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Branchen | Marokko | Digitalwirtschaft

Beschleunigte Digitalisierung angestrebt

Die Coronakrise hat Marokkos Digitalwirtschaft einen Schub gegeben. Die Entwicklung soll sich fortsetzen. Allerdings kämpft der Sektor weiter mit Herausforderungen.

Von Michael Sauermost | Casablanca

Das Potenzial für digitale Anwendungen in Marokko ist unbestritten. Der Nachholbedarf erhöht den Druck, Fortschritte voranzutreiben. Das Spektrum reicht von E-Governance, E-Commerce über E-Health, Smart Farming bis hin zu Industrie 4.0. Vor rund zehn Jahren stellte das Königreich die Strategie e-Maroc 2010 vor. Darauf folgten die Regierungsinitiativen Maroc Numeric 2013, der Plan Maroc Digital 2020 sowie mittlerweile Maroc Digital 2025.

Allerdings werden regelmäßig Herausforderungen bei der Umsetzung in diesen zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern deutlich. Die Kooperation zwischen öffentlichem und privaten Sektor müsse verbessert werden, fordern Branchenvertreter. Internationales Know-how sei erforderlich, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Schließlich will das Königreich in Sachen Digitalisierung zu einem afrikanischen Hub avancieren.

Die Covid-19-Krise hat auch Marokko einen Digitalisierungsschub gegeben. Die Beschleunigung der digitalen Transformation bestätigt eine Studie der Oxford Business Group (OBG) in Zusammenarbeit mit der im Jahr 2017 gegründeten Agence de Développement du Digital (ADD) und verschiedenen Branchenunternehmen. Beispielsweise wurden Fallstudien von SAP, Wilo, CBI, Genious, Ideo Factory, Webhelp oder Pandora Box berücksichtigt. Im Vergleich zu anderen Ländern der Region habe das Königreich den Vorteil, sich bereits frühzeitig um die digitale Entwicklung gekümmert zu haben.

Industrie 4.0 ist längst ein Thema

Generell werden für die lokale Industrie gute Voraussetzungen gesehen, um Industrie-4.0.-Anwendungen in die Produktionsabläufe zu integrieren. Die Regierung will die Industrie modernisieren und sich als wichtiger Standort für Hochtechnologie positionieren. Ein Vorzeigeprojekt der marokkanischen Industrie 4.0 ist die Fez Smart Factory, an der öffentliche sowie private Akteure beteiligt sind.

Die ADD erachtet eine auf Digitalisierung basierende Produktivitätssteigerung für elementar. Auch in Bezug auf E-Governance habe das Königreich noch einen langen Weg vor sich. Allgemein werde bislang eine integrierte digitale Umsetzungsstrategie vermisst. Die Nutzung von Rechenzentren müsse verbessert werden. Auch sei die digitale Berufsausbildung unzureichend, heißt es in der Studie der ADD.

E-Commerce steht noch am Anfang

Einschränkungen durch die Coronapandemie haben unterdessen den E-Commerce angekurbelt. Die E-Commerce-Transaktionen mit inländischen Karten  verzeichneten im Jahr 2020 ein Wachstum von rund 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies vermitteln die Statistiken des Centre monétique interbancaire (CMI).

Der E-Commerce spielt in Marokko jedoch im Vergleich zu anderen Märkten eine geringe Rolle. Schätzungen zufolge machten die lokalen Onlineeinkäufe im Jahr 2020 circa 5 Prozent der gesamten Einzelhandelsumsätze aus. In den USA hat der Onlinemarkt dagegen schon einen Anteil von 14 Prozent und in Südkorea sogar von 25,9 Prozent. Bis zum Jahr 2025 soll sich der Anteil in etwa auf 10 Prozent verdoppeln.

Laut einem Bericht der Onlineplattformen Kaymu Maroc sowie Jumia sind die typischen E-Commerce-Kunden jung und leben in den großen Städten: Circa 70 Prozent der Nutzer sind in der Altersklasse zwischen 18 und 34 Jahren. Zwei Drittel der Onlinebestellungen werden aus Casablanca, Rabat und Marrakesch registriert. Die Entwicklung des E-Commerce wird durch die starke Präsenz des informellen Sektors im marokkanischen Handel noch begrenzt.

Fortschritte in einzelnen Segmenten

Agrarsektor sucht nach digitalen Lösungen

Im Bereich des Smart Farming wurde die digitale Anwendung Attaisir für landwirtschaftlicher Betriebe entwickelt. Das Unternehmen Cosumar steuerte das Projekt. Es richtet sich an 80.000 Rüben- und Zuckerrohrbauern sowie deren Partner. Die vorgelagerten Anbau- und Ernteprozesse werden digitalisiert. Außerdem steuert eine GPS-Satellitenverbindung zwischen 1.200 landwirtschaftlichen Maschinen und den Servern von Cosumar den Betrieb durch eine Echtzeitüberwachung.

MITC und Lydec fördern technologisches Unternehmertum

Die marokkanischen Unternehmen Technopark (MITC) sowie Lydec fördern seit April 2021 gemeinsam technologisches Unternehmertum. Mögliche Start-ups mit innovativen Lösungen sollen identifiziert und unterstützt werden. Die Kooperation ist Teil der von Lydec im Jahr 2017 gestarteten Open Innovation-Initiative. MITC unterstützt kontinuierlich mehr als 300 Unternehmen aus den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Green Tech.

Lokale Fertigung von IoT-Anwendungen

Im April 2021 eröffnete die Firmengruppe ABA Technology sein Innovationszentrum im Technopark in Casablanca. Als Akteur im Bereich von IoT-Anwendungen (Internet of Things) arbeitet das Unternehmen auf drei Ebenen. Die Tochterfirma Nextronic ist für die Entwicklung und Herstellung von Prototypen zuständig. Das Start-up Nextcor kümmert sich dann um die Produktion von technologischen Geräten. Für deren Integration sorgt dann die Tochterfirma Intelflex. Während der Covid-19-Krise hat Nextronic auch mehrere Produkte für den Gesundheitssektor entwickelt, darunter Thermometer, Oximeter sowie Wärmebildkameras.

E-Health benötigt Know-how

Die Entwicklung von E-Health hinkt in Marokko noch hinterher. Die Regierung möchte Fortschritte erzielen, ist jedoch bereits in der Planungsphase stark auf ausländisches Know-how angewiesen. Die ADD fordert insbesondere die Entwicklung elektronischer Patientenakten zur Erleichterung des Informationsaustauschs und der medizinischen Überwachung von Patienten.

Ebenfalls die Schaffung Cloud-basierter digitaler Anwendungen steht auf der Agenda. Allerdings ist die Regierung auch hier auf Kooperationen mit privaten Unternehmen angewiesen. Das Unternehmen Siemens Healthineers ist beispielsweise am überregionalen Projekt i-STARC beteiligt. Dabei handelt es sich um eine Kooperation der Berliner Charité, dem Universitätskrankenhaus Hassan II in Casablanca sowie der Gabriel Touré Universitätsklinik in Bamako, Mali.

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