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Branchenbericht Marokko Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen
Für die Verarbeitung von Nahrungsmitteln bietet Marokko gute Voraussetzungen. Allerdings hängt das zukünftige Wachstum von weiteren Investitionen ab.
06.08.2020
Von Michael Sauermost | Marokko
Marokkos Nahrungsmittelverarbeitung gilt seit Jahren als Wachstumsbranche - sowohl mit Blick auf die lokale Produktion als auch auf die die Exporte. Wenngleich der Sektor Investitionen anzog, steht der angestrebte Durchbruch in großem Rahmen noch an. Das Jahr 2020 wird die Branche jedoch angesichts der Coronapandemie in wenig guter Erinnerung behalten. Im April brachen die Umsätze sowie die Beschäftigung nach Angaben der Fédération Nationale de l’Agroalimentaire (Fenagri) zufolge um rund 30 Prozent ein.
Die Fédération des Industries de la Conserve des Produits Agricoles du Maroc (FICOPAM) betont, dass nicht nur die Nachfrageseite verantwortlich für die Umsatzeinbußen sei. Ausgefallene Lieferketten bei Rohstoffen und Verpackungsmaterialien sorgten zudem für Fertigungsrückgänge.
Dabei wurde zunächst gemutmaßt, der Sektor könne als Nutznießer der Covid-19-Krise hervorgehen. Derartige Aussagen wurden jedoch nicht mit Blick auf die gesamte Nahrungsmittelindustrie getroffen, stellt der Branchenverband klar. Tatsächlich konnten sich die Hersteller von Grundnahrungsmitteln dem Vernehmen nach nicht über Umsatzrückgänge beklagen. Auch die Exporte des Sektors gingen im Vergleich zu anderen Industriesegmenten vergleichsweise moderat, um etwa 8 Prozent, im Mai 2020 zurück.
Allerdings macht das Segment der Grundnahrungsmittel laut Fenagri lediglich ein Viertel des gesamten Sektors aus. Produzenten sogenannter Sekundärerzeugnisse - wie zum Beispiel Keksen und Schokolade - erlitten im zweiten Jahresquartal ein Umsatzminus von bis zu 65 Prozent. Der Branchenverband hofft auf konjunkturbelebende Maßnahmen der Regierung, um die Kaufkraft der Haushalte wieder zu stabilisieren. Für die Branchenunternehmen wird ein Zahlungsaufschub von Sozialabgaben und Steuerfristen für einen Zeitraum von zwei Jahren gefordert. Außerdem könne ein marokkanisches Produkt-Label ("Produit Marocain") die Nachfrage nach lokal gefertigter Nahrungsmittel im In- und Ausland fördern.
Wenngleich der Export von Nahrungsmittel etwa ein Fünftel der Gesamtausfuhren des Königreichs ausmacht, ist das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. So tun sich marokkanische Branchenunternehmen bislang verhältnismäßig schwer, neue afrikanische Nahrungsmittelmärkte zu erschließen.
Die Direction des Études et des Prévisions Financières (DEPF) empfiehlt dem Sektor vor diesem Hintergrund, im Exportgeschäft eine neue, zusätzliche Strategie einzuschlagen. Bislang habe sich das Ausfuhrgeschäft zu stark in Richtung europäische Absatzmärkte orientiert. Parallel müsse ein auf Schwellenländer zugeschnittene Angebot erstellt werden.
Einem DEPF-Bericht zufolge bleibt das Königreich auf den afrikanischen Wachstumsmärkten bislang weit hinter seinen Möglichkeiten und seinem Potenzial zurück. Bei fünf Top-Exporterzeugnissen, bei denen dem Königreich komparative Vorteile attestiert wurden, habe Marokko auf dem afrikanischen Markt gegenüber der Konkurrenz das Nachsehen: Olivenkonserven (Spanien) Olivenöl (Spanien), Zitrusfrüchte (Südafrika) Tomaten (Südafrika) Obst- und Marmeladenkonserven (China).
Der Agrarsektor macht etwa einen Anteil von 19 Prozent an der Entstehung des Bruttoinlandsprodukts aus. Davon entfallen 5 bis 6 Prozent auf die Agrarindustrie. Laut Confédération Générale des Entrprises du Maroc beschäftigt die Lebensmittelverarbeitende Industrie etwa 150.000 Arbeitnehmer. Die Umsätze des Sektors schätzt der Unternehmensverband bei einem Jahresoutput von circa 1,5 Millionen Tonnen auf rund 11 Milliarden US$. Ein großer Teil davon entfällt auf die Verarbeitung von Fisch. |
Das Interesse der Regierung ist groß, zusammen mit dem Agrar- auch den Nahrungsmittelsektor zu modernisieren. Dabei ist das Königreich, was die Ausrüstung mit Kapitalgütern betrifft, auf Importe angewiesen. Potenzielle Wachstumssektoren der Agroindustrie reichen über die Verarbeitung bis hin zu sämtlichen Bereichen der Logistik (Vertrieb, Verpackung, Konservierung sowie Kühlung).
Die Errichtung von sechs Landwirtschaftszentren, sogenannten Agropolen, ist seit langem geplant. Mit integrierter Verarbeitung und Logistik sollen diese für Effizienz- und Qualitätssteigerungen sorgen. Ausländische Technik sowie Know-how sind dafür erforderlich. Von den ausgewählten Regionen in Meknès, Berkane, Souss, Gharb, Houz und Tadla weisen die Standorte Berkane und Meknès dabei bislang den höchsten Entwicklungsstand auf.
Beim Ausbau und der Modernisierung des Sektors herrschen noch Engpässe. Vor allem beklagen Branchenvertreter den Mangel an Eigenversorgung mit Verpackungsmaterialien. Dies könne bisweilen sogar dazu führen, dass Nahrungsmittel exportiert, im Ausland verpackt, und dann wiedereingeführt werden.
Bei den marokkanischen Importen im Bereich der Nahrungsmittelverarbeitung fallen im Prinzip bislang maßgeblich Maschinen zum industriellen Auf- oder Zubereiten oder Herstellen von Lebensmitteln der Zolltarifposition des Harmonisierten Systems (HS) mit der Nummer 8438 ins Gewicht. Seit 2016 liegt in der Kategorie der Einfuhrwert oberhalb der 50-Millionen-US$-Schwelle. Im Jahr 2019 erreichte er vorläufigen ITC-Statistiken zufolge rund 52,7 Millionen US$. Das waren 4,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei waren Italien, Deutschland und Frankreich die bedeutendsten Lieferländer. Kapitalgüter aus Deutschland beliefen sich auf 9,9 Millionen US$. Das entsprach einem Importanteil von 18,2 Prozent und einem Plus von 25,6 Prozent gegenüber 2018.
Bei Verpackungsmaschinen steht die HS-Position 8422.30: Maschinen und Apparate zum Füllen, Verschließen, Versiegeln oder Etikettieren. In dieser Kategorie verbuchte Marokko im Jahr 2019 laut ITC Importe im Wert von 37,3 Millionen US$, was gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 5,0 Prozent bedeutete. Italien (Einfuhranteil: rund 30 Prozent), Spanien und Frankreich (jeweils 14 Prozent) sowie Deutschland (10 Prozent) teilten 2019 den Importmarkt zum Großteil unter sich auf.