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Branchenbericht Jordanien Energie, übergreifend
Bonn (GTAI) - In Jordanien zeichnet sich ein Wettbewerb zwischen den Plänen für Atomkraftwerke und erneuerbaren Energien ab.
17.10.2018
Bei der Erweiterung seiner Stromerzeugungskapazitäten fährt Jordanien zweigleisig. Zum einen will das Königreich durch den Ausbau erneuerbarer Energien seine Abhängigkeit von Energieimporten senken. Zum anderen sieht Amman in der Kernkraft eine Antwort auf den steigenden Elektrizitätsbedarf im Land. Geplant sind zwei Reaktoren mit jeweils 1.000 Megawatt, die von der russischen Firma Rosatom gebaut werden sollen. Allerdings hat die Regierung Schwierigkeiten, ihren Finanzierungsanteil von 50 Prozent aufzubringen. Zudem regt sich Widerstand gegen die Atomkraft, vor allem in der Region des projektierten Standorts.
Aufgrund der zu erwartenden Kostensteigerungen für konventionell aus importierten Rohstoffen erzeugten Strom führt in Jordanien langfristig kein Weg an erneuerbaren Energien vorbei. Dazu zeigt nicht zuletzt die Volksrepublik China Interesse und bearbeitet diesen Markt im Interesse ihrer Produzenten von Photovoltaik (PV)-Technik und Windkraftanlagen. Große Marktteilnehmer wie die japanische Mitsui-Gruppe errichten PV-Kraftwerke in Jordanien, die mit ihren Preisen pro Kilowattstunde konventionelle Kraftwerke unterbieten.
Kraftwerk | Kapazität in MW | Anteil (%) |
Wärmekraftwerke | 3.920 | 88,7 |
Windkraft | 198,4 | 4,5 |
Wasserkraft | 12 | 0,3 |
Sonstige | 9,5 | 0,2 |
Biogas | 3,5 | 0,1 |
Solar | 285,5 | 6,5 |
Summe | 4.419,4 | 100,0 |
Quelle: NEPCO
Jordaniens Klima bietet für Solarkraftwerke sehr gute Bedingungen. Die möglichen Erträge pro Flächeneinheit sind fünf bis sieben Kilowattstunden pro Quadratmeter fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Ein weiteres starkes Argument für PV: Im Sommer fallen der Klimatisierungsbedarf und die Leistung der Photovoltaik tagsüber zeitlich zusammen. Bereits jetzt ist die Solarenergie gegenüber dem projektierten Atomstrom preiswerter, weiter fallende Preise werden diese Energiequelle noch attraktiver machen. Die Regierung plant für 2020 einen Anteil von 20 Prozent erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung, 2016 waren es 5,4 Prozent.
Die Kapazitäten für Solar- und Windenergie sollen sich laut des Jordan Renewable Energy Program des Ministry of Energy and Mineral Resources von November 2017 bis 2020 auf jeweils 800 Megawatt erhöhen. Bereits seit 2012 verfügt Jordanien über ein Gesetz für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (Renewable Energy an Energy Efficiency Law, REEEL), das inzwischen durch Verordnungen konkretisiert wurde. Es sieht auch die Eigenproduktion durch Kleinverbraucher vor. Die Gesamtkapazität solcher Dachsysteme lag 2016 nach Angaben des Ministeriums bei 132 Megawatt, bis 2020 soll er auf 200 Megawatt steigen.
In der Bauphase befanden sich 2017 insgesamt Anlagen mit einer Kapazität von 616 Megawatt, davon 445 Megawatt Solar- und 171 Megawatt Windkraftwerke. Für weitere 350 Megawatt PV-Kapazitäten und 245 Megawatt Windenergieanlagen wurde noch eine Finanzierung gesucht. Zum Gesamtplan gehört auch eine Energiespeicheranlage, die zunächst bis 2019 als Pilotprojekt für 30 Megawatt in der Maan Development Area entstehen soll. Eine Ausschreibungsrunde für 200 Megawatt Solar- und 1.000 Megawatt Windenergieprojekte ist in der Pipeline.
Aufgrund der günstigen Einstrahlungswerte erwägt Jordanien auch den Bau von Kollektorkraftwerken (Concentrated Solar Power, CSP). Hierzu soll zunächst eine Machbarkeitsstudie angefertigt werden, die sowohl die Stellung dieser Technologie im jordanischen Energienetz als auch Bau- und Finanzierungsfragen analysiert. Die Technologie wird unter anderem wegen ihrer Ausgleichsfunktion für die unregelmäßige Produktion von PV- und Windkraftanlagen in Auge gefasst, auch wenn sie derzeit von Kostengesichtspunkt weniger attraktiv erscheint.
2013 | 2015 | 2017 | |
Haushalte | 5.344 | 6.137 | 7.399 |
Staat (einschl. Militär) | 797 | 1.008 | 480 |
Handel und Gewerbe | 2.266 | 2.290 | 2.510 |
Industrie | 3.567 | 3.774 | 3.910 |
Landwirtschaft einschl. Wasserpumpen | 2.073 | 2.389 | 2.683 |
Straßenbeleuchtung | 291 | 338 | 402 |
Andere | 243 | 122 | 120 |
Summe | 14.531 | 16.059 | 17.504 |
Quelle: EMRC
Durch die Teilprivatisierungen in der Elektrizitätserzeugung durch Independent Power Producers (IPP) hat sich die Interessenslage in den letzten 10 Jahren verkompliziert. Diese Kraftwerksbetreiber haben garantierte Abnahmeverträge und kein Interesse an der Abwertung ihres Kapitalstocks. Sie bilden eine mächtige Lobby, die Einfluss auf die Entscheidungen der Regierung nimmt, während erneuerbare Projekte ihre Elektrizitätspreise unterlaufen.
Die thermischen Kraftwerke Jordaniens müssen den Brennstoff zu erheblichen Kosten einführen. Wie groß die Abhängigkeit von Importen ist, zeigte sich während des sogenannten Arabischen Frühlings, als Ägypten die Gaslieferungen einstellte und diese mit teurem Öl ersetzt werden mussten. Im Jahr 2015 wurden für Energieimporte trotz damals niedriger Ölpreise 8,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufgewendet. Inzwischen ist eine Gasverflüssigungsanlage in Aqaba in Betrieb und macht Jordanien etwas unabhängiger von einzelnen Lieferanten, dennoch muss weiter Gas aus dem Ausland zugekauft werden.
Energieträger | 2013 | 2015 | 2017 |
Erdöl | 6.689 | 6.331 | 5.671 |
Erdgas | 907 | 1.944 | 3.510 |
Kohle | 204 | 161 | 165 |
Koks | 116 | 165 | 148 |
Erneuerbare Energien | 145 | 160 | 515 |
Importierte Elektrizität | 96 | 152 | 13 |
Insgesamt | 8.517 | 8.944 | 10.009 |
*) Tonnen Erdöläquivalent
Quelle: Ministry of Energy and Mineral Resources
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