 10,5 Millionen Motorräder zugelassen. Darunter fiel fast die Hälfte auf die Kategorie Motorroller mit weniger als 50 Kubikzentimeter Hubraum, auch Scooter genannt. Ihre Zahl sinkt seit 2010 kontinuierlich, wohingegen die zugelassenen Modelle mit 50 Kubikzentimeter Hubraum und mehr Fahrt aufnehmen. Dennoch ist die Zahl der Motorräder auf japanischen Straßen insgesamt rückläufig.

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Auch die Produktionszahlen in Japan gehen zurück. Seit dem Produktionshöhepunkt im Jahr 1980 mit insgesamt 6,4 Millionen Motorrädern sank die Herstellung bis 2020 auf 485.000 Einheiten. Darunter machen Motorräder mit einem Hubraum von 250 Kubikzentimeter und mehr gegenwärtig rund 56 Prozent aus. Motorroller mit weniger als 50 Kubikzentimeter kommen mit 122.000 Einheiten auf einen Anteil von einem Viertel.

Schwere Motorräder als Exportschlager

Parallel zur schrumpfenden Inlandsproduktion sind auch die Verkaufszahlen in Japan sukzessive gesunken. So wurden im Jahr 2020 insgesamt nur noch 328.000 Motorräder verkauft, was gegenüber 2010 einem Rückgang von 22 Prozent entspricht. Gut ein Drittel der 2020 verkauften Maschinen waren Motorroller unter 50 Kubikzentimeter und weitere 31 Prozent Maschinen mit mehr als 250 Kubikzentimeter Hubraum.

Der Großteil der im Inland hergestellten Motorrädern geht in den Export. JAMA beziffert die Ausfuhren für 2020 auf 312.000 Einheiten. Exportschlager sind die schwereren Maschinen. Gut drei von vier der ins Ausland gelieferten Motorräder hatten einen Motor von 250 Kubikzentimeter und mehr. Kleinere Motorroller spielten hingegen bei den Ausfuhren mit einem Anteil von 5 Prozent eine untergeordnete Rolle.

Motorräder und Motorroller im Wert von 2,1 Milliarden US-Dollar (US$) hat Japan laut UN Comtrade 2020 exportiert und lag damit weltweit hinter China mit 8,6 Milliarden US$ und Deutschland mit 2,9 Milliarden US$ auf Platz drei. Beliebt sind die japanischen Maschinen auf den Märkten in Europa und in den USA. Nach Asien lieferte Japan weniger als jedes zehnte Motorrad.

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Doch die japanischen Hersteller mischen auch auf den Massenmärkten in Asien mit. So sind die vier Markennamen seit den 1990er Jahren auf dem größten Produktionsmarkt für Motorräder, China, mit eigenen Fertigungen präsent. Yamaha war 2015 dort mit sechs Fabriken vertreten, Suzuki und Honda mit jeweils zwei. Nur Kawasaki produzierte nicht in China. Alle vier haben aber Entwicklungsgesellschaften vor Ort. Insgesamt haben die japanischen Hersteller ein umfangreiches Produktionsnetz aufgebaut, das neben China auch Indonesien und Thailand umspannt.

Elektrifizierung als Zukunftsfrage

Um auch zukünftig relevant zu bleiben, führt für die japanischen Branchenhersteller kein Weg an elektrifizierten Motorrollern vorbei. Honda hat das schon 1994 erkannt, als es seinen Elektroroller CUV ES einführte. Dieser wird seit 2004 in einer modernisierten Neuauflage verkauft. Mit dem Honda-Scooter BENLYe liefert die japanische Post inzwischen ihre Sendungen aus. Davon sind mittlerweile 2.000 Einheiten unterwegs. Yamaha hat mit dem e-Vino ebenfalls einen leichten E-Motorroller am Start und verkauft hiervon im Inland 300 Stück im Jahr. Auch von Kawasaki rollt mit der EV Endeavor eine elektrifizierte Maschine über die Straßen.

Bislang verkauft keiner der japanischen Hersteller im Inland elektrische Motorräder mit mehr als 1 Kilowatt. Auf diesem Feld dominieren in Japan Harley-Davidson und BMW. So hat BMW 2020 den Zuschlag bekommen, Tokyos Metropolitan Police Department mit seinem E-Motorrad BMW C evolution zu beliefern.

Das japanische Gesetz zu Straßenverkehrsmitteln (Road Transportation Vehicle Law) kennt drei Kategorien für elektrisch betriebene Zweiräder: 1. unter 0,6 Kilowatt, 2. über 0,6 bis 1 Kilowatt und schließlich 3. alle über 1 Kilowatt. Lediglich Maschinen der dritten Kategorie werden vom Transportministerium (Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism) als leichte Motorräder eingestuft und erfasst. Die beiden ersten Kategorien gelten als Zweiräder beziehungsweise Fahrräder. Die derzeit von Honda und Yamaha in Japan verkauften E-Motorräder fallen in diese beiden ersten Gruppen.

Großes Potenzial für E-Motorräder

Die Marktforscher von MarketsandMarkets taxieren den globalen Markt für E-Roller und Motorräder 2020 auf 861.000 Einheiten, was rund 2 Prozent des gesamten Zweiradmarktes entspricht. Bis 2027 soll der Markt für elektrifizierte Zweiräder nahezu um den Faktor sieben auf 6 Millionen Einheiten wachsen.

Um dieses Absatzpotenzial nicht den internationalen Wettbewerbern zu überlassen, haben sich die vier japanischen Motorradbauer 2019 zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Daraus ist im Herbst 2020 das Pilotprojekt e-Yan Osaka entstanden, welches die Praxistauglichkeit von auswechselbaren Batterien und einer Ladeinfrastruktur für Motorroller in Kooperation mit den Convenience-Stores Lawson in Osaka testet.

Honda und Yamaha strecken auch global die Fühler aus. Sie kooperieren seit Mai 2021 in einem Konsortium mit KTM und Piaggio bei der Entwicklung von Standards für austauschbare Batterien für leichte Motorräder und Transportmittel. Dabei tickt für den japanischen Markt die Uhr, denn Tokyos Gouverneurin Yuriko Koike hat im Dezember 2020 bekanntgegeben, dass ab 2035 alle in der Hauptstadt neu zugelassenen Motorräder mit einen Elektromotor ausgestattet sein müssen.

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